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Kinderfrei

Kinderfrei

Titel: Kinderfrei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Huber
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der die Sterilisation durchführt. Es kommt sogar immer wieder vor, dass selbst Frauen, die mehrere Kinder haben, sich nicht sterilisieren lassen können, nur weil sie jünger als 30 Jahre sind. All das mit der Begründung, dass die Sterilisation nur schwer, wenn überhaupt, reversibel sei und man es sich ja schließlich noch mal anders überlegen könne. Ja sicher, diese Möglichkeit besteht – genauso wie bei vielen anderen Entscheidungen im Leben auch, die sich nicht mehr rückgängig machen lassen. In der Regel gehen wir und die Gesellschaft jedoch davon aus, dass wir uns als erwachsene Menschen und mündige Bürgerinnen über unser Handeln im Klaren sind und gegebenenfalls die Konsequenzen unserer Entscheidungen tragen. In keinem anderen Lebensbereich würde eine derartige Entmündigung der Frauen hingenommen werden, nur hier hält man diese bodenlose Arroganz vonseiten der Ärzteschaft anscheinend für berechtigt. Es ist dem einen oder anderen vielleicht noch nicht aufgefallen, doch die Entscheidung für ein Kind ist ebenfalls irreversibel und bringt obendrein erhebliche Veränderungen für das Leben der Eltern und gewaltige Verantwortung mit sich. Dennoch halten wir jede Frau, gleich wie jung sie ist, automatisch für reif genug, eine solch gewichtige Entscheidung zu treffen und die Verantwortung dafür zu übernehmen, nicht jedoch für reif genug, sich gegen Kinder zu entscheiden. Dabei ist gerade bei jüngeren kinderlosen Frauen, die sich gerne sterilisieren lassen würden, das Risiko eher gering, dass es später doch noch zu einem Kinderwunsch kommt – gerade weil sie sich eine irreversible Maßnahme wünschen. Wer eine solche Entscheidung trifft, ist sich seiner Sache in der Regel sehr sicher und hat wahrscheinlich gründlicher darüber nachgedacht als so manch andere, die gedankenlos Kinder in die Welt setzt. Und falls sie es sich doch noch anders überlegt – nun, dann wird sie wohl eine andere Lösung finden oder lernen müssen, mit den Folgen ihrer Entscheidung zu leben.
    Es wäre eigentlich nur gerecht, wenn wenigstens ein Bruchteil der Sorgfalt, mit der die Motive sterilisationswilliger Frauen geprüft (und für zu leicht befunden) werden, auch auf Paare verwandt würde, die sich einer künstlichen Befruchtung unterziehen wollen – nicht zuletzt im Interesse des zu zeugenden Kindes. Die Altersuntergrenze für Frauen nach § 27a SGB V liegt bei 25 Jahren. Da würde ich als Arzt schon sehr genau nachbohren, um sicherzugehen, dass die Frau über die nötige Reife und Lebenserfahrung verfügt, um zu wissen, worauf sie sich einlässt; nicht, dass sie womöglich in ein paar Jahren plötzlich berufliche Ambitionen entwickelt, die sich mit ihrer Mutterrolle nicht vereinbaren lassen etc. Man sollte die Leute unbedingt darauf hinweisen, dass sich Familienverhältnisse ändern können, und dass ein neuer Partner bzw. eine neue Partnerin vielleicht nicht begeistert davon ist, die Kinder eines anderen Mannes bzw. einer anderen Frau großzuziehen. Vor allem aber sollte man die entscheidende Frage stellen: Woher wollen Sie wissen, dass Sie es nicht bereuen werden?
    Von all den Lügen, die uns unsere Kultur über Elternschaft erzählt, ist dies nämlich eine der größten: dass Eltern (und vor allem Mütter) ihre Entscheidung nie bereuen. Dabei muss man nur einmal »I hate being a mother« oder »Ich hasse mein Kind« bei Google eingeben und erhält Zehntausende Suchergebnisse. Auf vielen der Seiten finden sich erschütternde Berichte von Frauen darüber, wie unglücklich sie mit ihrer Mutterschaft sind.
    So absurd, wie Sie den Gedanken einer »Elternfähigkeitsprüfung« vielleicht finden, ist er beileibe nicht. Schließlich hat die künstliche Befruchtung ein entscheidendes Merkmal mit der Adoption gemeinsam: In beiden Fällen hat der Staat Einfluss darauf, dem Paar zu einem Kind zu verhelfen und damit darauf, welche Eltern ein Kind bekommt. Daraus erwächst eine entsprechende Verantwortung, soweit wie möglich die für das Kindeswohl beste Entscheidung zu treffen, indem wenigstens gewisse Mindestanforderungen gestellt werden. Beim Adoptionsverfahren nimmt der Staat diese Verantwortung wahr, indem er adoptionswillige Paare einer genauen Prüfung unterzieht: Wohnverhältnisse, Einkommen, geistige und körperliche Gesundheit, soziales Umfeld, Alter und die Dauer der Beziehung. Gesetzlich ist übrigens nicht vorgeschrieben, dass die Paare verheiratet sein müssen, doch unverheiratete Paare haben kaum Chancen auf

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