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Kindertotenlied: Thriller (German Edition)

Kindertotenlied: Thriller (German Edition)

Titel: Kindertotenlied: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Minier
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Alter: Es fehlte ihr enorm an Anerkennung und Zustimmung. Und wie er damals verbarg auch sie diese Schwäche hinter einer Aufsässigkeit und einer aufgesetzten Unabhängigkeit.
    „Ich muss los“, sagte sie. „Viel Glück bei der Jagd, Sherlock!“
    „Warte! Kennst du Hugo?“
    Seine Tochter drehte sich um; ihr Gesicht verriet keinerlei Regung.
    „Ja. Warum?“
    Er winkte ab.
    „Nur so. Auch er hat mir von dir erzählt.“
    Sie kam wieder auf ihn zu.
    „Glaubst du, dass er es war, Papa?“
    „Und du, was glaubst du?“
    „Hugo ist ein guter Mensch, das ist alles, was ich weiß.“
    „Das Gleiche hat er über dich gesagt.“
    Er sah, wie sie der Versuchung widerstand, noch mehr Fragen zu stellen.
    „Und hattest du Claire Diemar als Lehrerin?“
    Sie nickte.
    „Wie war sie so?“
    „Sie verstand es, den Unterricht interessant zu gestalten … Die Schüler schätzten sie … Können wir nicht ein andermal darüber sprechen? Ich komme wirklich zu spät.“
    „Und was für ein Typ war sie?“
    „Fröhlich, überschwänglich, begeistert, sehr hübsch. Ein bisschen durchgeknallt, aber supercool.“
    Er nickte, während sie sich bereits wieder umwandte und fortging. Ihre Schultern und ihr Rücken hingen noch etwas stärker durch.
    Auf dem Flur zur Eingangshalle bahnte er sich einen Weg durch die Menge, wobei er einen Blick auf die Korktafeln warf, die vollgehängt waren mit Kleinanzeigen, der Schulordnung, Angeboten für Tauschgeschäfte oder Dienstleistungen. Auch das hatte sich seit seiner Schulzeit nicht geändert – allerdings fragte er sich, ob es immer noch manchmal so witzige und poetische Anzeigen gab wie zu seiner Zeit. Er verließ das Gebäude. Sein Handy summte in seiner Tasche. Servaz sah auf die angezeigte Nummer: Samira.
    „Ja?“, antwortete er.
    „Wir haben vielleicht was.“
    „Was genau?“
    „Du hast uns doch gesagt, wir sollen uns nicht auf den Jungen konzentrieren, oder?“
    Er spürte, wie sich sein Puls beschleunigte.
    „Raus damit!“
    „Pujol hat sich an einen Fall erinnert, mit dem er sich vor mehreren Jahren befasst hat. Es ging um eine junge Frau, die in ihrem Haus überfallen und vergewaltigt wurde. Er hat den Angreifer per LRP identifiziert und sämtliche gespeicherten Informationen über ihn aus den Datenbanken abgerufen.“
    Das computerisierte Vorgangsbearbeitungssystem LRP war ein vorsintflutliches IT-Programm, das sämtliche polizeilichen Vorgänge erfasste. Es war ein äußerst schwerfälliges, langsames Programm, das schon längst ersetzt gehörte. Während Servaz auf Samiras weitere Ausführungen wartete, beobachtete er die Pferde, die im grauen Licht herumtrabten, so edel und ätherisch wie himmlische Geschöpfe.
    „Ein Typ, der mehrfach wegen sexueller Nötigung junger Frauen und sogar wegen einer häuslichen Vergewaltigung verurteilt wurde. In Tarbes, Montauban und Albi. Er heißt Elvis Konstandin Elmaz. Ein ziemlich langes Vorstrafenregister: Mit 25 war er schon ein Dutzendmal wegen Rauschgifthandel, Körperverletzung, Diebstahl und so weiter verurteilt. Heute ist er 27. Ein echter Gewohnheitstäter. Seine Methode jagt dir kalte Schauer über den Rücken: Der Typ hat sich auf der Suche nach künftigen Opfern gewohnheitsmäßig in Kontaktportale eingeloggt …“ Servaz erinnerte sich an Claires leeres E-Mail-Konto. „2007 hat er auf diese Weise eines seiner Opfer an einem öffentlichen Ort getroffen, sie mit dem Messer bedroht und dazu gezwungen, mit ihm nach Hause zu gehen; dort hat er sie an einen Heizkörper gefesselt und geknebelt, ihr ihre Bankkarte abgenommen, nachdem er ihr die PIN abgenötigt hatte. Dann hat er sie vergewaltigt und ihr Rache angedroht, falls sie ihn anzeigen sollte. Ein anderes Mal hat er nach Einbruch der Dunkelheit in einem Park in Tarbes eine Frau überfallen, sie gefesselt und in den Kofferraum seines Autos gelegt, es sich dann aber anders überlegt und sie unter einem Busch abgelegt. Es ist ein Wunder, dass er noch niemanden umgebracht hat …“
    Sie hielt inne.
    „Das heißt, wenn er nicht … Kurz und gut, er wurde dieses Jahr aus dem Gefängnis entlassen.“
    „Hm.“
    „Allerdings hat die Sache einen Haken …“
    Er hörte in der Leitung das Klirren eines Löffels in einer Tasse.
    „Es scheint, als hätte unser lokaler Elvis ein solides Alibi für gestern Abend. Er hatte eine Schlägerei in einer Bar.“
    „Ist das ein solides Alibi?“
    „Nein, aber er wurde gegen 22 Uhr in die Notaufnahme des Krankenhauses von

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