Kindspech: Tannenbergs achter Fall
jetzt schleunigst überprüfen.«
Tannenberg machte eine abwiegelnde Handbewegung. »Ach was, die würden allerhöchstens aus dem Knast raus einen Schlägertrupp beauftragen. Aber die würden doch keine Kindesentführung in Auftrag geben. So was ist viel zu kompliziert.«
»Es würde dir aber weitaus mehr zusetzen als eine Abreibung irgendwo in einem Hinterhof. Vor allem psychisch. Das merkst du doch gerade, nicht wahr?«
Wolfram Tannenberg nickte mit betretener Miene.
»Wir stellen jetzt eine Liste der infrage kommenden Personen zusammen. Und dann rufst du die Leiter der betreffenden JVAs an.« Nachdenklich befeuchtete der Pathologe seine Lippen mit der Zungenspitze. »Da wäre allen voran dieser Geldmafia-Rechtsanwalt, der damals …«
Tannenberg zog die Stirn in Falten. »Du meinst diesen Croissant?«
»Exakt. Dr. Frederik Croissant, wenn ich mich richtig erinnere.«
»Ja, ja, so hieß der«, bestätigte der Leiter des K 1. »Und da wäre noch der Chef von Midas, dieser dubiosen Investmentfirma, mit dem er damals zusammengearbeitet hat. Der hatte ja auch mordsmäßig Dreck am Stecken. Verdammt, sein Name will mir aber nicht mehr einfallen.«
Dr. Schönthaler tippte sich nachdenklich an die Stirn. Bereits ein paar Sekunden später hatte er den Namen gefunden: »Klar, der heißt Christian Berger. Hab ich nicht ein phänomenales Gedächtnis, mein alter Junge?« Er notierte die beiden Namen.
»Aber den können wir getrost vergessen.«
»Warum?«
»Weil der schon lange tot ist. Den haben wir doch damals erschossen in seinem Haus in Dansenberg aufgefunden.«
»Oh ha, du hast recht, hab ich völlig vergessen«, pflichtete ihm der Rechtsmediziner bei. »Der werte Herr hat ja auch bei mir auf dem Tisch gelegen.« Diese Erinnerung zauberte ein kurzes Schmunzeln auf seine Lippen. »Das war vielleicht ein Anblick: der gesamte Körper mit Goldfarbe überzogen.«
»Ja, das war wirklich ein Anblick für die Götter.«
Während Dr. Schönthalers kleines Lächeln verschwand, strich er den Namen von der Liste. Dafür fügte er einen weiteren hinzu. »Dann hätten wir noch diesen Professor Le Fuet, seines Zeichens skrupelloser, illegaler Organhändler.«
»Ja, genau, das war die Sache in der Trippstadter Schlossklinik. Der wurde damals nach Frankreich ausgeliefert, wenn ich mich nicht irre.«
»O. K. Wen hätten wir noch?« Der Pathologe ließ ein bitteres Lachen verlauten. »Unseren alten Schulkameraden Lars Mattissen natürlich, der dir in deinem ersten Fall als Chef des K 1 so übel mitgespielt hat. Aber der schaut sich ja nach dem spektakulären Showdown im Finsterbrunnertal die Pfifferlinge von unten an. Den brauche ich erst gar nicht aufzuschreiben – es sei denn, er wäre von den Toten auferstanden.«
Tannenberg reagierte mit einem abschätzigen Grunzgeräusch.
»Wer noch?«, versetzte Dr. Schönthaler mit gekrauster Stirnpartie. »Die Walther-Brüder von den Dinopark-Morden«, beantwortete er nur einen Wimpernschlag später selbst die gestellte Frage.
»Richtig, Peter und Paul Walther. Der eine wurde als Haupttäter angeklagt und …«, Tannenberg stockte und warf einen Blick aus dem Fenster. Erst danach vollendete er den begonnenen Satz: »… bekam eine hohe Haftstrafe aufgebrummt. Aber was aus dem anderen geworden ist, weiß ich nicht mehr. Du?«
»Kam der nicht mit einer Bewährungsstrafe davon? Wurde der vom Gericht nicht als harmloser Mitläufer eingestuft?«
Der Kriminalbeamte schüttelte den Kopf. »Ich weiß es einfach nicht mehr.«
Dr. Schönthaler schrieb die beiden Namen unter die anderen. »Da wäre auch noch dieser Killer, den Croissant damals auf dich angesetzt hatte.«
In schmerzlicher Erinnerung an einen seiner bislang wohl schlimmsten Fälle nickte Tannenberg und antwortete seufzend: »Carlo Weinhold heißt dieses Miststück, der Sabrina um ein Haar getötet hätte.«
»Nicht nur Sabrina, wenn ich dich an die Mordanschläge auf dich erinnern dürfte.«
Tannenberg verscheuchte die unangenehmen Gedanken. »Und da wären natürlich auch noch die vielen anderen Kandidaten, die ich mir bereits zum Feind gemacht hatte, bevor ich Leiter des K 1 wurde.«
»Sicher. Aber bleiben wir mal bei der jüngeren Vergangenheit. Da hast du nämlich einen ganz wichtigen Herrn vergessen.«
»Und wen?«
»Gregor Michalsky.«
»Nein, ich habe diesen begnadeten Künstler nicht vergessen. Nur von dem weiß ich eben …« Er unterbrach seine Rede und betrachtete den Freund mit einem fragenden Blick.
Weitere Kostenlose Bücher