King City: Stadt des Verbrechens (German Edition)
Unterprivilegierten retten, und man hatte ihr eingeredet, dass man das mit einer Polizeimarke schaffen konnte.
Da die Bevölkerung von King City nur aus drei Prozent Afroamerikanern bestand und noch weniger von ihnen einen Highschoolabschluss besaßen, war Wade sofort klar, dass man sie im Zuge einer halbherzigen PR-Aktion rekrutiert hatte, um die Quote von Frauen und Farbigen bei der Polizei zu erhöhen. Nach dem Korruptionsskandal war man um eine etwas bessere Presse bemüht.
Doch diese Bemühungen waren von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Chief Reardon war ein konservativer Eiferer, der fest daran glaubte, dass Frauen sich schon aus biologischen Gründen nicht für den Polizeidienst eigneten und dass jede andere Hautfarbe als Weiß Grund genug war, jemanden festzunehmen.
Sie war zu klug, zu liberal und zu farbig, um Polizistin in King City zu sein. Und es würde sie nicht besonders glücklich machen, wenn sie das selbst herausfand.
Wade war klar, dass sie wegen jeder Kleinigkeit mit ihm streiten würde. Aber vielleicht war das gar nicht so schlecht. Ihre Wut und ihre Hartnäckigkeit würden ihr helfen zu überleben.
Er winkte der Kellnerin zu, weil er zahlen wollte, und verstaute die Akten wieder in seiner Tasche. Ihm blieb ein Tag, um sich einzuleben, bevor seine beiden Officer zur Arbeit erscheinen würden.
Seine Versetzung hatte eigentlich einem Todesurteil gleichkommen sollen. Vielleicht hatte er es verdient. Hagen und Greene aber sicherlich nicht. Er musste einen Weg finden, um die beiden zu schützen.
Die Kellnerin kam an den Tisch.
»Das geht aufs Haus«, sagte sie.
Genauso fing es immer an. Mit kleinen Gefälligkeiten, bis man glaubte, ein Recht darauf zu haben und auf noch viel mehr.
»Danke für das Angebot«, erwiderte Wade. »Aber ich möchte lieber bezahlen.«
Sie schüttelte den Kopf. »Der Polizei berechnen wir nie etwas. Das ist Prinzip.«
»Gestern habe ich doch auch bezahlt«, erwiderte er.
»Da wusste ich nicht, dass Sie ein Cop sind.«
»Dann stellen Sie sich doch einfach vor, Sie wüssten es immer noch nicht.«
»Ich habe nicht viel Fantasie«, entgegnete sie, wandte sich ab und ging zu einem anderen Tisch, um eine Bestellung aufzunehmen.
Wade begriff nicht, warum die Frau so stur blieb. Es hätte ihr sehr viel weniger Mühe gemacht, einfach sein Geld anzunehmen.Doch sie sah aus wie jemand, der schon vor Jahren aufgegeben hatte, sich noch irgendwelche Mühe zu machen.
Wade ließ genug Geld auf dem Tisch liegen, um seine Rechnung zu begleichen, und zusätzlich ein Trinkgeld. Dann ging er.
VIER
In seinem fünf Jahre alten Mustang fuhr er nach Westen in Richtung Innenstadt. Der Wagen war eine von jenen dunkelgrünen Sondereditionen mit Fließheck, die Ford von Zeit zu Zeit auflegte, um aus den nostalgischen Erinnerungen an das Kultmodell, das Steve McQueen in
Bullitt
gefahren hatte, Kapital zu schlagen.
Den Wagen hatte Wade zu seinem sechsunddreißigsten Geburtstag als Überraschung von seiner Frau bekommen, der Ernährerin der Familie. Sie arbeitete in einer Werbeagentur. Deodorants sexy, glamourös und aufregend erscheinen zu lassen, wurde sehr viel besser bezahlt, als Drogendealer zu verhaften.
Ihm gefielen die Fünfgangschaltung und die 315 PS, der V-8-Motor mit vierundzwanzig Ventilen, der erst bei 6.500 Touren an seine Grenzen stieß und 150 Meilen pro Stunde rannte.
Alles andere an dem Wagen hasste er, insbesondere das
Bullitt-
Logo in Form eines Zielfernrohrs, das in die Mitte des Steuers eingearbeitet war, die Schweller aus Metall und die absolut lächerlichen falschen Tankdeckel, die hinten auf das Auto geklebt waren.
Gegenüber Alison hatte Wade natürlich behauptet, dass der Wagen ihn völlig begeistere. Das war seiner Meinung nach die Pflicht eines Ehemanns. Und Wade erfüllte immer seine Pflicht.
In Wirklichkeit hatte er allerdings gedacht, wenn sie schon meinte, dass ihm der Wagen aus
Bullitt
gefiel, dann hätte sie ihm ein Original kaufen sollen – einen Mustang GT von 1968 mit Fließheck – und keinen neuen, der lediglich mit irgendwelchemnutzlosen Plastikzierrat verunstaltet worden war, um eine Illusion zu erzeugen.
Es war ein Sportwagen, der Muskeln zeigte und für Männer im mittleren Alter gebaut worden war, die selbst nie Muskeln besessen hatten. Die glaubten, Neil Diamond sei trendy, und die versuchten, all ihren Mut zusammenzunehmen, um ihren Arzt zu bitten, ihnen Viagra zu verschreiben.
Deswegen ließ er den Wagen so oft wie möglich in
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