King City: Stadt des Verbrechens (German Edition)
Veranda vor dem Haus, hängten Wäsche auf oder arbeiteten an ihren Autos. Kinder spielten in den Gärten. Teenager standen auf dem Bürgersteig zusammen und ihre Gesichter verfinsterten sich, als der Streifenwagen vorbeirollte.
Wade bog in eine der Nebenstraßen ein, die hinter den Häusern entlangführte. Sie lag voller Müll, kaputter Einkaufswagen, dreckiger Matratzen, ausgeschlachteter Autos, rostiger Rohre und Pappkartons. Gesäumt wurde die Straße von Maschendrahtzäunen,Gittern aus Schmiedeeisen oder Mauern aus mit Graffiti besprühten Betonschalsteinen, auf deren Krone Stacheldraht mögliche Eindringlinge daran hindern sollte hinüberzuklettern. Die Gärten wirkten dadurch wie Gefängnishöfe.
Nur ein Haus hob sich von den anderen ab. Dort blühte hinter dem schmiedeeisernen Zaun ein üppiger Garten. In der Mitte befand sich eine sprudelnde Quelle, deren Wasser über eine Steintreppe in einen kleinen Teich floss, dessen Ufer mit bunten Blumen bepflanzt war.
Außerhalb des Zauns stand ein Mann in verdreckten Sachen auf einer Kiste und pisste durch die Eisenstäbe in den Teich.
»So ein Hurensohn«, sagte Wade.
Er ließ einmal kurz die Sirene aufheulen. Vor Schreck fiel der Mann von der Kiste und pisste dabei in hohem Bogen durch die Luft.
Billy lachte. »Das hätte ich gern auf Video gehabt.«
Wade stieg aus dem Wagen und ging hinüber zu dem Mann, der am Boden lag und Mühe hatte, seine männlichen Attribute schnell genug wieder in seiner Hose zu verstauen und den Reißverschluss zuzuziehen. Er war Mitte dreißig, mit einer unglaublichen Matte auf dem Kopf, die an einen dreckigen Mopp erinnerte. Seine Arme waren übersät mit bereits verschorften, aber auch mit frischen Wunden.
»Wieso zum Teufel haben Sie das getan?«, wollte der Mann wissen und setzte sich auf. Sein Zahnfleisch war bereits so weit zurückgewichen, dass Wade fast die Wurzeln seiner Zähne sehen konnte. Offenbar war er cracksüchtig.
»Sie haben in den schönen Garten gepinkelt«, erwiderte Wade. Er warf einen Blick über die Schulter und sah mit Freude, dass Billy hinter der offenen Beifahrertür des Streifenwagens stand und ihm Rückendeckung gab, als würden sie eine Verkehrskontrolle durchführen.
»Zu pissen, ist ja wohl nicht verboten«, sagte der Mann.
»Das ist es durchaus«, widersprach Wade. »In der Öffentlichkeit zu urinieren ist illegal. Genauso wie unsittliche Entblößung und Vandalismus.«
»Ich habe bloß gepisst«, sagte der Mann. »Und ich wusste nicht, wo ich sonst hätte hingehen sollen.«
»Sie hatten die ganze Seitenstraße zur Verfügung, aber Sie haben sich eine Kiste geholt, sind draufgeklettert und haben auf die Quelle gezielt.«
»Ich muss auf irgendwas zielen.«
Jemand begann, in die Hände zu klatschen. Wade drehte sich um und sah eine ältere Frau in einem unförmigen geblümten Hauskleid und Pantoffeln, die applaudierte, während sie durch den Garten zum Zaun kam. Ihr Gesicht war voller Altersflecken und sie trug eine Brille, die ihre Augen riesig erscheinen ließen. Aber Wade erkannte in ihr immer noch die wunderhübsche junge Frau, die sie einmal gewesen war – unter all ihren Falten, dem grauen Haar und trotz ihres erschlaffenden Körpers. Genauso hatte er auch bis zuletzt seine eigene Mutter immer gesehen.
»Ganz herzlichen Dank, Officer«, sagte sie. »Sie haben ja keine Ahnung, wie viele meiner Blumen er schon umgebracht hat.«
»Wie ist Ihr Name, Ma’am?«
»Dorothy Copeland«, erwiderte sie.
»Ich bin Tom Wade, der Sergeant an Ihrer örtlichen Polizeiwache. Der Officer hinter mir ist Billy Hagen.«
»Wir haben eine Polizeiwache?«, fragte sie.
»Jetzt ja.« Er sah hinunter auf den Mann, der immer noch am Boden saß. »Was haben Sie gegen Mrs Copelands Garten?«
»Sie ist eine verrückte, alte Hexe«, erwiderte der Mann. »Schreit ständig herum.«
»Er macht hier in der Seitenstraße immer einen grauenvollen Dreck«, sagte sie. »Sehen Sie nur, was ich heute Morgen wieder zusammengefegt habe.«
Sie öffnete den Deckel einer Mülltonne. Wade warf einen Blick hinein und sah auf ihrem säuberlich eingetüteten eigenen Müll Spritzen, Bierflaschen, Fast-Food-Verpackungen und gebrauchte Kondome.
»Das hat er alles hier liegen lassen?«, wollte Wade wissen?
»Er und seine drogenabhängigen Freunde kommen immer abends, während ich fernsehe«, erklärte sie. »Ich gebe mir so vielMühe, die Dinge in Ordnung zu halten, aber es ist immer sofort alles wieder dreckig.«
Wade
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