Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kinsey Millhone 02- In aller Stille

Kinsey Millhone 02- In aller Stille

Titel: Kinsey Millhone 02- In aller Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
Vom Netzwerk:
warf ihm einen Blick zu. »Entschuldige dich nicht für mich, wenn ich hier neben dir sitze«, stieß sie hervor. »Du bist zu vertrauensselig, Leonard. Das ist es, was bei dir nicht stimmt. Marty war genauso. Wenn sie ein bißchen vorsichtiger gewesen wäre, könnte sie heute noch leben!«
    Sie zögerte und schloß den Mund. Dann überraschte sie mich mit ein paar Einzelheiten. »Sie telefonierte mit mir an diesem Abend, und es kam jemand an ihre Tür. Sie hängte ein, um nachzusehen, wer es war.«
    Er fiel ein. »Die Polizei sagt, es ist möglich, daß sie die Person gekannt hat, oder es könnte jemand aus der Straße gewesen sein. Die Polizei sagt, daß Einbrecher oft schellen, wenn Licht brennt. Wenn jemand die Tür öffnet, können sie so tun, als hätten sie sich in der Adresse geirrt. Kommt keiner, können sie loslegen und einbrechen.«
    »Gab es Anzeichen für einen Kampf?«
    »Ich glaube nicht«, erwiderte Leonard. »Nicht, daß ich wüßte. Ich habe das Haus selbst durchsucht, aber ich konnte nichts Fehlendes entdecken.«
    Ich sah wieder zu Lily hinüber. »Warum hatte sie Sie angerufen?« fragte ich. »Oder riefen Sie bei ihr an?«
    »Ich habe sie angerufen, als wir zurückkamen«, sagte sie. »Wir kamen ein bißchen später, als wir dachten, und Leonard wollte nicht, daß sie sich sorgte.«
    »Und sie klang normal, als Sie mit ihr sprachen?«
    Lily nickte. »Sie klang okay. Sie klang wie immer. Leonard redete eine Weile mit ihr und gab sie dann wieder an mich zurück. Wir wollten gerade Schluß machen, als sie sagte, daß jemand an der Tür sei und sie aufmachen müsse. Ich wollte erst vorschlagen, dranzubleiben, aber wir waren sowieso fertig, also verabschiedete ich mich und hängte ein.«
    Leonard zog ein Taschentuch aus der Tasche und preßte es gegen seine Augen. Seine Hände begannen zu zittern, und ein Beben lag in seiner Stimme. »Ich weiß nicht einmal, wie ihre letzten Minuten waren. Die Polizei sagt, der Kerl muß ihr mit einem Baseballschläger oder einem ähnlich großen Gegenstand direkt ins Gesicht geschlagen haben. Sie muß schreckliche Angst gehabt haben — «
    Seine Stimme erstarb.
    Ich fühlte, wie ich mich innerlich wand, aber ich sagte nichts. Tatsächlich kam mir in den Sinn, so schäbig es klingt, daß ein Baseballschläger im Gesicht einem nicht mehr viel Zeit läßt, etwas zu fühlen. Knack! Weg bist du. Keine Angst, keine Schmerzen. Die Lichter gehen einfach aus.
    Lily beugte sich hinüber und legte ihre Hand auf seine. »Sie waren zweiundzwanzig Jahre verheiratet.«
    »Und gute Jahre«, sagte er in einem beinahe streitlustigen Ton. »Wir sind nie böse aufeinander zu Bett gegangen. Das haben wir uns früh zur Regel gemacht. Jedesmal, wenn wir uns gestritten hatten, haben wir das wieder ins Reine gebracht. Sie war eine prima Frau. Schlauer als ich, und ich schäme mich nicht, das zuzugeben.«
    Tränen glänzten in seinen Augen, aber ich fühlte mich seltsam distanziert, wie die einzig Nüchterne auf einer Party voller Betrunkener.
    »Hat die Polizei von möglichen Zeugen gesprochen? Jemand, der etwas gesehen oder gehört haben könnte damals?«
    Er schüttelte den Kopf und wischte sich die Augen. »Nein. Ich glaube nicht. Ich habe nichts davon gehört.«
    »Vielleicht jemand aus dem Gebäude nebenan?« schlug ich vor. »Oder ein Vorübergehender? Ich hörte, daß auch Leute gegenüber von Ihnen wohnen. Man sollte doch meinen, daß irgendjemand irgendetwas bemerkt hat.«
    Er schnaubte sich die Nase und erlangte die Fassung wieder. »Ich glaube nicht. Die Polizei hat uns gegenüber nie etwas davon gesagt.«
    »Nun ja, ich habe jetzt genug Ihrer Zeit in Anspruch genommen. Es tut mir leid, daß ich Ihnen so viele Unannehmlichkeiten bereiten mußte. Wenn Sie nichts dagegen haben, würde ich gerne mal durchs Haus gehen und den Feuerschaden schätzen. Einer unserer Sachbearbeiter war zwar schon einmal da, aber ich muß es mit eigenen Augen sehen, um meinen Bericht schreiben zu können.«
    Er nickte. »Mein Nachbar hat den Schlüssel. Orris Snyder, gleich nebenan. Klopfen Sie bei ihm an und sagen Sie ihm, ich sei einverstanden.«
    Ich stand auf und streckte ihm die Hand entgegen. »Danke, daß Sie mit mir gesprochen haben.«
    Leonard erhob sich automatisch und schüttelte mir die Hand. Der Druck war fest, aber die Hand fühlte sich beinahe fiebrig heiß an.
    »Ach, übrigens«, sagte ich, als wäre es mir gerade in den Sinn gekommen, »haben Sie in der letzten Zeit etwas von Elaine Boldt

Weitere Kostenlose Bücher