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Kinsey Millhone 03 - Abgrundtief

Kinsey Millhone 03 - Abgrundtief

Titel: Kinsey Millhone 03 - Abgrundtief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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leisten unseren Beitrag. Meine Mutter führt eine Menge Spendensammlungen für örtliche Wohltätigkeitsvereine durch, und sie sitzt im Vorstand des Kunstmuseums und der Historischen Gesellschaft. Ich weiß nicht, wie es mit Derek aussieht. Er spielt Golf und hängt im Club herum. Na gut, das ist nicht fair. Er hat ein paar Anlagen, um die er sich kümmert, so haben sie sich kennengelernt. Er war der Testamentsvollstrecker des Treuhandvermögens, das mein Großvater mir hinterlassen hat. Als Mom und er geheiratet hatten, hat er an der Bank aufgehört. Jedenfalls unterstützen sie eine ganze Menge Sachen, also ist es nicht so, daß sie nur hemmungslos die Armen unter ihren Füßen zermalmen. Meine Mutter hat fast ganz allein den Santa Teresa Girl’s Club ins Leben gerufen. Und das Frauen-Krisencenter ebenfalls.«
    »Wie ist es mit Kitty? Was fängt sie mit sich an, wenn sie sich gerade mal nicht vollpumpt?«
    Er sah mich vorsichtig an. »Du solltest keine Urteile fällen. Du weißt nicht, was irgendeiner von uns durchgemacht hat.«
    »Du hast recht. Tut mir leid. Ich wollte nicht, daß es so selbstgerecht klingt. Ist sie in einer Privatschule?«
    Er schüttelte den Kopf. »Nicht mehr. Sie haben sie dieses Jahr zur Santa Teresa High School wechseln lassen. Alles Versuche, sie wieder auf die rechte Bahn zu bringen.«
    Unbehaglich schaute er zur Tür. Das Haus war so massiv gebaut, daß man nicht beurteilen konnte, ob die Sanitäter schon heraufgekommen waren.
    Ich ging durch den Raum und öffnete sie einen Spaltbreit. Sie kamen gerade mit der fahrbaren Trage aus Kittys Zimmer. Die Räder quietschten wie bei einem Einkaufswagen, als sie mit ihr in den Flur einbogen. Sie war mit einer Decke zugedeckt, unter der sie sich kaum abzeichnete, so zart war sie. Ein dünner Arm ragte unter den Decken hervor. Sie hatten ihr einen Tropf angelegt, und einer der Sanitäter hielt eine Plastiktüte mit einer klaren Lösung hoch. Durch ein Nasenloch wurde ihr Sauerstoff zugeführt. Dr. Kleinert ging ihnen voran zur Treppe, und Derek bildete das Schlußlicht. Er hatte seine Hände verlegen in die Taschen gesteckt, sein Gesicht war blaß. Er wirkte nutzlos und fehl am Platze und blieb stehen, als er mich erblickte.
    »Ich werde in meinem Wagen hinterherfahren«, meinte er, obwohl niemand ihn gefragt hatte. »Sagen Sie Bobby, wir werden im St. Terry sein.«
    Er tat mir leid. Die ganze Szene schien wie aus einer Fernsehserie, so ausdruckslos und geschäftsmäßig verhielt sich das medizinische Personal. Hier wurde seine Tochter davongetragen, und sie konnte tatsächlich sterben, aber diese Möglichkeit schien keiner anzusprechen. Keine Spur von Bobbys Mutter, keine Spur von den Leuten, die zum Drink gekommen waren. Alles schien irgendwie fehlgelaufen zu sein, wie bei einer sorgfältig ausgearbeiteten Vorstellung, die dann danebengeht. »Möchten Sie, daß wir mitkommen?« fragte ich.
    Derek schüttelte den Kopf, »Sagen Sie meiner Frau, wo ich bin«, erwiderte er. »Ich rufe an, sobald ich Näheres weiß.«
    »Viel Glück«, wünschte ich, und er lächelte mich so schwach an, als sei Glück nicht gerade etwas, mit dem er viel Erfahrung hatte.
    Ich beobachtete, wie die Prozession die Treppe hinunter verschwand. Dann schloß ich die Tür zu Bobbys Zimmer. Ich setzte zum Sprechen an, aber Bobby unterbrach mich.
    »Ich hab’s gehört«, sagte er.
    »Warum hält sich deine Mutter da raus? Steht sie mit Kitty auf Kriegsfuß?«
    »Gott, das ist alles zu kompliziert, um es dir erklären zu können. Nach dem letzten Zwischenfall wollte Mom nichts mehr mit Kitty zu tun haben, und das ist nicht so herzlos, wie es klingt, ganz am Anfang hat sie getan, was sie konnte, aber vermutlich gab es einfach eine Krise nach der anderen. Das ist zum Teil die Ursache dafür, daß sie und Derek solche Schwierigkeiten haben.«
    »Was ist der andere Teil?«
    Sein Blick war trübe. Es war klar, daß er das Gefühl hatte, gleichermaßen die Schuld zu tragen.
    Es klopfte an der Tür, und eine Chicanofrau mit geflochtenen Haaren erschien mit einem Tablett. Ihr Gesicht war ausdruckslos, und sie sah niemanden an. Falls sie wußte, was vor sich ging, ließ sie es sich nicht anmerken. Sie fuhrwerkte eine Weile mit Tischtüchern und Besteck herum. Ich dachte schon, gleich würde sie uns eine Quittung präsentieren, zum Unterschreiben fürs Trinkgeld.
    »Danke, Alicia«, sagte Bobby.
    Sie murmelte etwas und verschwand. Ich fühlte Unbehagen darüber, daß alles so

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