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Kinsey Millhone 08 - Sie kannte ihn fluechtig - F wie Faelschung

Kinsey Millhone 08 - Sie kannte ihn fluechtig - F wie Faelschung

Titel: Kinsey Millhone 08 - Sie kannte ihn fluechtig - F wie Faelschung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Schatten bewegte. Auf der Empfangstheke stand ein kleines Schwarzweiß-Fernsehgerät. Über den Bildschirm flimmerte eine Nachrichtensendung. Eine Aufzeichnung, offenbar vom Nachmittag, zeigte Quintana auf den Stufen zum Justizgebäude mit stummen Mundbewegungen. Dann wurde Bailey Fowler eingeblendet. Man führte ihn in Handschellen zu einem wartenden Wagen. Im nächsten Moment erschien wieder der Nachrichtensprecher mit der Wetterkarte. Ich drückte die Klinke der Küchentür herunter. Sie war verschlossen. Hier draußen mit dem Dietrich herumzufummeln, wagte ich nicht.
    Dicht an die Außenmauern gepresst, schlich ich um das Gebäude herum und prüfte, ob eines der dunklen Fenster vielleicht geöffnet war. Stattdessen entdeckte ich eine Seitentür direkt gegenüber dem Treppenaufgang im Korridor. Der Knauf ließ sich spielend herumdrehen. Ich stieß die Tür vorsichtig auf und spähte hinein. Royce, in einem schäbigen Bademantel, schlurfte mit hängenden Schultern und gesenktem Blick den Gang entlang auf mich zu. Ich hörte sein leises Wimmern, das er mehrfach durch tiefe Seufzer unterbrach. Auf und ab gehend, versuchte er seinen Kummer wie ein Kind loszuwerden. Vor der Tür zu seinem Zimmer drehte er um und schlurfte zur Küche zurück. Hin und wieder murmelte er mit brüchiger Stimme Oris Namen. Glücklich der Ehegatte, der zuerst stirbt und nie erfährt, was es heißt zu überleben. Royce musste die Klinik gleich nach Reverend Haws’ Besuch verlassen haben. Oris Tod hatte wohl seinen Kampfeswillen gebrochen. Weshalb sollte er jetzt noch seinen Tod hinauszögern?
    Der Lichtschein aus dem Wohnzimmer machte mir unangenehm bewusst, dass ich nicht allein war mit Royce. Ich hörte zwei Frauen im Esszimmer. Sie unterhielten sich leise. War Mrs. Emma noch bei Ann? Royce erreichte die Küche, wo er, wie ich ahnte, wieder umkehren würde.
    Ich zog die Tür hinter mir zu, lief zur Treppe und rannte lautlos, zwei Stufen auf einmal nehmend, hinauf. Eigentlich hätte mir bereits ein ganzer Kronleuchter aufgehen müssen, als ich beobachtet hatte, dass sich Zimmer 20 mit dem Hauptschlüssel des Zimmermädchens nicht öffnen ließ. Es gehörte vermutlich zu den Fowlerschen Privaträumen und hatte ein anderes Schloss.
    Im zweiten Stock war es dunkel; nur durch ein Fenster über dem Treppenabsatz fiel gedämpft ein gelbliches Licht. Ich hatte die Orientierung verloren. Irgendwie sah es hier nicht so aus, wie ich erwartet hatte. Links von mir ging ein kurzer Korridor ab, der vor einer Tür endete. Ich lief auf die Tür zu und horchte angestrengt. Absolute Stille. Ich drehte am Knauf und schob die Tür einen Spaltbreit auf. Kühle Luft wehte mir entgegen. Vor mir lag der Balkon, der an meinem Zimmer vorbeiführte. Ich sah sogar den Automaten und die Außentreppe. Zu meiner Linken lag das Zimmer 20 und daneben die Nummer 22, in der ich meine erste Nacht verbracht hatte. Ein Bulle war nirgends zu entdecken. Sollte ich es wagen, in mein Zimmer zu flüchten? Aber was war, wenn die Polizei mich da erwartete?
    Ich griff um die Tür herum und probierte den Knauf. Verschlossen. Wenn ich durch diese Tür hinausging, konnte ich nicht mehr zurück. Also blieb ich, wo ich war, und zog die Tür lautlos wieder zu. Links von mir fand ich eine unverschlossene Tür. Ich schlich hinein und nahm meine Taschenlampe zur Hand. Wie die übrige Wohnung der Fowlers war auch dieser Büroraum ursprünglich ein ganz normales Motelzimmer gewesen.
    Gläserne Schiebetüren führten auf den Balkon direkt über der Ocean Street. Die Vorhänge waren zurückgezogen, und ich erkannte im Halbdunkel einen Schreibtisch mit Drehstuhl, Bücherregale, eine Leselampe. Ich ließ den schmalen Lichtkegel meiner Taschenlampe weiter durchs Zimmer gleiten. In den Regalen standen Romane und College-Lehrbücher für Psychologie. Sie konnten nur Ann gehören.
    Auf dem Schreibtisch stand ein Foto der jungen Ori. Sie war tatsächlich ein bildschönes Mädchen gewesen mit großen, strahlenden Augen. Ich durchsuchte die Schreibtischschubladen. Fehlanzeige. In der Schranknische hing Sommerkleidung. Auch das Badezimmer gab nichts her. Die Zwischentür, die diesen Raum mit der Nummer 20 verband, war verschlossen. Verschlossene Türen sind immer interessanter als andere. Diesmal zog ich meinen Satz Dietriche heraus und machte mich an die Arbeit. In Fernsehfilmen öffnen die Leute immer spielerisch leicht mit Dietrichen alle Türen. Im richtigen Leben ist das nicht ganz so. Da braucht man

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