Kinsey Millhone 08 - Sie kannte ihn fluechtig - F wie Faelschung
schon.«
»Versuchen Sie’s mal bei Gunter in San Luis. Der macht das schon.« Damit ließ er acht Münzen in meine Handfläche gleiten.
»Danke.«
Er ging in die Werkstatt zurück, und ich steckte das Wechselgeld ein. Wenigstens wusste ich jetzt, wer Tap Granger war. Ich bezahlte draußen die Benzinrechnung und fuhr die zwei Blocks weiter zum Motel.
An diesem Nachmittag sollte ich Royce nicht mehr zu Gesicht bekommen. Er hatte sich schon früh hingelegt und Ann gebeten, mir auszurichten, dass er mich am nächsten Morgen sprechen wolle. Ich unterhielt mich noch kurz mit ihrer Mutter, berichtete ihr von Baileys gegenwärtiger Verfassung, und ging dann in mein Zimmer hinauf. Ich hatte mir unterwegs, in San Luis, eine Flasche Weißwein besorgt, die ich in dem kleinen Kühlschrank deponierte. Meine Reisetasche fand ich noch so im Schrank, wie ich sie dort zurückgelassen hatte. Auf Reisen lebe ich aus dem Koffer und hole nur bei Bedarf Zahnbürste, Haarshampoo und saubere Kleidung aus dem Gepäck. Dadurch bleiben meine jeweiligen Unterkünfte ziemlich kahl und unpersönlich ordentlich, was eine gewisse asketische Ader bei mir befriedigt. Das Zimmer in der Ocean Street war geräumig, der Schlafbereich nur durch eine Sichtblende vom Wohn- und Essraum mit Kochnische getrennt. Zusammen mit dem Badezimmer und dem Schrankraum war es sogar größer als mein (ehemaliges) Apartment zu Hause.
Ich durchsuchte die Küchenschubladen, bis ich einen Korkenzieher gefunden hatte, schenkte mir ein Glas Wein ein und trat damit auf den Balkon. Im schwindenden Licht der Dämmerung war das Wasser des Pazifiks leuchtend blau, ein lebhafter Kontrast zum düsteren Lavendel der Küstenlinie. Der Sonnenuntergang bot ein Lichterspiel aus dunklem Pink und Lachsrotschattierungen, die sich allmählich in Anilinrot und Indigoblau übergehend, wie mit einem Dimmer zurückgedreht, über den Horizont senkten.
Gegen sechs Uhr klopfte es an meine Tür. Ich hatte gerade zwanzig Minuten lang die Informationen, die ich zusammengetragen hatte, in die Schreibmaschine getippt und war an einem toten Punkt angelangt. Ich klappte die Sichtblende über die Maschine und ging zur Tür.
Im Korridor stand Ann. »Ich wollte nur fragen, wann Sie zu Abend essen möchten.«
»Wann Sie wollen. Wie halten Sie’s denn normalerweise?«
»Danach brauchen wir uns nicht zu richten. Mutter habe ich schon ziemlich früh versorgt. Sie muss sich strikt an ihren Essensplan halten. Und Pop wird, wenn überhaupt, erst spät etwas wollen. Für uns habe ich gebackene Seezunge. Das ist eine Sache von Minuten. Hoffentlich mögen Sie Fisch?«
»Gern. Klingt großartig. Darf ich Sie zu einem Glas Wein als Aperitif einladen?«
Ann zögerte. »Ja, das wäre nett«, antwortete sie schließlich. »Wie geht es Bailey? Alles in Ordnung?«
»Na, glücklich ist er gerade nicht, aber das lässt sich vorerst nicht ändern. Sind Sie noch nicht bei ihm gewesen?«
»Ich will morgen zu ihm... falls man mich vorlässt.«
»Lassen Sie das durch Clemson arrangieren. Es dürfte nicht schwierig sein. Die offizielle Anklageerhebung findet morgen früh um halb neun statt.«
»Das schaffe ich nicht. Mutter hat um neun einen Termin beim Arzt. Da komme ich nicht mehr rechtzeitig zurück. Aber Pop will sicher dabei sein, wenn’s ihm einigermaßen geht. Würden Sie ihn mitnehmen?«
»Natürlich. Kein Problem.«
Ich schenkte ihr ein Glas ein und füllte mir nach. Sie setzte sich auf die Couch, während ich mich wieder am Küchentisch niederließ, wo meine Schreibmaschine stand. Ann schien sich nicht wohl zu fühlen in ihrer Haut, sie nippte mit heruntergezogenen Mundwinkeln am Wein, als werde sie gezwungen, ein Glas Rizinusöl zu trinken.
»Chardonnay scheint nicht gerade Ihre Lieblingssorte zu sein.«
Sie lächelte entschuldigend. »Ich trinke selten Alkohol. Bailey ist der einzige aus der Familie, der dem je was abgewinnen konnte.«
Ich hatte angenommen, selbst die Initiative ergreifen zu müssen, wenn ich weitere Informationen aus ihr herausbekommen wollte, doch sie überraschte mich jetzt mit einer freiwilligen Kurzfassung der Familiengeschichte. Die Fowlers hätten für Alkohol nie etwas übrig gehabt. Sie führte das auf die Zuckerkrankheit der Mutter zurück. Mir schien das eher an der muffigen religiös-fundamentalistischen Einstellung zu liegen, die in diesem Haus herrschte.
Ann erzählte weiter, dass Royce in Tennessee geboren und aufgewachsen war. Das düstere schottische Erbe habe ihn
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