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Kinsey Millhone 08 - Sie kannte ihn fluechtig - F wie Faelschung

Kinsey Millhone 08 - Sie kannte ihn fluechtig - F wie Faelschung

Titel: Kinsey Millhone 08 - Sie kannte ihn fluechtig - F wie Faelschung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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unterbrach sie immer wieder mit Fragen, um die Unterhaltung in Gang zu halten.
    Schließlich schlief sie ein. Aber es wurde Mitternacht, bevor Ann zurückkehrte. Royce war ins Krankenhaus eingeliefert worden, und sie war bei ihm geblieben, bis alle Formalitäten erledigt waren und er in seinem Zimmer untergebracht war. Am nächsten Morgen sollten als erstes verschiedene Untersuchungen vorgenommen werden. Der behandelnde Arzt vermutete, dass Metastasen bereits die Lunge befallen hatten. Um Genaues sagen zu können, musste er die Auswertung der Röntgenbilder abwarten, aber es sah nicht gut aus für Royce.
    Ori wurde unruhig. Wir hatten im Flüsterton gesprochen, sie aber offensichtlich doch gestört. Wir gingen durch die Küche hinaus und setzten uns auf die Stufen am Hintereingang. Hier draußen war es stockdunkel, wir saßen im Schatten des Hauses, abgeschirmt von dem schmutzig gelben Licht der Straßenlaternen. Ann zog ihre Knie an und legte ihren Kopf erschöpft auf die Arme.
    »Gott. Wie soll ich das bloß die nächsten Monate durchstehen?«
    »Es wird sicher alles leichter, wenn wir Bailey freibekommen können.«
    »Bailey.« Sie lächelte bitter. »Immer nur Bailey. Kann denn niemand von was anderem reden?«
    »Sie waren wie alt — fünf? als er geboren wurde?«
    Sie nickte. »Ich muss Mom und Pop ziemliche Sorgen gemacht haben. Ich war ein kränkliches Kind. Ich habe kaum länger als dreißig Minuten am Stück geschlafen.«
    »Weshalb? Hatten Sie Koliken?«
    »Das hat man zunächst angenommen. Aber dann stellte sich heraus, dass es eine Art von Weizenallergie war. Mir war oft hundeelend... Durchfall, Erbrechen, Bauchweh. Und ich war spindeldürr. Eine Weile sah es so aus, als ob es besser würde. Dann kam Bailey, und alles fing wieder von vorne an. Ich war damals im Kindergarten, und der Betreuer dort behauptete, dass ich mich nur wegen Bailey so aufführte.«
    »Waren Sie eifersüchtig?«, fragte ich.
    »Natürlich. Ganz fürchterlich. Alles drehte sich um ihn. Und er war natürlich auch hinreißend... schlief wie ein Engel und bla, bla, bla. Ich krepierte inzwischen fast. Ein Arzt fand endlich den Grund heraus. Ich weiß nicht einmal mehr, wer es war, aber er bestand auf einer Darmgewebeuntersuchung, und dabei diagnostizierte man Zöliakie. Nachdem dann Weizen von meinem Speiseplan gestrichen worden war, ging’s mir prima. Ich glaube allerdings, dass Pop überzeugt war, ich sei aus Trotz krank geworden. Naja. Tolle Lebensgeschichte, nicht?« Sie schaute auf ihre Uhr. »Ach herrje, schon fast eins. Wir sollten besser schlafen gehen.«
    Wir sagten uns Gute Nacht, und ich ging hinauf. Erst als ich ins Bett steigen wollte, merkte ich, dass jemand in meinem Zimmer gewesen war.

13

    Was mich stutzig machte, war der Abdruck eines Schuhabsatzes auf dem Teppich direkt hinter der Schiebetür zum Balkon. Ich weiß nicht einmal mehr, was mich veranlasst hatte, dorthin zu sehen. Ich war in der Küche gewesen, um mir ein Glas Wein einzuschenken, hatte die Flasche wieder zugekorkt und in den Kühlschrank zurückgestellt. Dann ging ich zu der gläsernen Schiebetür, zog die Vorhänge zurück, löste die Verriegelung und schob die Tür einen Spaltbreit auf, um frische Seeluft hereinzulassen. Einen Augenblick lang stand ich da und atmete tief ein. Ich liebe diesen Geruch. Ich liebe die Geräusche des Meeres und der Brandung. Nebel war aufgezogen, und ich hörte von fern das klagende Tuten eines Nebelhorns in der kalten Nachtluft.
    Plötzlich blieb mein Blick an einer Falte im Vorhangsaum hängen. Neben der Metallschiene der Schiebetür entdeckte ich eine Spur von nassem Sand. Verständnislos starrte ich darauf. Dann stellte ich das Weinglas ab und ging in die Knie, um die Stelle zu untersuchen. Im selben Augenblick, als ich begriff, was ich da sah, stand ich auf, zog mich von der Balkontür zurück und blickte mich aufmerksam im Zimmer um. Es gab nichts, wo sich jemand hätte verstecken können. Als Schrank diente eine Nische ohne Tür. Das Bett war ziemlich weit unten an der Wand befestigt und der Spalt zwischen Matratze und Teppich mit einer Holzblende verschlossen. Im Badezimmer war ich gerade gewesen, aber ganz automatisch sah ich noch einmal nach. Die Duschverkleidung aus Milchglas stand offen, die Duschkabine war leer. Ich wusste, dass ich allein war, doch das Gefühl, dass eine fremde Person in meinem Zimmer gewesen war, war so allgegenwärtig, dass sich mir die Nackenhaare aufstellten. Unwillkürlich wurde ich von

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