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Kinsey Millhone 08 - Sie kannte ihn fluechtig - F wie Faelschung

Kinsey Millhone 08 - Sie kannte ihn fluechtig - F wie Faelschung

Titel: Kinsey Millhone 08 - Sie kannte ihn fluechtig - F wie Faelschung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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werden.
    »Darf ich mal telefonieren?«
    »Das ist das Geschäftstelefon«, sagte Ori. »Es sollte möglichst nicht benutzt werden.«
    »Gehen Sie in die Küche«, riet Ann. »Und wählen Sie zuerst die Neun.«

21

    Vom Apparat in der Küche aus wählte ich Shana Timberlakes Nummer, doch niemand meldete sich. Ich nahm mir vor, noch einmal bei ihr vorbeizuschauen. Shana hütete einen wesentlichen Teil des Geheimnisses, und so leicht kam sie mir nicht davon. Auf der Küchentheke lag das Telefonbuch. Ich schlug Dr. Dunnes Praxis-Nummer nach und wählte. Am anderen Ende meldete sich die Sprechstundenhilfe. »Praxis Dr. Dunne.«
    »Guten Tag. Ist Mr. Dunne schon da?« Man hatte mir gesagt, dass er erst am Montag wieder in der Praxis sein würde, aber ich wollte ja auch mit der Sprechstundenhilfe reden.
    »Nein, tut mir Leid. Heute ist Dr. Dunne in der Klinik in Los Angeles. Kann ich Ihnen helfen?«
    »Das hoffe ich doch«, erwiderte ich. »Ich bin vor ein paar Jahren Patientin bei ihm gewesen und brauche meine Unterlagen von damals.«
    Ann betrat die Küche und ging zum Kühlschrank. Sie holte eine Ampulle Insulin heraus und rollte sie zwischen den Handflächen hin und her, um sie anzuwärmen.
    »Wann soll das gewesen sein?«
    »Hm... tja, warten Sie... 1966.«
    »Das tut mir Leid, aber so lange bewahren wir die Patientenakten nicht auf. Wenn Sie fünf Jahre lang nicht bei uns gewesen sind, archivieren wir Ihre Akte. Nach sieben Jahren werden die Unterlagen vernichtet.«
    Ann verließ die Küche. Wenn ich das Gespräch noch etwas in die Länge zog, würde ich die Spritze überhaupt nicht mehr mitbekommen.
    »Und das wird auch so gehandhabt, wenn ein Patient verstirbt?«, erkundigte ich mich.
    »Wenn er stirbt? Ich dachte, wir sprechen von Ihrer Akte«, entgegnete sie. »Wie ist Ihr Name?«
    Ich legte auf. So viel also zu Jean Timberlakes alten Krankenblättern. Ich war frustriert. Ich hasse Fälle, bei denen ich nicht weiterkomme. Schließlich kehrte ich ins Wohnzimmer zurück.
    Das Telefongespräch war zu kurz gewesen.
    Ann starrte auf die Spritze, hielt die Nadel hoch und drückte einen Tropfen heraus, um sicherzugehen, dass keine Luft in dem milchig weißen Insulin war. Ich bewegte mich so unauffällig wie möglich in Richtung Tür. Als ich an Ann vorbeikam, sah sie auf. »Ich hab ganz vergessen zu fragen. Sind Sie gestern eigentlich bei Pop gewesen?«
    »Ja, am Spätnachmittag, aber er hat geschlafen. Warum? Hat er nach mir gefragt?« Ich vermied es tunlichst, in ihre Richtung zu sehen.
    »Das Krankenhaus hat heute Morgen angerufen«, erklärte sie seufzend. »Er macht denen dort die Hölle heiß. Wie ich ihn kenne, will er nach Hause.« Sie reinigte eine Stelle auf dem Oberschenkel der Mutter mit Alkohol.
    Ich suchte in meiner Handtasche nach einem Papiertaschentuch, als sie die Nadel ins Fleisch stieß. Ori zuckte merklich zusammen. Meine Hände waren feucht, und ich spürte ein erstes Schwindelgefühl.
    »Vermutlich macht er Ärzten und Schwestern das Leben schwer«, plauderte Ann weiter, doch ihre Stimme drang nur noch von fern an mein Ohr. Aus den Augenwinkeln sah ich, wie sie die Nadel von der Einwegspritze brach und in den Papierkorb warf. Dann räumte sie die Tupfer und die Verpackung der Lanzette weg. Ich setzte mich auf die Couch.
    Plötzlich hielt sie inne und musterte mich besorgt. »Geht’s Ihnen gut?«
    »Ja, danke. Ich muss mich nur mal setzen«, murmelte ich. Ich war sicher, dass auf diese heimtückische Weise auch der Tod eines Tages kommen würde. Was um Himmels willen sollte ich sagen? Dass ich eine zart besaitete Privatdetektivin bin, die beim Anblick einer Spritze ohnmächtig wird? Ich sah sie nur freundlich lächelnd an, um ihr zu beweisen, dass mit mir alles in Ordnung war. Vor meinen Augen begann es zu flimmern.
    Ann war schon wieder beschäftigt. Sie ging in die Küche, um das Insulin in den Kühlschrank zurückzustellen. Kaum hatte sie das Zimmer verlassen, klemmte ich den Kopf zwischen die Knie. Angeblich wird man auf diese Weise nicht ohnmächtig, aber mir ist es trotzdem schon mehrfach gelungen. Ich warf Ori einen entschuldigenden Blick zu, sie zuckte ruhelos mit den Beinen und kam wie üblich nicht auf den Gedanken, es könne irgendjemandem schlechter gehen als ihr. Allmählich sah ich wieder klarer. Ich richtete mich auf und fächelte mir mit lässiger Geste Kühlung zu.
    »Mir ist nicht gut«, sagte Ori und kratzte sich am Arm. Wir waren wirklich ein tolles Paar. Ihr geheimnisvoller

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