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Kinsey Millhone 11 - Frau in der Nacht

Kinsey Millhone 11 - Frau in der Nacht

Titel: Kinsey Millhone 11 - Frau in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Palmwedel von seinem Stamm fiel und direkt vor mir über die Fahrbahn schlitterte.
    Auf dem Parkplatz vor dem Caliente Café standen nur sehr wenige Autos. Für Freitag abend war kaum Betrieb. Im Lokal befanden sich nur ganz wenige Gäste, und Cheney war nicht unter ihnen. Bevor ich ging, benutzte ich das Münztelefon und versuchte, ihn zu Hause zu erreichen. Er war entweder nicht da oder nahm nicht ab, und ich legte auf, ohne eine Nachricht auf seinem Anrufbeantworter zu hinterlassen. Ich wußte nicht genau, was mich mehr störte: die Geschichte, die Berlyn mir erzählt hatte, oder Danielles Enthüllung über Lorna und Clark Esselmann.
    Ich machte einen Umweg über Montebello und konnte mich nicht entscheiden. Das Anwesen der Esselmanns lag in einer schmalen Straße ohne Gehsteige oder Straßenlampen. Meine Scheinwerfer tauchten die Fahrbahn vor mir in weißes Licht. Der Wind blies immer noch. Sogar mit geschlossenen Autofenstern konnte ich hören, wie er durchs Gras brauste. Ein großer Ast hing herab, und ich mußte abbremsen, um ihm auszuweichen. Meine Augen folgten der niedrigen Mauer, die das Grundstück umgab. Sämtliche Außenscheinwerfer waren aus, und das Haus lag im Dunkeln. Seine eckige, schwarze Silhouette hob sich von dem lehmfarbenen Himmel ab. Der Mond war nicht zu sehen. Eine Eule flog über die Straße, stieß kurz auf die Wiese auf der anderen Seite herab und stieg mit einem kleinen Bündel in den Klauen wieder auf. Mancher Tod ist so still wie der Flug eines Vogels, manche Beute so widerstandslos wie ein Bündel Lumpen.
    Das Vordertor war geschlossen, und ich konnte kaum über die dunklen Umrisse der Wacholderbüsche an der Einfahrt hinaussehen. Ich legte den Rückwärtsgang ein, wendete und ließ den Motor weiterlaufen, während ich überlegte, was ich tun sollte. Später fragte ich mich, was geschehen wäre, wenn ich tatsächlich den Knopf an der Sprechanlage gedrückt und mich angemeldet hätte. Vermutlich hätte es nichts geändert, aber man kann nie wissen. Schließlich fuhr ich nach Hause zurück und kroch ins Bett. Über mir blies der Wind vertrocknete Blätter über das kuppelförmige Oberlicht, was sich anhörte wie das Scharren winziger Füßchen. Während ich mich im Schlaf unruhig hin- und herwarf, verursachte mir etwas Gewissensbisse. Einmal, mitten in der Nacht, hätte ich schwören können, daß ein kalter Finger meine Wange berührte, und ich schreckte hoch. Der Raum war leer, und der Wind hatte sich bis auf ein Flüstern gelegt.
    Um zwölf Uhr mittags klingelte mein Telefon. Ich war seit einer Stunde wach, hatte aber keine Lust aufzustehen. Nachdem ich zur Gänze in die nächtlichen Gefilde übergesiedelt war, fand ich die Vorstellung, vor zwei Uhr nachmittags aufzustehen, abstoßend. Das Telefon klingelte erneut. Ich brauchte zwar keinen Schlaf mehr, aber ich wollte mich einfach nicht dem Tageslicht stellen. Beim dritten Klingeln packte ich den Apparat, holte ihn zu mir ins Bett und klemmte mir den Hörer zwischen Ohr und Kopfkissen. »Hallo.«
    »Hier ist Cheney.«
    Ich stützte mich auf einen Ellbogen und fuhr mir mit der Hand durchs Haar. »Oh, hallo. Ich habe gestern abend versucht, dich zu erreichen, aber da warst du wohl unterwegs.«
    »Nein, nein. Ich war hier«, sagte er. »Meine Freundin war da, und wir haben um zehn das Telefon ausgestellt. Was gibt’s denn?«
    »O Mann, wir müssen miteinander sprechen. Bei meinen Ermittlungen kommen alle möglichen Sauereien ans Tageslicht.«
    »Dabei weißt du noch nicht einmal die Hälfte. Ich habe gerade einen Anruf von einem Kumpel aus dem Sheriffbüro bekommen. Clark Esselmann ist heute morgen bei einem grotesken Unfall ums Leben gekommen.«
    »Er ist was?«
    »Du wirst es nicht glauben. Er hat in seinem Swimmingpool einen tödlichen Stromschlag abbekommen. Ist hineingesprungen, um ein paar Bahnen zu schwimmen, und war sofort tot, schätze ich. Der Gärtner kam auch um. Der gute Mann ist hinterhergesprungen, um Esselmann zu retten und starb auf dieselbe Weise wie er. Esselmanns Tochter sagte, sie hätte einen Schrei gehört, doch als sie draußen ankam, waren sie beide schon tot. Zum Glück hat sie begriffen, was los war, und den Schutzschalter betätigt.«
    »Das ist ja seltsam«, sagte ich. »Warum hat denn der Schutzschalter nicht von vornherein den Strom unterbrochen? Dazu ist er doch da, oder?«
    »Frag mich nicht. Sie haben mittlerweile einen Elektriker hinausgeschickt, der die ganzen Leitungen überprüft, also warten wir

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