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Kinsey Millhone 11 - Frau in der Nacht

Kinsey Millhone 11 - Frau in der Nacht

Titel: Kinsey Millhone 11 - Frau in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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musterte sein Gesicht und wunderte mich über den sachlichen Ton, den er anschlug. »Und was war mit Ihnen? Was hatten Sie für eine Beziehung zu ihr?«
    »Ich war in London, als sie ermordet wurde. Ich bin am zwanzigsten abgereist.«
    Ich ignorierte den Bruch, obwohl ich ihn interessant fand. Als wir am Telefon miteinander gesprochen hatten, hatte er mit dem Datum ihres Todes etwas danebengelegen. Vielleicht hatte er sich mit einer innerlichen Revision auf meinen Besuch vorbereitet.
    Er zog eine Schublade auf und entnahm ihr ein Blatt Papier. »Ich habe überprüft, wer bei dem Film, in dem sie mitgespielt hat, auf der Gehaltsliste stand. Hier sind Namen und Adressen von ein paar Mitgliedern des Teams, mit denen ich danach noch Kontakt hatte. Ich kann nicht garantieren, daß sie immer noch in San Francisco leben, aber es ist zumindest ein Anfang.«
    Ich nahm das Blatt und warf einen Blick darauf. Die Namen kannte ich von der Liste, anhand deren ich vorgegangen war. Die beiden San Franciscoer Telefonnummern waren mittlerweile abgemeldet. »Danke. Das ist sehr nett von Ihnen.« So wertlos es auch ist, dachte ich.
    Er erhob sich hinter seinem Schreibtisch. »Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen wollen, ich muß mich kurz noch einmal zeigen, bevor ich zu Bett gehe. Sind Sie sicher, daß Sie keinen Drink wollen?«
    »Danke, lieber nicht. Ich muß noch Verschiedenes erledigen, und ich bin nicht so lange in der Stadt.«
    »Ich bringe Sie hinaus«, sagte er höflich.
    Ich folgte ihm die breite Marmortreppe hinab, durch die Diele und einen riesigen, leeren Raum mit einer Kuppeldecke und einem hellen, glänzenden Hartholzboden. An seinem anderen Ende befand sich eine kleine Bühne. »Was werden Sie jetzt tun, nachdem Ihre Firma verkauft ist?«
    »Das ist der Ballsaal«, sagte er, da ihm die Neugier in meinen Augen nicht entgangen war. »Meine Frau hat ihn renovieren lassen. Sie veranstaltet Wohltätigkeitsbälle für Krankheiten, die nur Reiche bekommen. Um Ihre Frage zu beantworten, ich muß überhaupt nichts tun.«
    »Sie Glücklicher.«
    »Das hat nichts mit Glück zu tun. Es war von Anfang an meine Absicht. Ich bin ein zielstrebiger Mensch. Das würde ich Ihnen auch empfehlen.«
    »Unbedingt.«
    In der Diele schüttelten wir uns die Hände. Ich merkte noch, daß er die Haustür bereits geschlossen hatte, bevor ich am Gartenzaun angelangt war. Ich holte mein Auto ab und gab dem Mann vom Parkservice einen Dollar. Nach seinem erstaunten Blick zu schließen, müssen ihm alle anderen fünf gegeben haben.
    Ich konsultierte meinen Stadtplan. Russell Turpins Adresse in der Haight Street lag nicht weit entfernt. Ich fuhr auf der Masonic Richtung Süden und durchquerte den schmalen Teil des Golden Gate Parks. Die Haight lag zwei Häuserblocks weiter, und die Adresse, zu der ich wollte, lediglich vier Blocks weiter unten.
    Die Gehsteige wimmelten von Fußgängern. Man konnte noch Überbleibsel der vergangenen Herrlichkeit von Haight-Ashbury bewundern: Second-Hand-Kleidergeschäfte und Buchhandlungen, schmierig aussehende Restaurants und eine Gemeinschaftspraxis in einem ehemaligen Laden. Die Straße war gut beleuchtet, und es herrschte noch ziemlich reger Verkehr. Die Leute auf der Straße waren ausstaffiert wie die Blumenkinder von einst und trugen immer noch ausgestellte Hosen, Nasenringe, Rastalocken, zerfetzte Blue Jeans, bemalte Gesichter, mehrere Ohrringe, Rucksäcke und kniehohe Stiefel. Aus den Bars dröhnte Musik. In jedem zweiten Hauseingang hingen bekifft aussehende Jugendliche herum, die aber vielleicht von viel ausgefalleneren Drogen high waren als von Marihuana.
    Ich drehte eine Runde um acht Häuserblocks herum — zwei nach unten, zwei zur Seite, zwei nach oben und zwei zurück — und versuchte, einen Platz zu finden, in den ich mein Auto quetschen konnte. San Francisco ist ziemlich schlecht dafür gerüstet, die Anzahl von Fahrzeugen zu beherbergen, die sich innerhalb seiner Stadtgrenzen bewegen. An jeden greifbaren Zentimeter geraden Randsteins drücken sich Autos, schmiegen sich an Anhöhen, drängen sich auf den Gehsteigen und pressen sich an die Häuser. Vordere Stoßstangen kommen Hydranten viel zu nahe, und hintere Stoßstangen ragen ins absolute Halteverbot. Garagenplätze stehen hoch im Kurs, und jede Einfahrt strotzt vor Schildern, die die Wildparker abschrecken sollen.
    Als ich endlich einen Parkplatz hatte, war es fast ein Uhr morgens. Ich stellte mein gemietetes Vehikel um die Ecke in der Baker

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