Kinsey Millhone 14 - Kopf in der Schlinge - N wie Niedertracht
diese Beschreibung paßt. Sie müssen schon ein bißchen deutlicher werden.«
»Aha. Das habe ich befürchtet«, sagte ich. »Tja, dann muß ich wohl erst meine Hausaufgaben machen. Trotzdem danke.« »Nichts zu danken.«
Ich saß da und kaute auf meinem imaginären Bleistift herum. Was tun, was tun? Ich wählte Phyllis Newquists Nummer in Nota Lake und erreichte natürlich einen Anrufbeantworter, dem ich folgendes anvertraute: »Hallo, Phyllis, hier ist Kinsey. Ich wollte Sie fragen, ob Sie mir den Namen der Ermittlerin aus dem Sheriffbüro nennen könnten, mit der Tom hier zu tun hatte. Ich habe zwar ihre Privatnummer, aber es würde mir weiterhelfen, wenn Sie mir ihren Namen sagen könnten. Dann kann ich sie nämlich in der Arbeit anrufen und die Sache eventuell beschleunigen. Sonst muß ich abwarten, bis die Frau mich zurückruft.« Wiederum hinterließ ich Privat- und Büronummer und ging in Gedanken weiter meine Liste durch.
Die zweite Nummer, die ich von Toms Schreibtischunterlage abgeschrieben hatte, war die des Gramercy Hotel. Ich fand, diese Adresse hatte mein persönliches Erscheinen verdient. Ich steckte das Foto von Tom in die Handtasche, packte meine Jacke und meinen Schirm und ging in den Regen hinaus. Meine Finger waren zwar verletzt und geschwollen, aber sie schmerzten nicht, und dafür war ich dankbar. Ich benutzte, soweit ich konnte, die linke Hand, fummelte mit den Autoschlüsseln herum und schob Dinge von einer Hand in die andere. Die einfachsten Tätigkeiten gingen wesentlich langsamer vonstatten, da die Schiene an meiner rechten Hand mich zwang, in unbeholfenen Schritten vorzugehen. Ich machte den Weg ein zweites Mal, um die Schreibmaschine zu holen, die ich auf den Beifahrersitz stellte.
Ich gab die Maschine ab und ließ mir von dem Mann im Reparaturgeschäft versprechen, sie mir so bald wie möglich zurückzugeben. Dann brachte ich den Mietwagen zu der in der Innenstadt gelegenen Filiale der Verleihfirma, wickelte die Finanzen ab und fuhr mit einem Taxi in meine Wohnung zurück.
15
Ich setzte mich in mein Auto, das nach längerem Keuchen und Stottern schließlich ansprang. Wenigstens ein Fortschritt. Ich fuhr nach Santa Teresa hinein und stellte den Wagen in ein günstig gelegenes Parkhaus. Den Schirm gegen den Regen geneigt, marschierte ich einen Block hinüber und einen hinunter. Das Gramercy Hotel war ein klotziges, dreistöckiges Gebäude auf der unteren State Street, das gern von Obdachlosen aufgesucht wurde, wenn sie gerade ihren monatlichen Scheck bekommen hatten. Der Ziegelbau war im süßlichen Grün eines Creme-de Menthe-Frappe gestrichen und prunkte mit einem überdachten Eingang, der groß genug war für ein halbes Dutzend aneinandergekauerter Raucher, die Schutz vor dem Regen suchten. Ein Transparent, das quer über die Fassade verlief, nannte die Zimmerpreise. EZ . $9,95 DOZ . $13,95 Pro Tag :: ' Woche * Monat Sondertarife auf Anfrage
Ein Mann, der eine Mülltüte aus Plastik als Regenumhang benutzte, begrüßte mich mit triefenden Augen, während er die Füße beiseite nahm, damit ich in die Hotelhalle treten konnte. Ich senkte meinen Schirm und bemühte mich, keinen der zu ihrem morgendlichen Umtrunk Versammelten damit zu stechen. Ich fand es noch früh für harte Getränke, aber vielleicht war das, was in der braunen Papiertüte herumgereicht wurde, ja auch Fruchtsaft. Das Hotel hatte früher sicher einmal als elegant gegolten. Der Fußboden bestand aus grünem Marmor und war mit einem krummen Weg aus Zeitungspapier bedeckt, das vom einen bis zum anderen Ende reichte und all die nassen Schritte auffangen sollte, die sich kreuz und quer durch die Lobby zogen. An den Stellen, wo das durchweichte Papier bereits weggenommen worden war, konnte ich erkennen, dass die Druckerschwärze spiegelverkehrte Abdrücke der Schlagzeilen hinterlassen hatte. Sechs verzierte Stützpfeiler unterteilten den düsteren Raum in mehrere Abschnitte. In jedem einzelnen davon prangte eine klobige grüne Plastikcouch. Allem Anschein nach wollte man die Gästeschaft davon abhalten, es sich länger auf dem vorhandenen Mobiliar gemütlich zu machen, da ein handgeschriebenes Schild folgende Ermahnungen verkündete:
Rauchen verboten Ausspucken verboten Herumlungern verboten Prostitution verboten Trinken im Haus verboten Schl ägereien verboten Pinkeln in die Blumentöpfe verboten
Dem konnte ich mich uneingeschränkt anschließen. Ich näherte mich dem langen Empfangstisch, der sich unter einem mit
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