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Kinsey Millhone 14 - Kopf in der Schlinge - N wie Niedertracht

Kinsey Millhone 14 - Kopf in der Schlinge - N wie Niedertracht

Titel: Kinsey Millhone 14 - Kopf in der Schlinge - N wie Niedertracht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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ungarisches Gericht, dessen Namen ich jetzt hoffentlich nicht aussprechen muß. Außerdem mache ich ihr einen ungarischen Apfelkuchen.«
    »Wie alt wird sie denn?«
    »Das verrät sie nicht. Neulich hat sie behauptet, sie würde Sechsundsechzig, aber ich vermute, dass sie schon seit Jahren einiges unterschlägt. Sie muß mindestens siebzig sein. Du kommst doch hoffentlich mit, oder?«
     »Das würde ich mir nie entgehen lassen«, sagte ich. »Dann muß ich noch losgehen und ein Geschenk besorgen. Um wieviel Uhr?«
    »Ich gehe nicht vor sechs rüber. Setz dich doch, dann mache ich eine Kanne Tee.« Er dirigierte mich in seinen Schaukelstuhl und stellte den Wasserkessel auf, während wir uns gegenseitig berichteten, was in den Wochen geschehen war, die ich weg gewesen war. Ohne eine spezielle Reihenfolge einzuhalten, tauschten wir wie gewohnt Nachrichten aus: meine Reise, Dietz' Operation, das Neueste von der Heimatfront. Ich schilderte meinen Auftrag so knapp wie möglich und beschrieb die Art meiner Ermittlungen, die Beteiligten und den Überfall in der vergangenen Nacht. »Ich muß noch ein paar Anhaltspunkten nachgehen. Offenbar hatte Tom Kontakt zu einer Fahnderin aus dem hiesigen Sheriffbüro, obwohl ich im Moment nicht weiß, ob der Kontakt privater oder beruflicher Natur war. Soweit ich gehört habe, hatten sie die Köpfe zusammengesteckt, und die Frau hat offen mit ihm geflirtet. Das ist natürlich nur ein Gerücht, aber die Sache ist es wert, ihr nachzugehen.« »Und wenn nichts dabei herauskommt?« »Dann bin ich mit meiner Weisheit am Ende.«
    Während ich meinen Tee austrank, bereitete Henry den Kuchenteig zu und begann, die Äpfel für die Füllung zu schälen und zu reiben. Ich spülte meine Tasse und meine Untertasse ab und stellte beides zum Abtropfen. »Dann sause ich jetzt mal los und kaufe ein Geschenk. Machst du dich schick für die Party?«
    »Ich ziehe eine lange Hose an«, antwortete er. »Und vielleicht ein Jackett. Du kannst bleiben, wie du bist.«
    Rosies ganzes Restaurant war für die Geburtstagsfeier umfunktioniert worden. Diese heruntergekommene Nachbarschaftskneipe ist seit jeher mein Lieblingslokal gewesen. In der guten alten Zeit (vor fünf Jahren) war sie oft leer - abgesehen von ein paar Säufern, die jeden Tag kamen, wenn aufgemacht wurde, und meistens nach Hause getragen werden mußten. Doch in den letzten Jahren wurde das Lokal aus unerfindlichen Gründen zu einem Treffpunkt für verschiedene Sportvereine, deren Trophäen mittlerweile jede freie Fläche zieren. Rosie, die noch nie für ihre gute Laune bekannt war, hat diesen Haufen testosteronverseuchter Rabauken trotzdem mit ungewohnter Zurückhaltung ertragen. Heute abend waren die Rauhbeine in voller Zahl erschienen und hatten das Lokal - dem Anlaß entsprechend - mit Girlanden aus Kreppapier, heliumgefüllten Ballons und handgeschriebenen Transparenten mit der Aufschrift Weiter so , Rosie ! geschmückt. Dazu kamen ein riesiger Blumenstrauß, ein Faß mieses Bier, ein Stapel Pizzaschachteln und eine gigantische Geburtstagstorte. Zigarettenrauch schwängerte die Luft und verlieh dem Raum den weichen, verhangenen Glanz einer alten Ferrotypie. Die Sportler hatten die Musikbox mit lärmenden Hits aus den Sechzigern bestückt und alle Tische an die Wand geschoben, damit sie Twist und Watusi tanzen konnten.
    Rosie sah mit mildem Lächeln zu. Irgend jemand hatte ihr einen kegelförmigen Glitzerhut aufgesetzt, der mit einem Gummiband unter ihrem Kinn festgehalten wurde und aus dem eine Feder hervorragte. Sie trug eines ihrer gewohnten Sackkleider, diesmal in Neonpink mit zehn Zentimeter breiten Rüschen um das tiefe Dekollete. William wirkte in seinem dunklen, dreiteiligen Anzug, dem weißen Hemd und der marineblauen Krawatte mit den roten Tupfen sehr adrett. Allerdings sah ich sonst niemanden aus der Nachbarschaft. Henry und ich setzten uns auf die eine Seite - er in Jeans und einem Sakko aus Jeansstoff, ich in Jeans und meinem guten Tweed-Blazer - wie Zuschauer bei einem Tanzwettbewerb. Ich hatte fast eine geschlagene Stunde in einem Kaufhaus in der Innenstadt verbracht und schließlich eine Bluse aus roter Seide gewählt, von der ich dachte, dass sie Rosie gefallen könnte.
    Um zehn schlichen wir uns davon und eilten durch den Regen nach Hause. Ich schloß hinter mir die Tür ab, ging durch meine Wohnung und bestaunte sie ausgiebig: das Bullaugenfenster in der Eingangstür, die Wände aus poliertem Teak und Eiche und die Stauräume,

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