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Kinsey Millhone 15 - Gefaehrliche Briefe O wie Opfer

Kinsey Millhone 15 - Gefaehrliche Briefe O wie Opfer

Titel: Kinsey Millhone 15 - Gefaehrliche Briefe O wie Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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schon. Es lassen sich ständig Leute scheiden.«
    »Das sind Leute, bei denen nichts auf dem Spiel steht. Sie können es sich leisten, ihr persönliches Glück an oberste Stelle zu setzen.«
    »Im Gegensatz wozu?«
    »Dem Status quo. Außerdem — wer will schon in unserer Lebensphase noch einmal von vorn anfangen? Bist du etwa scharf darauf, dich in eine neue Beziehung zu stürzen?«
    »Nein.«
    Eric lächelte. »Ganz meine Meinung. Ich meine, denk doch nur an all die Dinge, die du noch einmal erzählen müsstest, die intimen Enthüllungen, die langweilige Familiengeschichte. Außerdem müsstest du mit sämtlichen verletzten Gefühlen, Ängsten und dummen Missverständnissen umgehen, während du den anderen kennen lernst und er dich. Selbst wenn du das Risiko eingehst und dich mit Leib und Seele auf jemand anders stürzt, besteht doch die Gefahr, dass deine neue Liebe ein Klon von demjenigen ist, den du gerade abgesägt hast.«
    »Mir wird ganz schlecht«, sagte ich.
    »Es ist im Grunde kein großes Drama. Man findet sich mit so manchem ab. Man sieht beiseite, und mitunter hat man keine andere Möglichkeit, als sich auf die Zunge zu beißen. Wenn beide Partner ernsthaft engagiert sind — egal aus welchen Gründen — , kann es funktionieren.«
    »Und was, wenn nicht beide engagiert sind?«
    »Dann hast du ein Problem und musst es lösen.«

19

    Ich lasse hier mal ein paar Dinge aus, weil — na ja, wen interessiert das schon wirklich? Wir aßen. Wir tranken, und dann aßen wir noch etwas. Ich verschüttete nichts, furzte nicht, fiel nicht um und tat auch sonst nichts, um mich zu blamieren. Ich sprach mit dem Paar aus Palm Springs, das sich als recht nett entpuppte, genau wie die meisten anderen Leute. Mit vorgetäuschtem Interesse lauschte ich einer längeren Debatte über Jaguar- und Rolls-Royce-Oldtimer und einer weiteren, in deren Verlauf die Gesprächsteilnehmer schilderten, wo sie sich während des letzten größeren Erdbebens hier in der Gegend aufgehalten hatten. Die Antworten lauteten unter anderem: Südfrankreich, Barbados, die Galapagos-Inseln. Ich gestand, dass ich hier gewesen war und gerade meine Toilette schrubbte, als ein Wasserschwall herausschwappte und mir ins Gesicht spritzte. Das war ein großer Lacherfolg. Eine richtige Ulknudel, diese Frau. Ich bekam schon das Gefühl, dass ich langsam begriff, wie man mit reichen Leuten redet, als Folgendes passierte: Stewart durchquerte den Innenhof mit einer Flasche Chardonnay und bot mir an, mein Glas aufzufüllen. Ich lehnte ab — ich hatte schon genug intus — , aber Dixie beugte sich zu ihm, damit er ihr nachschenken konnte. Der Ausschnitt ihrer Seidenbluse klaffte dabei kurz auf, und ich konnte einen Blick auf die Halskette werfen, die in der Kuhle unter ihrem Hals endete. An einer goldenen Kette hing ein winziges goldenes Herz mit einer emaillierten pinkfarbenen Rose in der Mitte. Ich merkte, wie mein Lächeln erstarb. Zum Glück blickte Dixie in die andere Richtung und bemerkte den Wandel in meiner Miene nicht. Die Kette war das Ebenbild derer, die ich in Mickeys Nachttischschublade gesehen hatte. Nun war durchaus denkbar — entfernt denkbar — , dass er ihr die Kette vor fünfzehn Jahren geschenkt hatte, auf Grund der Affäre, die sie damals hatten. Ich stellte mein Glas neben mir auf den Tisch und stand auf. Niemand schien mich zu beachten, als ich den Raum durchquerte. Ich trat durch die Glastür ins Esszimmer, wo ich dasselbe Hausmädchen antraf, das mir die Tür aufgemacht hatte.
    »Entschuldigen Sie bitte«, begann ich. »Wo ist denn das nächste Badezimmer?« Ich brachte es einfach nicht über mich, vom »Klo« zu sprechen.
    »Gehen Sie in der Halle nach rechts. Dann ist es die zweite Tür auf der rechten Seite.«
    »Ich glaube, da ist besetzt. Dixie sagte, ich soll ihres benutzen.«
    »Das große Schlafzimmer ist am Ende des Flurs, links von der Halle.«
    »Danke«, sagte ich. Als ich an dem Stuhl vorbeikam, auf dem ich meine Handtasche abgestellt hatte, beugte ich mich hinab und hob sie auf. Ich huschte durchs Wohnzimmer und in die Halle hinaus, wo ich mich nach links wandte. Ich ging rasch und hielt mein Gewicht auf den Zehenspitzen, damit das Klacken meiner Absätze nicht verriet, wohin ich unterwegs war. Die zweiflügelige Tür zum Schlafzimmer stand offen und gab den Blick auf einen Raum frei, der doppelt so groß war wie meine ganze Wohnung. Der blasse Marmorfußboden setzte sich auch hier fort. Sämtliche Farben waren gedämpft.

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