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Kinsey Millhone 17 - Totenstille - Q wie Quittung

Kinsey Millhone 17 - Totenstille - Q wie Quittung

Titel: Kinsey Millhone 17 - Totenstille - Q wie Quittung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Grafton,Sue
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Erwiderung und fragte dann: »Hat sie Schmuck getragen?«
    »Nö. Glaub ich nicht.«
    »Keine Uhr oder ein Armband? Oder vielleicht Ohrringe?« »Oh. Jetzt fällt’s mir wieder ein. Keine Ohrringe. Aber ihr linkes Ohrläppchen war gespalten. Als hätte jemand nach dem Ring gegriffen und ihn einfach rausgerissen.«
    »War das eine eher frische Verletzung?«
    »Nö. Es war alles verheilt, aber es war eindeutig gespalten.«
    »Und ihre Fingernägel?«
    »Bis aufs Fleisch abgekaut. Mir wäre fast schlecht geworden. Sie war nicht besonders sauber, und sie muss an ihren Nagelhäutchen gezupft haben, bis sie geblutet haben. Haben Sie so was schon mal gesehen? Nägel, die so kurz sind, dass die Fingerkuppen ganz geschwollen aussehen. Da dreht’s einem den Magen um.«
    »Und Sie sind sicher, dass Sie sie noch nie zuvor hier gesehen haben?«
    »Weder vorher noch nachher.«
    »Und wie sind Sie dann darauf gekommen, Kontakt zum Sheriffbüro aufzunehmen?«
    »Ich bin auf gar nichts ›gekommen‹. Ich habe in der Zeitung von der Toten gelesen und mich an sie erinnert. Wie gesagt, der Vorfall ist mir im Gedächtnis geblieben, weil sie versucht hat, mich zu übervorteilen.«
    »Was hat sie zu der Überzeugung gebracht, dass es dasselbe Mädchen war?«
    »Wer hätte es sonst gewesen sein können?«
    »Ah. Tja, Sie haben mir sehr geholfen. Danke, dass Sie sich die Zeit genommen haben.« Ich streckte ihr die Hand entgegen.
    Sie schüttelte sie zögerlich. »Glauben Sie mir nicht? Sie haben sich ja gar keine Notizen gemacht.«
    »Das hab ich alles hier drin«, antwortete ich und tippte mir an den Kopf. Im Wagen sah ich auf die Straßenkarte. Roxanne saß immer noch auf der Veranda, schaute zu mir her und wunderte sich vermutlich über die Verzögerung. Vielleicht glaubte sie, ich würde mir doch endlich Notizen machen und mir die unsinnigen Pseudoerinnerungen aufschreiben, die sie sich im Lauf der Jahre zusammengebastelt hatte. Ich glaubte nicht direkt, dass sie log. Sie hatte ihre Geschichte nur einfach zu oft erzählt. Inzwischen fantasierte sie entweder wild ins Blaue oder erinnerte sich an ein anderes Mädchen. Ich faltete die Karte in der Mitte und versuchte abzuschätzen, wie weit ich von der Ranch entfernt war. Wenn ich auf der Riverside weiter in südlicher Richtung fuhr und nach rechts abbog, käme ich auf eine Straße, die nach Südosten verlief und fast genau bei Gull Cove auf den Highway 101 stieß. Der Karte zufolge hieß die Straße Galle LeGrand und war vermutlich nach meinem Urgroßvater LeGrand benannt, dessen 9300 Hektar einen beträchtlichen Teil des Gebiets ausmachten. Gewundene, haarfeine blaue Linien standen für die Bäche, die das Land durchzogen.
    Ich ließ den VW an und winkte Roxanne beim Wegfahren zu. Sie saß auf der Hängeschaukel, hielt eine frisch angesteckte Zigarette in der Hand und trank noch einen Schluck Bier.
    Ich bog auf die Galle LeGrand ein und folgte ihr in südlicher Richtung durch weite, flache, goldene Hügel, die so grün wie Irland werden würden, wenn der Regen zurückkehrte. Dort, wo weit und breit keine Bebauung in Sicht war, hatte ich das Gefühl, als sähe ich alles mit den Augen der frühen Siedler, die die enormen Flächen an jungfräulichem Land bestaunt hatten, leer und still, bis auf das Kreischen der Vögel. Ich verfehlte die Abzweigung zur Ranch und musste wenden, als ich gemerkt hatte, dass ich schon zu weit gefahren war. Auf dem Rückweg sah ich die Seitenstraße, wo Stacey, Dolan und ich uns mit Arne Johanson getroffen hatten. Das Tor stand jetzt offen, und ein Staubschleier über der Schotterstraße ließ vermuten, dass kürzlich ein Fahrzeug vorbeigekommen war.
    Ich fuhr langsam hinein und merkte, wie meine Aufmerksamkeit zu dem Abhang schweifte, wo die Leiche der Unbekannten gefunden worden war. Jetzt sah ich, dass ein Teil der Straße nach links abzweigte und in einer Sackgasse endete, und ich musste daran denken, dass beiläufig die Rede von einem VW-Bus gewesen war, der auf dem Wendeplatz geparkt hatte. Genau wie ein rotes Cabrio mit Nummernschildern aus einem anderen Bundesstaat. Der Name des Mannes, der das gemeldet hatte, fiel mir nicht auf Anhieb ein, aber die Aussage war vielleicht ein Nachhaken wert, wie es Johanson angeregt hatte. Vogel oder so ähnlich. Ich würde den Namen heraussuchen müssen. Langsam fuhr ich den Hügel hinauf und folgte der Route, die Johanson mit dem Jeep eingeschlagen hatte. Ich hoffte schwer, dass die Schilder, die unbefugtes

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