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Kinsey Millhone 17 - Totenstille - Q wie Quittung

Kinsey Millhone 17 - Totenstille - Q wie Quittung

Titel: Kinsey Millhone 17 - Totenstille - Q wie Quittung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Grafton,Sue
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hätte sie wegen schikanöser Behandlung und irrtümlicher Festnahme verklagen sollen.«
    »Sie sind getrampt?«
    »Ich war neunzehn Jahre alt. Wenn man kein Auto hat, trampt man eben.«
    »Wir interessieren uns für jeden, der ein junges Mädchen gesehen haben könnte, das damals hier in der Gegend per Anhalter unterwegs war. Siebzehn, achtzehn Jahre alt. Blond gefärbte Haare, blaue Augen. Sie war etwa einssechzig groß und hat circa fünfundfünfzig Kilo gewogen.«
    »So hat die Hälfte aller Mädchen ausgesehen, die ich gekannt habe. Eigentlich haben alle so ausgesehen, außer denjenigen, die sich mit Gras gemästet haben. Ist Ihnen das schon mal aufgefallen? Die Mädchen rauchen zu viel Dope und fressen sich das Doppelte ihres Normalgewichts an. Entweder das, oder damals sind die ganzen Dicken in der Hoffnung, einen Mann ins Bett zu kriegen, auf den Straßen rumgelaufen. Wer wollte die schon haben?«
    »Eine gesunde Einstellung.«
    Darüber musste Pudgie lachen. Im Gegensatz zu mir belustigte ihn das tatsächlich.
    »Können wir wieder zum Thema zurückkommen?«, fragte ich.
    »Was war das Thema? Ich hab’s vergessen.«
    »Das Mädchen, das ich beschrieben habe.«
    »Klar. Was hat sie gemacht?«
    »Sie hat überhaupt nichts gemacht. Sie ist tot neben der Straße abgelegt worden.«
    Seine Haltung veränderte sich leicht. »Tut mir Leid, das zu hören. Sie haben nicht gesagt, dass sie tot ist, sonst hätte ich nicht so dumm dahergeredet.«
    »Der Punkt ist, sie hatte keinen Ausweis bei sich, und niemand hat je Anspruch auf den Leichnam erhoben. Wir wüssten gern, wer sie war.«
    » Gut, aber 1969? Warum zerbrechen Sie sich nach so vielen Jahren den Kopf darüber?«
    »Jemand hat einen Narren daran gefressen. Die zwei Männer, mit denen ich zusammenarbeite. Aber was war mit Ihnen? Was haben Sie getan, als Sie aus dem Gefängnis gekommen sind?« »Ich musste meinen alten Herrn anrufen, dass er mich abholt. Er war stinksauer. Sowie wir zu Hause angekommen sind, hat mich der Scheißkerl rausgeschmissen. Er hat meine Klamotten in den Garten gefeuert und meinen Essteller auf der Veranda zerbrochen. Ätzender Choleriker. Hat unbedingt einen Riesenaufstand machen müssen, damit auch garantiert sämtliche Nachbarn mitkriegen, wie er mich zur Sau gemacht hat.«
    »Zumindest war er bereit, den ganzen Weg von Creosote herzufahren.«
    »Schon, aber erst, nachdem ich die schlimmsten drei Tage meines Lebens in einer Zelle mit ein paar Ausgeflippten verbracht habe«, sagte er und zuckte mit den Schultern. »Zumindest die schlimmsten bis dahin. Seitdem hab ich noch schlimmere erlebt.«
    »Erinnern Sie sich an Lorenzo Rickman oder Frankie Miracle?«
    Er schnaubte. »Lorenzo? Was soll das denn für ein Name sein? Ist der Typ ‘ne Schwuchtel oder was?«
    »Sie haben sich mit diesen beiden und einem Typen namens John Luchek eine Zelle geteilt. Erinnern Sie sich an ihn?«
    »Nicht direkt. Glaub ich. Sollte ich?«
    »Was ist mit Rickman?«
    »Geht es um den? Ich meine, es wäre schön, wenn ich wüsste, worauf Sie hinauswollen.«
    »Darauf kommen wir noch. Haben Sie sich unterhalten?«
    »Knast ist stinklangweilig. Man labert einfach, damit man nicht völlig durchdreht. Das Essen ist auch eklig, bis man sich daran gewöhnt hat. Aber hier ist es gar nicht schlecht. Sie wissen schon – jede Menge Nudeln und so. Der Makkaroni-Käse-Auflauf schmeckt wie Kleister. Haben Sie so was schon mal gegessen?« Ich war mir nicht sicher, ob er die Gefängnisküche oder den Kleister meinte. Ich hatte mit beidem das Vergnügen gehabt, aber ich fand, das ging ihn nichts an. Schließlich war ich nicht gekommen, um ausgefallene Nahrungsmittel zu vergleichen. »Und was ist mit Frankie? Haben Sie mit dem auch gesprochen?«
    »Muss ich wohl. Warum auch nicht? Ich bin ein freundlicher kleiner Mistkerl. Aber natürlich würde ich die Typen nicht wieder erkennen, wenn sie mir jetzt auf der Straße begegnen würden.«
    »Würde es was nützen, wenn Sie sich Bilder ansehen könnten?«
    »Möglich.«
    Ich wechselte den Hörer vom rechten zum linken Ohr und klemmte ihn zwischen Wange und Schulter, um die Hände freizuhaben. Dann zog ich ein Bündel Porträtfotos aus dem Aktendeckel und legte sie in Zweierreihen vor die Glasscheibe. Alles in allem waren es zwölf; Namen, Decknamen und persönliche Daten, Fahndungsaufrufe und Haftbefehle sorgfältig abgedeckt. Pudgie unterzog die Schwarz-Weiß-Fotos derselben genauen Betrachtung, die er mir hatte zukommen lassen.

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