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Kinsey Millhone 18 - Ausgespielt - R wie Rache

Kinsey Millhone 18 - Ausgespielt - R wie Rache

Titel: Kinsey Millhone 18 - Ausgespielt - R wie Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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einem Hafen voller Jachten.
    Wir aßen in einem lauschigen italienischen Restaurant, das an einer der kleineren Straßen lag, die die zentrale Promenade mit der State Street auf der einen und der Chapel Street auf der anderen verband. Die Temperaturen waren immer noch hoch, und so saßen wir draußen auf der Terrasse. Als sich die Dunkelheit herabsenkte, tauchte das Licht der Umgebung Wände und Pflanzen nach und nach in Farben, die viel lebhafter waren als tagsüber. Details schmiedeeiserner Verzierungen hoben sich in der Dämmerung hervor, und der Stuckfries am Dach wurde zu einer schwarzen Silhouette. Wenn man die Augen zusammenkniff, konnte man fast glauben, in ein fremdes Land befördert worden zu sein.
    »Danke, dass Sie das machen – das mit den Kleidern«, sagte ich, während wir auf unseren Salat warteten.
    »Kein Problem. Es ist ja wohl offensichtlich, dass Sie Hilfe brauchen.«
    »Ich weiß nicht, ob das Wort ›offensichtlich‹ unbedingt erforderlich ist.«
    »Vertrauen Sie mir.«
    »Sie wissen, dass das Becks Projekt ist?«, fragte sie später, während sie gerade Spaghetti um ihre Gabel wickelte.
    »Was?«
    »Das Einkaufszentrum.«
    »Er hat das Passages gebaut?«
    »Sicher. Na ja, nicht ganz allein, sondern in Partnerschaft mit einem Typen aus Dallas, einem anderen Bauträger. Beck hat sein Büro ans andere Ende verlegt, unten bei Macy’s. Der dritte Stock zieht sich über den ganzen Block zwischen State und Chapel Street.«
    »Ich habe nicht gewusst, dass der Bau so viel Grund umfasst.« »Weil Sie sich nicht die Mühe gemacht haben, nach oben zu schauen. Sonst hätten Sie nämlich gesehen, dass da überdachte Gänge sind, die oberhalb der Promenade den zweiten und dritten Stock miteinander verbinden. Bei Regenwetter kann man von einem Gebäude ins andere gehen, ohne nass zu werden.«
    »Sie haben einen besseren Blick als ich. Mir war das entgangen.«
    »Ich habe eine Art Heimvorteil. Das Einkaufszentrum ist nämlich schon seit so vielen Jahren in Planung, dass ich die Unterlagen in fast jedem Entwicklungsstadium zu sehen bekommen habe. Beck ist zwei Monate, nachdem ich im Gefängnis gelandet war, in sein neues Büro gezogen, also habe ich es nie in fertigem Zustand erlebt. Aber es muss toll geworden sein, habe ich zumindest gehört.«
    Ich trank einen Schluck Wein, aß den letzten Bissen meiner mit Parmesan überbackenen Auberginen und sah zu, wie Reba ihre Tomatensoße mit Brot auftunkte. »Wo stecken Sie das nur alles hin?«
    Sie schob sich das Brot in den Mund und kaute schmunzelnd.
    »Sie sind doch die große Detektivin. Finden Sie’s selbst raus. Aber jetzt ziehen wir lieber mal los und kaufen ein paar Klamotten für Sie, und danach fahren wir nach Montebello.«

15
    Wir kauften ein, bis die Geschäfte um neun Uhr schlossen. Reba gab ununterbrochen Kommentare ab, während ich Sachen anprobierte. Im Interesse der erzieherischen Wirkung ließ sie mich allerdings selbst aussuchen, ohne ihre Meinung kundzutun. Zuerst versuchte ich, noch während ich ein Kleidungsstück vom Ständer nahm, ihre Reaktion auszuloten, doch sie sah mir mit derselben ausdruckslosen Miene zu, die sie am Pokertisch zur Schau getragen haben musste. Ohne irgendwelche Entscheidungshilfen suchte ich zwei Kleider, einen Hosenanzug und drei Baumwollröcke aus. »Okay«, sagte ich.
    Ihre eine Augenbraue hob sich um etwa drei Millimeter. »Das ist alles?«
    »Reicht das nicht?«
    »Das grüne Teil gefällt Ihnen, der Hosenanzug da?«
    »Ja, schon. Wissen Sie, er ist dunkel, und da sieht man Flecken nicht so schnell.«
    »Na guuut«, sagte sie in einem Ton, der vermittelte, dass man Kinder eben Fehler machen lassen musste, wenn sie etwas lernen sollten.
    Sie ging mit mir zu der Reihe von Umkleidekabinen im hinteren Teil des Geschäfts. Gelassen sah sie zu, wie ich auf der Suche nach einer freien Kabine eine Tür nach der anderen öffnete. Als ich schließlich eine gefunden hatte, machte sie Anstalten, mir zu folgen.
    »Moment mal. Sie wollen mit reinkommen?«
    »Was ist, wenn etwas nicht passt? Sie können schlecht in der Unterwäsche hier draußen rumspazieren.«
    »Das hatte ich auch nicht vor. Ich wollte die Sachen hier drin anprobieren und mich dann entscheiden.« »Entscheiden ist meine Aufgabe. Sie probieren die Sachen an, und ich sage Ihnen, wie sehr Sie auf dem Holzweg sind.«
    Sie setzte sich auf einen Stuhl in der Kabine, die etwa eins achtzig im Quadrat maß und auf drei Seiten Spiegel vom Boden bis zur Decke hatte.

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