Kirchwies
Brommel.«
Fritzi hob die Augenbrauen und zog die Tür hinter sich zu. Odilos Proteste überhörte sie.
»Ich habe recherchiert«, sagte er eifrig. »Darf ich nicht hereinkommen? Dann kann ich es Ihnen schildern.«
»Nein«, sagte sie. »Schildern Sie hier. Ist doch auch ganz gemütlich, oder?« Sie ließ den Blick schweifen und wies nach draußen. »Eine wundervolle Umgebung, finden Sie nicht auch? Schildern Sie.«
Der Journalist hatte sich wieder gefangen. Über den Brustwarzen klemmte er beide Daumen unter die Hosenträger und ließ sie vor- und zurückschnalzen. Es klang wie der Auftakt zum Rosenheimer Herbstfest.
»Theas leiblicher Vater, Kurt Brommel, ist einem Herzinfarkt erlegen, als sie noch ein Kind war. Ihre Mutter Monika hat später einen gewissen Hans Schmid geheiratet, mit dem Thea nicht ausgekommen ist.«
»Moment«, unterbrach Fritzi, »woher wissen Sie das alles? Thea hat hier in diesem Haus bei mir gewohnt, bis sie das kleine Anwesen am Libellenweg erworben hat. Ich war mit ihr befreundet. Wieso weiß ich von dieser Kindheit nichts? Wenn das stimmt, was Sie sagen, hätte sie mir auf jeden Fall davon erzählt.«
Den Angriff von vorhin in seinem Zimmer überging sie.
»Tja. Dazu kann ich leider nichts sagen. Thea Brommel galt immer als etwas zugeknöpft. Aber zurück zu Ihrer Frage: Monika und Hans Schmid sind nach Südamerika ausgewandert, vermutlich nach Venezuela. Meine Informantin hat seither keinen Kontakt mehr zu ihnen.«
»Und wer soll das sein, Ihre Informantin?«
»Mamalein, was ist das, ein Folmantin?«, krähte Odilo.
»Informantin heißt das, Odilo. Und mach jetzt die Tür zu und geh wieder auf dein Zimmer.« Fritzi schüttelte Odilo ab. Er trollte sich schmollend. »Und warum erzählen Sie mir das alles?«
»Weil es ein Spiegel von Thea ist. Der Stiefvater, also Herr Schmid, hat sie geschlagen und unterdrückt. Nichts konnte sie ihm recht machen. Und er hat sich dauernd vor ihren Freundinnen aufgespielt. Kein Wunder, dass sie einsilbig und einsiedlerisch wurde und kein rechtes Selbstbewusstsein entwickeln konnte. Würde er hier in der Nähe leben, müsste man ihn meiner Meinung nach eindeutig als Verdächtigen in Betracht ziehen.«
Fritzi wirkte angespannt. »Noch einmal: Wenn Sie der Polizei den Namen Ihres Informanten nicht nennen wollen, sind diese Inhalte wertlos. Was soll das also? Wollen Sie sich in unser Ermittlerteam einschleichen, um nachher eine Sensation berichten zu können?«
Unschuldig breitete der Journalist die Arme aus und bog den Oberkörper zurück. »Was denken Sie von mir? Ich wollte Ihnen nur ein paar Infos zukommen lassen. Ich dachte, es wäre wichtig.«
»Mama, was ist ein Infos?«, fragte Klein-Odilo.
sieben
Hocherhobenen Hauptes hatte Pater Timo den Blick auf den Gekreuzigten gerichtet.
»Herr Jesus, nur du allein weißt, wer sich an unserer Mitschwester versündigt hat. Du hast Kenntnis von allem, was sich in unserem kleinen Dorf abspielt. Du siehst in die Herzen der Menschen hinein, du vermagst Dinge vorherzusehen und in die Wege zu leiten. Jetzt zeig doch bitte einmal, dass du dazu auch wirklich in der Lage bist. Öffne dem Mann, den unsere verstorbene Mitschwester angeklagt hat in ihrer Beichte, das Herz und lass ihn reden. Ich darf’s nicht tun. Doch du, oh Herr, du bist allmächtig. Zeig uns den Weg, den Schuldigen zu finden. Ist’s einer von hier? Oder ist’s ein Fremder? Ich hab da meine eigene Theorie. Doch die muss nicht richtig sein. Nur du allein, Herr Jesus, nur du …«
»Timoooooooooooo! Komm schnell! Es ist was passiert!«
Der Schrei hallte durch die Kirche wie grauenvolles Donnergetöse in abgrundtiefer Schlucht. Pater Timo erschrak. Er schlug das Kreuzzeichen, hob den Blick zum Himmel und verabschiedete sich von Jesus Christus. »Also, lieber Herr Jesus, wie besprochen«, warf er dem Kruzifix an der Südwand halblaut zu. »Du wirst für Klarheit sorgen. Bitte gib mir ein Zeichen.«
Dann wandte er sich seiner Schwester zu, die ihn gerufen hatte. »Was gibt’s? Was ist denn schon wieder passiert?« Das Schlimmste, was hätte passieren können, wäre gewesen, dass Campari mir nichts, dir nichts im Hausflur gestanden hätte.
»Allmächd, ein Wasserrohrbruch! Des halberde Haus steht schon unter Wasser. Und i hab’s ned gmerkt. I war im ersten Stock, und wie i runterkomm, steht alles unter Wasser. Allmächd nei, kannst du mir helfen?«
Am liebsten hätte er etwas gesagt wie »Wenn der liebe Gott uns das eingebrockt hat,
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