Kismet Knight – Vampire lieben länger / Roman
sie den Finger neben ihrem Kopf drehte.
Der »Werwolf« knurrte, packte sein Opfer beim Hals und riss ihm ein Stück Fleisch unterhalb des Kinns heraus.
Die Zuschauer johlten und stemmten vor wahnwitziger Begeisterung ihre Fäuste in die Luft.
Der Werwolf stand über seinem Opfer und klopfte sich auf die Brust. Der Halslose blieb ein paar Sekunden regungslos liegen, dann sprang er auf und verneigte sich formvollendet.
Die beiden legten sich gegenseitig die Arme um die Schultern und wurden von der Möchtegernherde verschluckt.
Eine Bewegung erregte meine Aufmerksamkeit, und erstmals bemerkte ich einen großen Mann, der auf einem erhöhten Bereich inmitten der Verrückten stand. Er trug eine dunkle weite Pluderhose, und seine eindrucksvolle nackte Brust war teils von ungewöhnlich langem Haar verborgen. Schwarzes oder sehr dunkelbraunes Haar, das ließ sich im Feuerschein schwer erkennen. Er strahlte Autorität aus, wie er mit leicht gespreizten Beinen und in die Hüften gestemmten Fäusten über der Menge aufragte – als würde er sein Königreich betrachten. Nachdem er den Tanzenden eine Weile zugesehen hatte, hob er seine Arme, worauf die Menge sich teilte und Platz für eine Gruppe schwarzgewandeter Gestalten machte. Sie brachten die Holzkiste, die ich vorhin schon gesehen hatte.
Ich tippte Maxie an und flüsterte: »Wer ist der Dschinn-Typ mit dem langen Haar? Ist er der Boss von diesem Kult? Kennst du ihn?«
Sie nahm die Kamera herunter und betrachtete den Mann. »Ich habe keinen Schimmer, wer das ist. Den sehe ich zum ersten Mal.« Schmunzelnd schaute sie mich an. »Aber ich hätte nichts dagegen, ihn kennenzulernen. Falls er ein Dschinn ist, würde ich jederzeit seine Flasche reiben.«
Beinahe hätte ich laut gelacht, konnte mich aber gerade noch bremsen. »Wem sagst du das?« Ich war zu weit von dem faszinierenden Mann weg, als dass ich hätte erkennen können, ob er so attraktiv war, wie er schien, doch auf jeden Fall hatte er … etwas.
Ein Paar von den Schwarzgewandeten stellte sich zu beiden Seiten der Kiste auf und hob den Deckel. »Das muss wohl der Vampirpfählungsteil des Abendprogramms sein«, murmelte ich.
»Ja, wird auch Zeit! Wenn nicht bald etwas Spannendes passiert, verschwinden wir wieder. Das hier dürfte die langweiligste pseudoparanormale Veranstaltung sein, die mir je untergekommen ist. Tut mir leid, dass ich dich hergeschleppt habe. Ist reine Zeitverschwendung.«
In dem Moment, in dem der Deckel fort war, wedelte der Mann darin mit Armen und Beinen und versuchte, sich aufzusetzen. Der Lärm der Feiernden ließ um einige Dezibel nach, als wollten sie alle hören, wie der Gefangene Obszönitäten brüllte. Und er enttäuschte sie nicht.
Vier Kollaborateure wuchteten den sich wehrenden Gefangenen, einen großen nackten Burschen, aus der Kiste. Jeder hielt ein Arm oder Bein, und so trugen sie ihn zu dem Langhaarigen auf das Podest. Der Lärmpegel stieg wieder an, als die Feiernden sich nach vorn drängten, um besser zu sehen.
Die Gliedmaßen des Opfers wurden zu einem X gestreckt, und die vier Männer legten den Mann auf das Podest. Dort hielten sie ihn fest, während der Anführer sich bückte und etwas aufhob, das nach vier riesigen Nägeln aussah sowie einem dicken Hammer. Dann reckte er die Arme in die Höhe. Sein dunkles Haar fiel ihm über den Oberkörper.
»Meine Kinder! Wir haben uns heute Nacht hier versammelt, um einen verräterischen Vampir zu schlachten. Einen Feind, der wegen Ungehorsams und Betrugs aus seinem Zirkel verbannt wurde. Einen Blutsauger, der dem Willen seines Meisters nicht folgen wollte. Ich frage euch jetzt: Soll er leben oder sterben?« Der Mann hatte eine tiefe befehlende Stimme, die das Chaos mit einer unheimlichen Vertrautheit durchschnitt. Mit seiner Stimme war irgendetwas, nur konnte ich nicht sagen, was.
Dann, wie in einer alten Filmszene, in der die Zuschauer im römischen Kolosseum mit Daumenzeichen über das Schicksal eines Gladiators abstimmten, schrien die Möchtegernvampire im Gruselkabinett auf und wiesen mit den Daumen nach unten.
Wow! Wer hätte gedacht, dass Schauspieler ihre Vorstellung so ernst nahmen?
»So sei es!«, verkündete der Anführer, reichte drei der dicken Nägel einem neuen Helfer, der auf das Podest gestiegen war, und zeigte dem Publikum den verbleibenden Nagel sowie den Hammer, ehe er sich hinunterbeugte und den Nagel durch das Handgelenk des Liegenden trieb. Der Gefangene schrie und zappelte. Sein Spiel war
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