Kismet Knight
ich den Kopf ins Freie streckte, sah ich zu meiner Erleichterung nichts Ungewöhnliches. Niemand brüllte mir Fragen zu. Keine grellen Scheinwerfer, keine Reifenspuren auf dem Rasen.
Ich schloss die Tür ab und kehrte an meinen Schreibtisch zurück.
Der nächste Punkt auf meiner Liste besagte, dass ich mich mit all meinen Patienten in Verbindung setzen, alle Termine absagen oder verlegen musste, die für die nächsten Tage geplant gewesen waren, und dass ich allen Leuten versichern musste, dass die Dinge sich sehr bald wieder normalisiert haben würden.
Ich erreichte die meisten von ihnen und hinterließ den wenigen anderen Nachrichten, die ich sehr allgemein hielt – ich bat sie lediglich, sich bei mir zu melden.
Dann rieb ich mir den Nacken, um meine verkrampften Muskeln zu lockern, und schlurfte zu meinem bequemen Sessel hinüber. Ich angelte nach der Fernbedienung und zappte mich durch die Sender auf der Suche nach anspruchsloser Unterhaltung.
Ich blieb an einer landesweit bekannten Diskussionssendung hängen. Der Moderator war ein aggressives, politisch dogmatisches, streitsüchtiges Großmaul, dessen Gäste vor allem zu dem Zweck eingeladen wurden, ihm jemanden zu liefern, den er anbrüllen konnte. Ich hatte normalerweise nicht viel fürs Fernsehen übrig, und diese Sendung rechtfertigte jeden Bogen, den man um sie machen konnte, aber etwas an dem Thema erregte meine Aufmerksamkeit.
Eine sehr gemischte Gruppe diskutierte über das Ende der Welt. Nun haben Diskussionen über dieses Thema normalerweise einen religiös gefärbten Grundton und sprechen mich nicht sonderlich an, aber die Teilnehmer dieser Gruppe kamen aus ganz unterschiedlichen Lebensbereichen – es waren Wissenschaftler, Parapsychologen, Geistliche, Polizeibeamte und Politiker dabei. Eine höchst ungewöhnliche Kombination von Einstellungen.
Eine ältere weißhaarige Frau aus der Runde stand gerade am Pult. »Die Welt ist von einer sich ausbreitenden Dunkelheit vergiftet. Einer sich immer weiter aufbauenden negativen Energie, die so stark ist, dass sie das Schlimmste in allen Bewohnern dieser Erde hervorbringt. Die Vorstellung, dass in Gedanken und Empfindungen gewisse Schwingungen enthalten sind, ist heute keine Spekulation mehr. Dem Gesetz der Anziehung entsprechend zieht Gleiches Gleiches an, und was wir sehen, stellt den Beweis dafür dar, dass genau dies zurzeit auf der ganzen Welt geschieht.«
Wo hatte ich das nur schon gehört? Es kam mir so vertraut vor. Dann fiel es mir wieder ein: Cerridwyn, die Kartenlegerin, hatte fast exakt dasselbe gesagt.
Aus irgendeinem Grund war mir entgangen, dass das Ende der Welt ein so aktuelles Thema geworden war.
Ich hörte mir die Diskussion an und wartete auf die abfälligen oder spöttischen Kommentare, die normalerweise auf eine solche Aussage folgen, aber sie kamen nicht. Jeder Teilnehmer der Runde schien etwas zu der Diskussion beizutragen zu haben, was mit dieser »sich ausbreitenden Dunkelheit« zu tun hatte.
Ich horchte auf, als sie Denver als eine der Städte an der vordersten Front der Entwicklung nannten.
Ein dunkelhäutiger Mann mit Turban erzählte, ungeklärte Todesfälle und Gewalttätigkeit jeder Art hätten in diesen Städten in einem Maß zugenommen, das über dem landesweiten Durchschnitt lag.
Danach vergingen ein paar Minuten damit, dass sie mögliche Gründe dafür erörterten, dass bestimmte Städte und Landesteile zu Zentren des Bösen geworden zu sein schienen. Sie kamen zu dem Schluss, dass es mit einer psychischen Anhäufung negativer menschlicher Emotionen zu tun haben musste – Hass, Furcht, Groll, Schuldgefühle, Wut, Scham – und dass so die Bedingungen geschaffen worden waren, die zunehmende Gewalt, Manipulation, Intoleranz, Kontrollsucht und Destruktivität erlaubten.
Die weißhaarige Frau erklärte: »Dass die Menschen so auf Furcht, Hass und Gewalt fixiert sind, hat zu einer höheren Konzentration solcher Emotionen an denjenigen Orten im Land geführt, wo zugleich auch hohe Werte an hoffnungsvoller, optimistischer und erleuchteter Energie bestehen. Mit anderen Worten: Diese Orte weisen eine höhere positive ebenso wie eine gesteigerte negative Energie auf.
Unsere Aufgabe besteht jetzt darin, eine Entscheidung zu treffen zwischen Liebe, Mitgefühl und Toleranz einerseits und Hass, Furcht und Krieg andererseits. Ein wahres, archetypisches Armageddon.«
Das Ganze hörte sich in meinen Ohren so nach New Age an, dass ich geradezu schockiert war, als die
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