Kiss and kill: Thriller (German Edition)
einem Punkt in seinem Leben angekommen, an dem er mehr wollte. Mehr, als er das Recht besaß je zu wollen oder zu erwarten.
Ging es Nic genauso? War auch sie eine Gefangene ihrer Vergangenheit wie er?
Dru Tanner rieb sich mit Sonnenlotion ein, Lichtschutzfaktor 15, gerade ein Minimum an Schutz. Sie konnte sich glücklich schätzen, dass sie außer den rotbraunen Haaren und den braunen Augen auch den dunklen Teint ihrer Mutter geerbt hatte. Während der Sommermonate hielt sie ihre Bräune mit regelmäßigen Sonnenbädern am Pool, während der Wintermonate mit der Sonnenbank in dem Fitnesscenter, dessen Geschäftsführerin sie war. Ihre Mutter, der das »Great Bods« gehörte, hatte sich bereits halb in den Ruhestand zurückgezogen, obwohl sie erst fünfundfünfzig war. Dru hatte Glück, dass sie nach der Geburt ihrer Tochter, die inzwischen drei Jahre alt war, ihren Körper schnell wieder in Form gebracht hatte und die Schwangerschaft sie kaum veränderte.
Dru wusste, dass sie nicht schön war, dass ihre Augen und ihre Nase zu groß waren und ihr Mund zu klein. Deshalb lag ihr an ihrem größten Kapital, ihrer Figur. Sie hatte große Brüste, lange Beine und schmale Hüften. Natürlich erzählte Brian ihr dauernd, sie wäre wunderschön. Gott mochte ihren Ehemann dafür segnen, dass er sie anbetete. Ihr superkluger, büchervernarrte Ehemann. In ihrem Fall stimmte der Spruch, dass Gegensätze sich anzogen. Das Klügste, was sie jemals gemacht hatte, war, Brian zu heiraten. Und es war das Beste für das Baby. Sie hatte sich gesorgt, dass sie zu egoistisch wäre, um eine gute Mutter zu sein, und vielleicht wäre sie nie die klassische Mom geworden, aber für Brianna würde sie sterben. Nichts war ihr wichtiger als ihr Kind.
»Guck mal, Mommy«, rief Brianna ihr vom Pool zu, wo Brian neben ihr blieb, während sie im Flachen von einem Ende zum anderen schwamm.
Dru klatschte begeistert. »Spitze, Zuckermäuschen! Wow, Brianna!«
Brian hob seine Tochter aus dem Pool und setzte sie auf die Veranda. Sie lief auf Dru zu, die ein riesiges Badelaken für sie ausgebreitet hielt. Darin wickelte sie Brianna ein, bevor sie die Kleine auf ihre Liege hievte. Brianna gluckste fröhlich, als Dru sie von oben bis unten abrubbelte.
Brian kam aus dem Wasser und zu ihnen. Er war relativ klein, schmal und braungebrannt. Drei Mal die Woche ging er ins Fitnesscenter, aber nur, um Dru einen Gefallen zu tun. Sie wusste, dass er lieber lesen, Kreuzworträtsel lösen oder Computerspiele spielen würde als zu trainieren.
»Wie schrecklich, dass der Sommer bald vorbei ist«, sagte Dru. »Hätten wir doch nur einen beheizten Pool, den wir das ganze Jahr nutzen können!«
Brian beugte sich vor und küsste sie auf die Nasenspitze. »Vielleicht können wir deine Mutter überreden, ein Schwimmbad ans Fitnesscenter anzubauen.«
Brianna wühlte sich aus Drus Schoß und schmiegte ihren Kopf an Brians haarlose Brust.
»Ich hatte das schon im Frühjahr erwähnt, und sie meinte, sie würde drüber nachdenken. Aber du kennst doch meine Mom. Sie hasst Veränderungen wie die Pest.«
»Vielleicht kannst du Jerry sagen, dass er mit ihr reden soll. Er scheint im Moment mehr Einfluss auf sie zu haben als du oder Ali oder Deb.«
Brian hatte recht. Der neue Freund ihrer Mutter könnte sie zu allem überreden. Dru hatte nichts gegen Jerry, auch wenn er zehn Jahre jünger war als ihre Mom, also gerade mal zehn Jahre älter als ihre Schwester Deb. Es wurde getratscht, weil Deb zuerst mit Jerry ausgegangen war und er auf diese Weise ihre Mutter kennengelernt hatte. Dru vermutete, dass sich die Leute nicht zu Unrecht das Maul zerrissen, und, bei Gott, Deb und Ali hassten ihn abgrundtief. Aber Jerry machte ihre Mom glücklich, glücklicher als sie jemals war, seit ihr Dad vor fünf Jahren gestorben war. Und solange ihre Mom glücklich war, schien Dru alles andere nebensächlich.
»Er hat ihr einen Antrag gemacht«, sagte Dru.
»Was?«
»Sie hat mich heute Morgen angerufen, als wir uns gerade für die Kirche fertig machten. Gestern Abend hat er ihr einen Antrag gemacht. Er schenkte ihr einen Diamantring, ging in die Knie und sang sogar für sie.«
Brian lachte. »Das muss man dem Kerl lassen, er weiß, wie man einer Frau schmeichelt. Der tänzelte im Walzerschritt ins Leben deiner Mom und zog ihr glatt den Boden unter den Füßen weg.«
»Meinst du, er liebt sie? Ich meine, so richtig?«
Brian zuckte mit den Schultern. »Wer weiß? Er benimmt sich, als
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