Kiss and kill: Thriller (German Edition)
ausschließlich über den Fall gesprochen. Was auch immer am Vorabend an seltsamem Zauber zwischen ihnen gewesen sein mochte, schien bei Tageslicht deutlich weniger. Nic hätte gern gesagt, er wäre gänzlich verschwunden, aber das stimmte nicht. Zum Glück ließ körperliche Anziehung sich kontrollieren, und sie hatte fest vor, genau das zu tun. Unter keinen Umständen wollte sie zur sprichwörtlichen Kerbe an seinem Bettpfosten werden.
Griff stand zu seinem Wort und hielt sich zurück, solange sie in Charlotte waren. Er tat sein Bestes, die Presse zu meiden, während er Nic auf Schritt und Tritt folgte. Und er mischte sich niemals in ihre Arbeit ein.
Als sie beschloss, nach D.C. zurückzukehren, und Griff ihr seinen Jet anbot, lehnte sie zunächst ab.
Aber dann sagte er: »Ich dachte, wir wären jetzt Freunde.«
»Keine Freunde«, korrigierte sie ihn. »Freundschaftliche Bekannte.«
»Wie wäre es mit freundschaftlichen Kollegen?«
»Bekannte.« Sie waren keine Kollegen. Nic war FBI-Agentin, eine autorisierte Polizistin. Griff hingegen war ein Privatdetektiv, der oft seinen Reichtum, seine Macht und seine Berühmtheit nutzte, um Regeln so hinzubiegen, wie es ihm gefiel.
Er hatte genickt, ohne ihrer Einschätzung der Beziehung verbal zuzustimmen. Also hatten sie es dabei belassen. Dennoch flog sie an dem Tag in seinem Jet nach D.C., und wieder einmal beschränkte sie die Unterhaltung strikt auf Berufliches.
»Er wird uns nicht wieder anrufen, ehe er hat, was er verlangt, stimmt’s?«, hatte sie Griff gefragt.
»Bisher ist eine knappe Woche vergangen, ohne dass er einem von uns einen Hinweis gab. Und soweit wir wissen, hat er noch keine Frau entführt, auch wenn wir uns in dem Punkt nicht sicher sein können.«
»Vielleicht sollte ich der Presse erzählen, dass er sich selbst ›der Jäger‹ nennt, und abwarten, was geschieht. Aber mir widerstrebt es, seinem Befehl nachzugeben.«
»Ja, ich weiß. Leider sieht es so aus, als müssten wir vorerst nach seinen Regeln spielen. Er braucht das Gefühl, dass er mächtiger ist als jeder Einzelne von uns.«
»Oder als wir beide gemeinsam.«
Vor vier Stunden waren sie in D.C. gelandet, wo Nic geradewegs in ihr Büro fuhr, um eine Pressemitteilung zu formulieren. Danach war sie mit Griff zu ihrem Haus in Woodbridge gefahren.
Wie lange würde es dauern, bis die Presseerklärung über die Sender lief? Sofort? Heute Abend? Morgen? Wann erfuhr der Jäger, dass er diese Runde gewonnen und Nic ihm gegeben hatte, was er wollte?
Weder sie noch Griff hatten darüber gesprochen, ob er über Nacht in der Gegend blieb, und als er mit ihr nach Hause kam, hatte auch keiner von beiden erwähnt, wann er wieder gehen würde. Nic hatte Pizza zum Abendessen bestellt, und sie mussten lachen, als sie feststellten, dass sie beide sie am liebsten mit extradünnem Boden und dick belegt mit verschiedenen Fleischsorten und schwarzen Oliven mochten.
Nun hockten sie im Wohnzimmer auf dem Fußboden, tranken ein zweites Bier und sahen zu dem letzten Stück Pizza auf dem Couchtisch.
»Wir können es uns teilen«, schlug Griff vor.
Nic winkte ab. »Nein, nein, nehmen Sie nur. Ich hatte drei große Stücke, mehr brauche ich wirklich nicht.«
»Tja, wenn Sie drauf bestehen.« Griff hob das üppige, käsetriefende Pizzastück an seinen Mund, grinste Nic zu und biss herzhaft hinein.
Nic sah ihn an. Wenn ihr vor Monaten jemand gesagt hätte, dass sie und Griff sich jemals vertragen würden, hätte sie ihn für verrückt erklärt. Jahrelang hatte sie den Mann nicht ausstehen können. Nicht ausstehen? Wohl eher aufrichtig verabscheut. Und sie hegte keinerlei Zweifel, dass es ihm umgekehrt genauso ging. Früher konnten sie nicht einmal dieselbe Luft atmen, ohne sich gegenseitig erwürgen zu wollen.
Also, was hatte sich verändert?
Sie nicht. Und er auch nicht. Sie beide waren dieselben Menschen wie immer.
»Was ist los?«, fragte er, nachdem er seinen letzten Bissen gegessen hatte, und nahm seine Bierflasche auf.
»Hmm?«
»Sie sehen mich so seltsam an«, sagte er. »Habe ich Tomatensauce im Gesicht oder Fleischreste zwischen den Zähnen?«
»Nein, ich dachte nur gerade, wie merkwürdig das ist, dass wir beide bei Pizza und Bier in meinem Wohnzimmer sitzen.«
»Freundschaftliche Kollegen oder Bekannte tun so was.«
»Ja, ich weiß, aber das macht es ja gerade so komisch. Bis vor ein paar Monaten konnten Sie und ich nicht einmal eine zivilisierte Unterhaltung führen.«
Griff lächelte.
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