Kissed by Darkness
prickelten leicht. »Wenn ich in der Nähe von Edelsteinen bin, fühle ich …« Ich zögerte, unschlüssig, wie ich das erklären sollte. »Ich fühle Hitze. Nicht wie Körperwärme. Sondern eher wie … Energie. Sie ist warm und kribbelt. Manchmal ist sie warm und faserig und manchmal fühlt sie sich fast … zerklüftet an. Irgendwie disharmonisch.« Klingt irgendwie bescheuert, aber so war es nun mal. Als Kind liebte ich es, in dem Edelsteingeschäft am Ende unserer Straße herumzulungern. Damals erkannte ich nicht, was genau es war, das mich so anzog, aber inzwischen weiß ich, dass es die Energie war, die von den Steinen ausging.
»Natürlich fühlst du es. Wir alle haben natürliche Neigungen.« Cordelia führte mich in ihr vollgestopftes Wohnzimmer. »Und in deiner Natur liegt es, die Energie der Dinge um dich herum anzuziehen. Da Edelsteine Energien bündeln und leiten, fühlst du es bei ihnen natürlich besonders stark. Und der Amethyst ist immerhin dein Geburtsstein.«
Da hatte sie recht. Gruselig, wenn man mal bedachte, dass ich ihr nie gesagt hatte, wann mein Geburtstag war.
Bastet hatte sich auf den Sofakissen drapiert. Hochmütig musterte sie mich, als ich mich auf den einzigen freien Stuhl fallen ließ. Was hatte diese Katze für ein Problem?
Cordelia rückte Papierstapel, Bücher und etwas, das wie eine Sternenkarte aussah, herum, bevor sie sich in den Stuhl mir gegenüber sinken ließ. Wir sprachen nicht, während sie uns eine Tasse des schon bereitstehenden Tees einschenkte. Stille kann so tröstlich sein.
Beim ersten Schluck Tee, den sie großzügig mit Milch und Zucker vermischt hatte, seufzte ich glücklich. Die scharfen Aromen von Ingwer und Zitrone stiegen mir in die Nase und ich bekam plötzlich Lust, Kekse zu backen.
»Du bist nicht verrückt, weißt du.«
»Hä?« Ihr Kommentar traf mich vollkommen unvorbereitet.
Sie sah mich fest an. »Du weißt, was ich meine. Diese Träume. Du wolltest niemandem davon erzählen, aus Angst, dass es sich verrückt anhören könnte. Aber ich habe sie schon gesehen.«
»Du hast sie gesehen ?«
»Teile davon. Sie treiben noch immer durch deinen Geist und ich kann sie sehen, wann immer sie an die Oberfläche deines Bewusstseins treiben.«
Ich wusste nicht, was ich darauf erwidern sollte, aber irgendwie war ich erleichtert, dass noch jemand über die Träume Bescheid wusste. Jemand, der mich offensichtlich nicht für verrückt hielt.
»Erzähl mir davon.«
Mehr brauchte ich nicht zu hören. Ich berichtete Cordelia von den Träumen, von der Jagd am Fluss und davon, was mit der Dunkelheit geschehen war. Ich erzählte ihr von Inigo und davon, dass ich nicht mehr wusste, was zwischen uns geschehen war.
»Ich glaube, da war etwas mit seinen Augen.« Stirnrunzelnd blickte ich in meine Tasse. »Ich … ich kann mich nur einfach nicht erinnern.«
»Mit seinen Augen?« Sie zog die Beine an, bis sie im Lotussitz saß, und beugte sich aufmerksam zu mir vor. Mir fiel auf, dass ihre Zehennägel knallblau lackiert waren.
Ich zuckte mit den Schultern. »Ich glaube, das hätte ich eigentlich gar nicht sehen sollen, was auch immer es war. Aber ich habe es nun mal gesehen. Nur … na ja, allmählich glaube ich fast, dass das alles auch nur ein Traum war.«
Bastet streunte zu Cordelia hinüber und sprang ihr auf den Schoß. Mit ihren großen, gelben Augen starrte mich die Katze an, ohne zu blinzeln. Es war unglaublich entnervend. Cordelia nippte an ihrem Tee und streichelte tief in Gedanken versunken über Bastets Fell. »Nein, es war kein Traum. Das glaubt Bastet auch. Es war sehr real.«
Ich musterte Bastet und versuchte zu sehen, was Cordelia sah. Aber für mich war sie nur eine ganz gewöhnliche Katze. »Aber warum kann ich mich dann nicht erinnern?« Ich beugte mich ebenfalls vor, ein wenig verlegen. »Ich kann mich nicht einmal daran erinnern, ob wir … ähm … du weißt schon, miteinander geschlafen haben. Und das sollte ich doch wohl, oder? Ich meine, ob wir es getan haben oder nicht.« Gott, ich benahm mich wie eine Sechzehnjährige. »Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir es nicht getan haben, aber eben nicht ganz.«
Cordelia runzelte die Stirn. »Tja, das kann ich dir leider auch nicht sagen. Ob Inigo und du Sex hattet, kann auch ich nicht sehen. Oder Bastet. Aber wir glauben auch nicht, dass es wichtig ist.« Nicht wichtig? War sie verrückt? »Wir glauben, dass es einen Grund gibt, weshalb du dich nicht an das erinnern kannst, was du gesehen
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