KISSED
gesehen?«
»Ja.« Ich versuche zu lächeln, aber plötzlich kommt mir das gar nicht mehr so cool vor. Ich meine, was ist eine Prinzessin schon? Lediglich jemand, der in der Geburtenlotterie den Jackpot geknackt hat und deshalb nichts zu tun braucht, aber trotzdem alles hat, während wir übrigen armen Teufel schwitzen. Im wahrsten Sinne des Wortes. Es ist so heiß, dass ich erschauere.
Aber Mom möchte, dass ich ihr davon erzähle. »Wie fandest du sie? War sie schön? War sie betrunken? Hat sie eine Million Dienstboten?«
»Nun, wir – Ryan und ich – haben gesehen, wie sie eingecheckt hat. Ich dachte schon, Farnesworth würde seine Zunge verschlucken. Und sie hat einen Hund, einen Bloodhound.«
Mom lacht. »Dein Vater hätte auch immer gern einen Bloodhound gehabt.« Sie wirft einen Blick zum Bücherregal hinüber, auf das zwanzig mal fünfundzwanzig Zentimeter große Hochzeitsfoto, das sie dort aufgestellt hat. Mein Blick folgt ihrem. Sie hat ein paar Kerzen rausgeholt, weiße in einem Glas, wie sie zur Hurrikan-Saison im Supermarkt verkauft werden. Mom hat immer welche davon da, falls der Strom abgeschaltet wird. Sie hat sie um das Bild meines Vaters herum drapiert, so dass es wie eine Art Schrein wirkt.
Mein Vater muss ein Volltrottel sein. Als ich zwei war, ist er morgens zur Arbeit gegangen und einfach nicht zurückgekommen.Jahrelang hat meine Mutter nach ihm gesucht, hat zwielichtige Privatdetektive angeheuert, die seinen Führerschein und seine Sozialversicherungsnummer überprüften, um herauszufinden, ob er irgendwo arbeitet. Sie suchten auch online nach ihm. Nichts. Wie dieses Buch, das ich mal in einem Antiquariat entdeckt habe. Der Titel war How to Disappear Completely and Never Be Found, also Wie man verschwindet, ohne je gefunden zu werden . Darin war genau beschrieben, wie man seinen eigenen Tod fingiert und dann eine neue Identität annimmt.
Es könnte natürlich auch sein, dass er tatsächlich tot ist.
»Weißt du«, sage ich zu Mom. »Jemand hat mir mal gesagt, dass man eine Person für tot erklären lassen kann, wenn sie seit sieben Jahren vermisst wird. Dann würdest du Sozialhilfe bekommen.«
»Er ist nicht tot.«
Das haben wir alles schon x-mal durchgekaut. »Woher willst du das wissen?«
»Als wir auf der Highschool waren, brachte er mir jeden Tag Blumen und flocht sie mir ins Haar.«
Ich glotze sie verständnislos an. »Und was genau hat das jetzt damit zu tun?«
»Wenn jemand dein Seelenverwandter ist«, sagt sie, »dann weißt du es, wenn er tot ist.«
Ich schüttle den Kopf. Ich finde, wenn sie wirklich diese gigantische Liebesgeschichte gehabt hätten, dann wäre er nicht einfach gegangen. Aber das wird sie nicht hören wollen. »Wir könnten die Sozialhilfe jetzt echt gut gebrauchen.Willst du das Geschäft verlieren und für immer und ewig bei Love That Dog arbeiten?«
»Erzähl mir mehr von der Prinzessin«, sagt sie. Offensichtlich möchte sie das Thema wechseln.
»Sie steht auf Schuhe. Meg sagt, ich soll sie dazu bringen, einen meiner Entwürfe zu tragen. Aber ich glaube, das ist Quatsch.« Vor einer Stunde habe ich noch nicht gedacht, dass es Quatsch wäre, aber vor einer Stunde habe ich auch noch nicht so geschwitzt. Jetzt kommt es mir völlig verrückt vor zu glauben, jemand wie Victoriana könnte etwas mit jemandem wie mir zu tun haben wollen. Ich meine, natürlich war sie nett zu mir. Sie wurde von Geburt an darauf getrimmt, nett zu sein. Nett sein ist leicht, wenn man alles hat.
Aber Mom ist ungeheuer scharf darauf, von etwas anderem zu reden als darüber, wie pleite wir sind. »Was für eine wunderbare Idee. Meg hat recht. Dass sie hier im Hotel wohnt, ist deine Chance. Das ist Schicksal.«
Die Hitze hämmert auf meinen Schädel ein, bis ich rote und schwarze Punkte vor den Augen sehe. Ich will zurück zur Arbeit, weil es dort zumindest kühl und ruhig ist.
»Wie kannst du an diese … Hirngespinste glauben? Fakt ist, dass Dad nie mehr zurückkommen wird und dass ich die Prinzessin nie wiedersehen werde. Uns wird nie etwas Gutes passieren. Das ist Schicksal.«
Sie erwidert nichts, sondern nimmt eine Zeitschrift und fächelt sich Luft zu, wobei sie ihr Gesicht verdeckt.Sofort fühle ich mich schlecht. Sie hat nicht darum gebeten, arm zu sein. Sie hat nicht darum gebeten, dass mein Vater sie verlässt. Sie hat ihr Bestes getan. Ich will mich entschuldigen, aber es ist selbst zum Sprechen zu heiß.
Schließlich sagt sie: »Wenn ich nicht daran glauben
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