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Klammroth: Roman (German Edition)

Klammroth: Roman (German Edition)

Titel: Klammroth: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isa Grimm
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groß für so was, sie wird ihre eigenen Probleme haben, und da kann sie keine Mutter gebrauchen, die regelmäßig   … die so ist wie ich. Schwörst du mir, dass du immer für sie da sein wirst?«
    »Natürlich bin ich für sie da. Aber was ist mit dir? Ich hab Angst um dich, Anais.«
    »Ich bin da, wo ich hingehöre.« Sie lächelte zaghaft. »Ich bin zu Hause.«
    Damit drückte sie das Gespräch weg und ließ das Handy achtlos in den Schlamm fallen. Einen Moment lang konnte sie sich nicht bewegen, nicht einmal den Blick senken, um nach Nele zu sehen. Es kostete sie eine Menge Kraft, ihre Betäubung abzuschütteln und sich wieder aufzuraffen.
    Nele atmete stoßweise. Konnte sie ohne Augen eigentlich weinen?
    »Wir gehen jetzt weiter«, sagte Anais sanft. »Ich glaube, jemand wartet auf uns.«
    »Es tut so weh«, flüsterte Nele und übertönte kaum das Prasseln des Regens. »Kannst du machen, dass der Schmerz aufhört?«
    Anais vergrub das Gesicht in den Händen, konnte aber keinen vernünftigen Gedanken fassen. Dann ruckte ihr Kopf hoch, und sie schaute sich im stockdunklen Wald um. War der alte Mann irgendwo da draußen? Beobachtete er sie gerade?
    »Kannst du das Gleiche machen wie er?«, fragte Nele brüchig.
    »Ich bin nicht wie er.«
    Nele öffnete und schloss den Mund wieder, als hätte sie versucht, etwas zu sagen, das dann doch nicht über ihre verbrannten Lippen kommen wollte.
    »Ich   …« Anais brach ab und wandte das Gesicht zum Nachthimmel. Sie spürte der Nässe nach, die über ihre Stirn und ihre Wangen lief, dann griff sie sich ins Haar und zog es herunter, schleuderte es ins Unterholz und atmete tief durch, als die Tropfen auf ihre bloße Kopfhaut prasselten.
    »Bitte«, flehte Nele.
    Anais sah wieder zu ihr hinab, dann beugte sie sich vor und küsste sie. Küsste sie auf den Mund und spürte zugleich, wie sich in ihr ein Sog bildete, ein Strudel, der etwas aus Nele herausriss, zu hastig und zu grob, ohne die Erfahrung, die von Stille damit hatte, fast so unbeholfen und holprig wie der erste Sex.
    Es war leichter, als sie befürchtet hatte. Und es fühlte sich so gut an. Sie konnte spüren, wie sich neue Reserven in ihr bildeten und Nele sich entkrampfte. Einen Momentlang redete sie sich ein, wie viel Gutes sie bewirken könnte und dass selbst von Stille anderen Menschen auf diese Weise geholfen hatte. Ehe die Sucht danach immer stärker geworden war und der Peiniger, der Quälgeist, das Bedürfnis gehabt hatte, eigenhändig Schmerzen zuzufügen. Selbst jetzt regte sich in ihr der Gedanke, Nele ein wenig fester anzufassen, nur ganz behutsam, und als ihr das klar wurde, bemerkte sie, dass sie es bereits tat und Nele schmerzerfüllt aufstöhnte.
    Anais riss den Kopf zurück. Der Schmerz wollte sie nicht gehen lassen. Er forderte, dass sie weitermachte, wollte zu ihr, und sie wollte ihn in sich aufnehmen, und wenn dabei noch ein wenig mehr Schmerz verursacht werden würde, ja, was war denn schon dabei?
    Sie robbte auf Händen und Füßen rückwärts auf den Waldweg, ein Stück von Nele fort, und wartete, bis sie wieder klar denken konnte, klar genug jedenfalls, um zu widerstehen und nicht nachzugeben. Niemals wieder nachzugeben.
    »Wir müssen weiter«, raunte Nele mit ihrer gebrochenen Stimme.
    Anais stand schwankend auf, hielt noch einen Moment lang inne und lauschte auf das Sirenengeheul, das von den Berghängen zurückgeworfen wurde. Es konnte nicht lange dauern, ehe Herzog auf die Idee kam, am richtigen Ort nach ihr zu suchen. Sie musste vor ihm dort sein.
    Sie schlug die Decke wieder enger um Nele und hob sie hoch. Der Drang war noch da, aber schwächer als zuvor. Noch hatte sie sich unter Kontrolle, doch das würde nicht ewig so bleiben.
    Stolpernd lief sie weiter durch das Unwetter, durch Pfützen und Schlamm und die Finsternis des Waldes. Der Wegendete irgendwann, und obwohl sie kaum etwas sehen konnte, wusste sie, dass sie bald am Ziel sein würden.
    Die Felswand war eins mit dem Nachthimmel, darum bemerkte sie zuerst den Wall aus Brennnesseln. Sie hielt Nele so hoch sie konnte, ertastete mit dem Fuß die Bruchkante der ehemaligen Straße und stieg auf den Asphalt. Vor ihr lagen nur noch wenige Meter, die gemauerte Trasse unmittelbar vor dem Tunneleingang. Der Boden war glatt von Laub und Wasser, aber sie hielt sich auf den Beinen, durfte jetzt nicht stolpern, sich durch nichts und niemanden aufhalten lassen.
    Noch einmal blieb sie stehen, nur ein paar Meter vom Tor entfernt. Sie konnte

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