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Klammroth: Roman (German Edition)

Klammroth: Roman (German Edition)

Titel: Klammroth: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isa Grimm
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wie ein Tier.
    Er rief jetzt nicht mehr nach ihr. Seine Schritte waren schneller und regelmäßiger geworden. Kein Stolpern mehr, nichts, das ihn aufhielt. Er konzentrierte sich jetzt ganz auf die Jagd.
    Sie hielt noch immer einen Abstand zum Gebäude, um von dort aus nicht gesehen zu werden. Vielleicht war das dumm. Vielleicht hätte gerade das sie retten können. Aber, verdammt, sie würde nicht aufgeben, nicht jetzt, nicht wegen ihm .
    Erst an der Rückseite rannte sie aus dem Schutz der Bäume und überquerte eine kleine Wiese. Der Hintereingang, den sie gesucht hatte, befand sich oberhalb einiger Stufen. Er war nicht für Patienten gedacht.
    Ihr Vater hatte Anais vor Jahren davon erzählt, kurz nachdem ihre Stiefmutter ihn verlassen hatte. Sie hatte ein geräumiges Apartment im Dachgeschoss der Klinik mit einem privaten Zugang bezogen. Falls Anais sich täuschte und die Schlüsselkarte die Tür nicht öffnete, hatte sie ihreeinzige Chance verspielt. Dann würde ihr keine Zeit mehr bleiben, ihrem Verfolger erneut zu entkommen.
    Eriks Schritte erklangen hinter ihr auf dem Gras, dumpf und schwer, aber ungeheuer schnell, als hätte er all die Jahre über nicht nur seine Muskeln, sondern auch seine Geschwindigkeit trainiert.
    Sie sprang die Stufen hinauf und hatte dabei schon die Karte in der Hand. Ihr blieb keine Zeit mehr, um die Beschriftung zu kontrollieren. Es war die oberste gewesen, ganz sicher. Es musste die oberste sein.
    Im fahlen Schein einer Lampe über der Tür riss sie die Karte durch den Schlitz des Schließmechanismus.
    Erik erreichte den gepflasterten Weg am Fuß der Treppe.
    Eine Leuchtanzeige sprang von rot auf grün. Im Inneren des Schlosses klickte es.
    Anais packte den Griff und stieß die Tür nach innen. Auf der anderen Seite schaltete ein Bewegungsmelder die automatische Beleuchtung ein.
    Sie hörte Erik auf den unteren Stufen und sah sich ein letztes Mal um. In der linken Hand hielt er eine schwarze Stablampe, so lang wie ihr Unterarm.
    Anais schob sich durch den Türspalt in ein menschenleeres Treppenhaus: weiße Wände, graue Stufen, ein Feuerlöscher in einer Nische.
    Sie wirbelte herum und warf sich gegen die Tür, damit sie hinter ihr ins Schloss fiel.
    Eriks Arm schoss vor und rammte dagegen.
    »Nein!« , entfuhr es ihr zornig.
    Dann stieß er sie mit der Tür zu Boden und betrat das Treppenhaus.

28
    Sie stürzte auf den Rücken und spürte zum ersten Mal seit letzter Nacht das Stechen zwischen den Wirbeln wieder. Nicht so heftig wie gestern, aber schmerzhaft genug. Ein zorniges Heulen kam über ihre Lippen. Zugleich kroch sie rückwärts, um sich an der Wand nach oben zu schieben.
    Hinter Erik fiel die Tür ins Schloss. Er stand breitbeinig vor ihr, die Stablampe in der einen Hand, und nahm mit der anderen die Brille ab. Das rechte Glas war fort, der linke Bügel hing lose herunter. Ein Wunder, dass er sie beim Laufen nicht verloren hatte.
    »Verdammte Scheiße!« Mit leichtem Blinzeln blickte er auf das Brillenwrack in seiner offenen Hand und ballte impulsiv die Finger darum zur Faust. Der Rahmen zerbrach mit einem Laut wie von berstenden Tierknochen. Ein wenig unschlüssig stand er mit den Resten da, dann stopfte er sie in seine Hosentasche.
    Sein Blick richtete sich auf Anais am Boden. Er kniff die Augen ein wenig zusammen.
    »Das hätte nicht sein müssen«, sagte er.
    »Was willst du von mir?« Ihr Hinterkopf stieß gegen die Treppenhauswand, aber als sie versuchte, sich daran nach oben zu stemmen, war es, als wollte jemand ihre Wirbel auf eine lange Nadel fädeln. Ächzend sackte sie zurück.
    »Komm, steh auf.« Erik streckte ihr die freie Hand entgegen, aber sie schlug das Angebot aus.
    »Hast du sie umgebracht?«
    »Deine Stiefmutter?« Ein Irrlichtern in seinem Blick. »Nein.« Hätte er auch nur ein wenig verblüffter über diesenVorwurf ausgesehen, dann hätte sie versuchen können, ihm zu glauben. Aber die Antwort kam zu schnell.
    »Shit, du warst das! Du hast sie getötet und dann das Haus angezündet!«
    »Warum hätte ich das tun sollen?«
    Sie versuchte erneut, ohne seine Hilfe aufzustehen. Diesmal brachte sie es zumindest fertig, sich mit dem Rücken gegen die Wand zu lehnen. Statt vor ihm zu liegen, saß sie jetzt aufrecht   – allerdings noch immer zu seinen Füßen. Von hier unten aus erschien er drei Meter hoch und zwei Meter breit, ein Muskelmutant mit einer Lampe, die aussah wie eine Panzerfaust.
    »Du steckst mit Sebastian unter einer Decke.« Ihr Herz

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