Klappohrkatze auf Reisen
Glück sind im Moment keine neuen Toten zu beklagen, aber es herrscht immer noch Trauer. Ich merke, dass ich in Filmen weine, bei denen ich früher niemals geweint hätte. Häufig erwische ich mich sogar dabei, bei schlechten Sitcoms zu weinen, in denen es um Abschiede geht (und glauben Sie mir, irgendetwas stimmt nicht mit einem, wenn man bei der Wiederholung von Familienbande weint, wenn Alex aufs College geht). Aber dagegen kann man nichts machen. Es hat keinen Einfluss auf mein Leben. Ich habe genauso viel Spaß wie früher. Ich lache genauso viel wie früher. Es ist nur so, wenn man älter wird, wird das Leben ein wenig, aber unabänderlich trauriger.
Auch Beziehungen verändern sich.
Ich bin natürlich immer noch verrückt nach meiner Mutter. Sie ist die coolste Mutter, die man sich vorstellen kann. Aber obwohl sie mit ihrem Witwendasein wunderbar fertig wird, ist sie ängstlicher geworden, als sie es früher war. Sie hat sich ihr ganzes Leben lang um meinen Vater gekümmert. Jetzt klafft da eine Lücke: Sie braucht etwas und jemanden, um den sie sich kümmern kann. Ich merke, dass ich viel weniger Geduld mit ihr habe, dass ich beim kleinsten Anlass gereizt reagiere. Es liegt nicht an ihr. Sie ist immer noch toll. Es hat lediglich mit meiner Reaktion auf die Tatsache zu tun, dass auch sie älter wird und nicht dieselbe ist – und auch nicht sein kann –, die sie früher war.
Wahrscheinlich mag ich einfach nicht, wenn sich Dinge verändern, aber wie ich das verhindern kann, habe ich noch nicht herausgefunden.
Mein Bruder Eric – derjenige, der dafür verantwortlich ist, dass ich Norton bekam – und ich reden nicht mehr miteinander. Ich dachte, dass er sein Leben ruiniert, und habe den Fehler gemacht, ihm das ganz unverblümt zu sagen. Er war sich ebenso sicher, dass ich unrecht hatte. Und dass es mich übrigens nichts anging, was sich im Nachhinein auch nicht leugnen lässt. Also machte er mir in einem ganz besonders schmerzlichen Gespräch klar, dass wir zwar irgendwann, als wir jünger waren, sehr, sehr gute Freunde waren, aber nun getrennte Wege gehen würden.
Ich komme aus einer Familie, die immer ein extrem enges und liebevolles Verhältnis miteinander hatte. Und es ist mein ganzes Leben lang eng gewesen. Dieses Fundament war immer ein wichtiger Bestandteil meiner Identität. Aber irgendwie ist, anscheinend unaufhaltsam, diese Familie und dieses Fundament zerbröselt. Die Familie existiert nicht mehr. Sie ist weg, und das ist eine Veränderung, an die man sich nur schwer und schmerzhaft gewöhnt.
Auch Freundschaften verändern sich. Es war interessant, die Reaktionen zu beobachten, als Janis und ich nach Frankreich aufbrachen. Viele meiner Beziehungen sind beruflicher Art. Als Verleger kaufe ich Bücher von Agenten und arbeite eng mit Autoren zusammen. Als ich von der Firmenleitung zurücktrat, war es erstaunlich zu sehen, welche Agenten nicht mehr anriefen, weil sie mich nicht mehr als nützlich einstuften, und welche Autoren plötzlich merkten, dass andere Leute vielleicht die lohnenderen Tischgenossen waren. Manche Leute nahmen es mir, glaube ich, übel, dass ich tatsächlich versuchte, ein schöneres Leben zu führen. Manche dachten gar nicht so viel darüber nach und wandten sich einfach jemandem zu, der ihnen besser helfen konnte.
Selbst persönlichere Freundschaften durchliefen Veränderungen. Einige sehr enge Freunde nahmen uns unsere Abreise übel und verstanden nicht, warum wir neue Freundschaften und neue Erfahrungen suchten. Sie fühlten sich dadurch irgendwie zurückgesetzt. Also veränderten sich zu meinem großen Erstaunen bestimmte Beziehungen, manche wenig, manche gar nicht, aus Gründen, die ich weder beeinflussen noch begreifen konnte.
Eine große Veränderung, die ich selbst bewirkt habe, ist die, dass meine Flucht aus dem Firmenleben endgültig war. Kürzlich bot man mir die Chance, auf die Überholspur im Verlagswesen zurückzukehren und einen sehr großen Verlag zu führen. Das hätte eine Menge Prestige und mehr Geld gebracht, als ich je zu verdienen dachte. Aber nach einer qualvollen Woche, in der ich mir Sorgen um meine Zukunft machte und von einem großen Haus in der Provence träumte, das ich mir dann würde leisten könnten, lehnte ich den Job ab. Ich beschloss, es in dieser Hinsicht meiner Katze gleichzutun und so unabhängig wie möglich zu bleiben. Ich werde es vielleicht bereuen – und habe es gelegentlich schon bereut –, aber als ich das Angebot schließlich
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