Klappohrkatze kommt nach Hause: Meine Abenteuer mit Norton (German Edition)
was wir in Anbetracht der übrigen Möglichkeiten als große Erleichterung empfanden.
Über ein Jahrzehnt hatten Janis, Norton und ich während zahlreicher Besuche die Höhen und Tiefen des Dorflebens aus nächster Nähe miterlebt. Eine liebe Freundin wurde sehr krank und wäre fast gestorben. Eine andere lag schon im Sterben, erholte sich aber wie durch ein Wunder. Ein Freund, ein Musiker, zog nach Paris und verliebte sich. Ein anderer kam aus Paris zurück, um wieder in Goult zu leben. Einige der Goultois hatten Englisch gelernt, seit wir dort aufgetaucht waren. Andere, die englisch sprachen, vergaßen ihres. Eine Frau verkaufte ihr Haus und zog in das schönste Haus aus dem 18. Jahrhundert, das man sich vorstellen kann. Eine andere Frau wollte ihr Haus verkaufen, fand aber keinen Käufer. Andere Freunde bauten ihr Traumhaus auf dem Feld direkt unterhalb der Stadt.
Und das war nur die menschliche Ebene. Auch Norton erlebte viele Veränderungen. Er entdeckte, dass einige seiner Katzenfreunde nicht mehr da waren – tot oder nur weggelaufen, keine Ahnung –, aber andere ersetzten sie, und sobald er sich wieder im Lavendelgarten herumtrieb, der ein Teil unseres Hausgartens war, kamen viele der einheimischen chats zum Spielen, Fauchen oder Futtersuchen, ganz nach Lust und Laune. Irgendwann verschwand sein Bulldoggenfreund Archie, einer seiner liebsten Spielkameraden. Keiner in der Stadt schien zu wissen, was aus ihm geworden war, und ich weiß, dass Norton ihn vermisste – mit Archie erkundete er die Straßen von Goult lieber als mit irgendeinem anderen seiner vierbeinigen Kumpel. Aber Norton verfügte zweifelsohne über eine Prise französischen Existenzialismus und verkraftete Archies Abwesenheit dann doch recht gut. Ein Jahr hier, im nächsten fort? C’est la vie. Zeit, nach vorn zu schauen …
Egal, welche Dramen und Traumata es gab, wenn wir im nächsten Jahr wiederkamen, küssten uns alle auf die Wangen – nicht nur zweimal, dreimal ist die Regel in der Provence –, wir tauschten kleine Geschenke aus, und jeder von uns dachte, was für ein Glück wir hatten, in solch einer magischen und großartigen Stadt zusammen zu sein.
Auf meine Lieblingsveränderung machte man uns Weihnachten vor ein paar Jahren aufmerksam. In jenem Jahr kamen wir drei spät in der Nacht an und fuhren vom Marseiller Flughafen herüber. Besonders verblüffend an Goult ist, wie still es dort ist, besonders, wenn man von New York City herüberfliegt, wo Stille etwas ist, das nur in unseren wildesten Fantasien existiert. Goult um elf Uhr nachts ist nicht einfach nur still. Es ist, als sei man plötzlich taub geworden. Kein Laut ist zu hören. Wir parkten oben im Dorf, hinter dem mittelalterlichen Schloss, und gingen zu Fuß den Hügel hinunter, an dem Haus vorbei, an dem draußen ein Kanarienvogelkäfig hing, dessen gefiederte Bewohner es aus einem unerfindlichen Grund immer wieder schafften, meinen heldenhaften Kater in Angst und Schrecken zu versetzen. Als wir zu unserem Haus liefen, klangen unsere Schritte uns beiden wie Donner in den Ohren. Wir öffneten die Vordertür und wurden sofort von einer Welle von Glücksgefühlen überflutet. Das Haus, das einer Frau namens Elisabeth Hopkins gehört, ist ein ganz besonderer Ort, in der Realität wie auch in unseren Herzen, also nahmen wir es langsam und begeistert in Besitz, wie jedes Jahr. Wir sahen nach, welche Bücher in den Regalen neu waren, ob die Möbel umgestellt waren, ob es neue Küchenutensilien oder Bettwäsche oder Dekorationen gab. Norton machte, was er immer machte und was mich immer wieder verblüffte: Er ging sofort zu genau der Stelle, wo ich jedes Jahr seinen Fress- und Wassernapf hinstelle, und dann setzte er sich einfach hin und sah erwartungsvoll zu mir hoch. Falls Ihnen jemals jemand weismachen will, Katzen hätten kein richtiges Gedächtnis, soll er Ihnen doch mal erklären, wie mein Kater ein Jahr lang in einem Haus leben und dann alle zwölf Monate für nur eine Woche dorthin zurückkehren konnte und sich auf den Zentimeter genau erinnerte, wo er sein Futter vorfinden würde.
Jedenfalls, um diese kleine Anekdote zu Ende zu erzählen: Nachdem wir Norton sein französisches Katzenfutter direkt vor die Nase gestellt hatten, packten wir aus, gingen in unser gemütliches Schlafzimmer, dessen Fenster einen Ausblick auf fast das gesamte herrliche Luberon bot, und fielen in tiefen Schlaf. Als wir am nächsten Morgen aufwachten, bummelten wir durch die Stadt – was ganze
Weitere Kostenlose Bücher