Kleine Einblicke
hast. Und wenn du mich jetzt fragst, woher ich das weiß, kippe ich dir die Spaghetti über den Kopf.“
Adrian lacht. „Natürlich habe ich das.“
„Und?“
Adrian lächelte, als ich ihn fragend ansehe. „Ich denke, er wusste instinktiv, dass du keine Gefahr für ihn warst.“
Ich runzle die Stirn. „Wie ist das gemeint?“
„Du warst unten, oder nicht?“
Es dauert einen Moment, bis mir klar wird, dass er von Sex redet. „Adrian...“
„Du hast gefragt“, erklärt er belustigt, worauf ich die Augen zur Decke verdrehe. Auch wenn er Recht hat, finde ich eigentlich nicht, dass ihn das etwas angeht. „Ich habe Recht, nicht wahr? Und ich glaube, deswegen konnte er sich auf dich einlassen. Du hast niemals Forderungen gestellt, sondern es ihm überlassen, wann und ob er dich führen lassen will. Du bist von Anfang an seinem Zeitplan gefolgt, ohne es darauf anzulegen, und hast damit genau das Richtige getan.“
Ich runzle die Stirn. Ob Colin wirklich so gedacht hat? Ich kann Adrians Worte nicht als Hirngespinst abtun, denn sie sind wahr. Colin war in unserer Beziehung von Anfang an Derjenige, der im Bett den Ton angegeben hat. Die wenigen Male, wo ich geführt habe, kann ich an wenigen Händen abzählen. „Du denkst, wenn ich von Anfang an hätte führen wollen, hätte er sich nie auf mich eingelassen?“
„Ja.“ Adrian sieht mich ruhig an. „Ohne dir zu nahe treten zu wollen, aber wie lange hat es gedauert, bis ihr zum ersten Mal die Rollen im Bett getauscht habt?“
Eine gute Frage und ich muss darüber nachdenken, weil das für mich nie von Belang war. Ich weiß, dass unsere Affäre schon einige Zeit lief, als Colin mir zum ersten Mal die Führung überlassen hat, aber mir fällt partout nicht ein, wann das war. Wie gesagt, es hat mich nie gestört unten zu sein und wenn Adrian Recht hat, gab das den Ausschlag für Colin. Die Theorie ist verrückt, aber nicht zu verrückt. Ich bin bereit, sie zu glauben und ich werde Colin danach fragen, denn jetzt will ich es genau wissen.
- Verarbeiten -
„Ich habe es Kilian erzählt.“
Ich drehe den Kopf ein Stückchen zur Seite, um Colin überrascht anzusehen, soweit das in der Dunkelheit des Gästezimmers möglich ist. „Alles?“
„Nein“, antwortet Colin. „Ich habe es umschrieben. Ich möchte nicht, dass er es jetzt schon genau weiß. Er ist noch ein Kind.“
„Okay“, sage ich schlicht, denn da werde ich ihm nicht reinreden. Wie gesagt, es ist Colins Sache, wann und ob er mit Kilian spricht. Ich weiß nicht, ob er mit David darüber gesprochen hat, als sie zusammen bei Isabell waren. Ich habe nicht gefragt und werde es auch jetzt nicht tun. Colin wird es mir sagen, wenn er soweit ist.
„Du fragst gar nichts.“
Wieso verwundert mich dieser Satz nicht? Seit gestern ist Colin im Umgang mit mir so verunsichert, dass ich ihn am liebsten packen und schütteln würde. Es fällt mir nicht leicht damit umzugehen, obwohl ich weiß, woher diese plötzliche Verunsicherung kommt. Ich werde einen Weg finden müssen, ihm klarzumachen, dass es keinen Grund für seine Nervosität und Unruhe gibt. Für mich ist er immer noch Colin McDermott, der sturköpfige Ire, den ich über alles liebe.
„Für mich hat sich nichts geändert“, sage ich daher ehrlich, worauf Colin leise seufzt und anfängt auf seiner Unterlippe herumzukauen, bis ich die Hand hebe und ihm über die Wange streichle. „Du beißt dir noch die Lippe blutig. Hör' auf. Bitte.“
Damit ist das Thema allerdings nicht durch, das sehe ich ihm an. Er grübelt und er ist längst noch nicht bereit, meine Worte zu glauben. Normalerweise sollte ich wohl beleidigt sein, aber ich bin es nicht. Devin hat mal zu mir gesagt, dass Colin in gewissen Dingen eine unglaublich lange Leitung hat und das hier ist so ein Fall. Ich werde es mit Geduld versuchen müssen, aber das bin ich gewohnt.
„Denkst du jetzt nicht irgendwie anders über mich?“, will Colin nach ein paar Minuten wissen und auch diese Frage wundert mich nicht.
„Nein, Colin.“
„Warum nicht?“
Hat er das gerade wirklich gefragt? Ja, hat er, wird mir klar, als er sich neben mir anspannt, weil ich ihm nicht sofort antworte. Ich schalte die Nachttischlampe neben dem Bett ein und sehe Colin ernst an. Geduld zu haben, schön und gut, aber es gibt Fragen, auf die kann und will ich nicht mit Ruhe und Geduld reagieren.
„Willst du auf diese absolut dumme Frage wirklich eine Antwort?“
Colin zögert kurz, dann nickt er.
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