Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kleine Luegen erhalten die Liebe

Kleine Luegen erhalten die Liebe

Titel: Kleine Luegen erhalten die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katy Regan
Vom Netzwerk:
Alle anderen runzelten die Stirn. »Nur so eine Idee, wisst ihr?«
    »Also, ich hab nichts dagegen.« Fraser zuckte mit den Schultern. »Mir ist die Verantwortung sowieso zu groß. Liv hätte euch die Wahl eines blöden Ortes verziehen, während ich einen Riesen-Anschiss gekriegt hätte.«
    Alle lachten.
    »Also gut«, sagte Norm. »Sind alle einverstanden?«
    Am anderen Ende des Tisches stieß Anna einen tief empfundenen Seufzer aus.
    »Falls es allen recht ist«, begann Norm, »wird es mir eine Ehre sein, den Ort zu wählen, an dem wir Livs dreißigsten Geburtstag feiern werden. Ich bin tatsächlich ein bisschen scharf darauf, da ich auch der offizielle Kuchenbäcker war …«
    Er zwinkerte Anna zu, aber sie war zu sehr damit beschäftigt, sich hinter ihrer großen Sonnenbrille zu verstecken.
    »Also los, Andrew, fang schon an!« Melody lachte.
    Er griff tief in die Mütze.
    Eine angespannte Stille trat zwischen ihnen ein. Aus dem Lautsprecher in der Ecke erklang eine weinerliche Ballade von Gloria Estefan.
    Norm zog einen Zettel heraus und küsste ihn. »Komm, Liv«, meinte er mit schmalen Lippen und ballte die Fäuste. »Komm schon, Schönheit, gib uns Paris!«
    Alle zogen scharf den Atem ein, als er den Zettel entfaltete. Fraser ertrug es nicht hinzusehen und hielt sich die Augen zu.
    »Na komm schon, Norm!«, sagte Mia. »Die Spannung bringt mich um. Was steht drauf?«
    Er sah aus wie ein begossener Pudel, als er aufblickte. »Leeds.«
    ♥
    Sie erreichten Leeds kurz nach sechzehn Uhr und fühlten sich jetzt schon so, als wären sie bereits ewig lange auf den Beinen.
    Der Flug war kurz gewesen, aber eine etwas angespannte Angelegenheit, da sie vor dem Start im Gang der Maschine herumgestanden und debattiert hatten, wer wo sitzen sollte. Doch keiner von ihnen hatte die Wahrheit sagen wollen, die, wie Mia annahm, etwa so aussah: Melody und Norm, aber auch Fraser und Anna wollten nicht nebeneinander sitzen, und sie selbst brannte zwar darauf, den Platz neben Fraser zu bekommen, hätte dies jedoch niemals zugegeben.
    Am Ende hatte Mia den nächsten freien Sitz genommen, neben einem extrem fettleibigen Mann, dessen dralle Schulter sie während des Fluges fast erstickt hatte. Tiefe Traurigkeit erfasste sie, als sie an ihren gemeinsamen Flug nach Ibiza zurückdachte, bei dem alles ganz anders gewesen war.
    Doch ähnlich wie hartgesottene Camper, die sich durchnichts den Spaß verderben ließen, und trotz des Drucks und der Anspannungen, die unter der Oberfläche brodelten, sahen alle diesem Kurzurlaub mit einer grimmigen Entschlossenheit entgegen. Denn schließlich war heute Livs dreißigster Geburtstag. Und, wie Norm verkündete, als sie sich nach der Landung in Leeds draußen vor dem Flughafen versammelten, würden sie »ihr Ehre machen, komme, was da wolle«. Darauf folgte ein ausgedehntes Schweigen und dann viel nervöses Gelächter, das wunderbar befreiend war.
    Sie hatten auf jeden Fall ein hübsches Hotel gefunden, das erstaunlicherweise noch fünf Zimmer frei hatte. Das 42 The Calls Hotel war eine umgebaute Getreidemühle am Liverpool Canal, dessen Wasser bis an die rote Backsteinfassade reichte. Es lag zwischen anderen umgebauten Fabriken und Lagerhäusern in Leeds’ sehr angesagtem Brewery Wharf Distrikt, einem Viertel, in dem, nach den alten Fotos überall im Hotel zu urteilen, einst Männer mit Schiebermützen und Hosenträgern große Getreidesäcke hin und her geschleppt hatten. Heute aber wurde es von Architekten und Grafikern bevölkert, die zwischen weiß getünchten Backsteinwänden mit Plänen und Zeichnungen beschäftigt waren und sich dabei von Musik berieseln ließen.
    In einigen der Hotelzimmer verliefen frei liegende Rohre an den Wänden entlang, und alte Stalltüren, die zum Wasser hinausgingen, verströmten einen ganz besonderen Charme. Mia hatte eines dieser Zimmer mit Blick auf den Kanal, und der übereifrige Hotelmanager, ein kleiner Mann mit Schnurrbart, verbrachte einige Zeit damit, ihnen zu erklären, dass durch die alten Stalltüren einst die Getreidebündel von den Booten entladen worden waren, um dann in den riesigen eisernen Maschinen gemahlen zu werden, deren Überbleibsel Mia ebenfalls in ihrem Zimmer entdeckte.
    Sie war sehr für ein geschichtsträchtiges Ambiente, doch als sie später auf ihrem breiten Doppelbett lag und zu dem riesigen eisernen Rad an ihrer Zimmerdecke emporstarrte, beschlich sie eine leise Unruhe: Was, wenn das Ungetüm in der Nacht herabfiel und sie unter

Weitere Kostenlose Bücher