Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kleine Sünden erhalten die Liebe

Kleine Sünden erhalten die Liebe

Titel: Kleine Sünden erhalten die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janet Evanovich
Vom Netzwerk:
hatte den Geschirrspüler eingeräumt und die Backbleche zum Schrubben in die Spüle gestellt. Clara hatte gerade die letzten Brotlaibe für den Tag in den Ofen geschoben. Glo war allein im Laden, blätterte in Ripple’s Zauberbuch und versuchte ein Mittel zu finden, mit dem sie den über Hatchet ausgesprochenen Zauber rückgängig machen konnte.
    Wir hatten zum Lüften die Hintertür aufgemacht. Draußen hatte es fünfzehn Grad, der Himmel war strahlend blau, und es wehte eine leichte Brise. Ich hörte ein Auto in den kleinen Hinterhof fahren. Zwei Türen wurden aufgeschlagen und wieder geschlossen, und Diesel führte einen alten Mann zu uns herein.
    Der Mann war knapp eins achtzig groß und knochig. Er hatte schlohweißes Haar, scharfe Knopfaugen und riesige Altmännerohren.
    »Ich weiß nicht, warum man mich hierhergeschleppt hat«, schimpfte er. »Schließlich bin ich in einem Alter, in dem ich niemanden mehr brauche, der mir befiehlt, dies und das zu tun. Du hast Glück, dass ich ein umgänglicher Mensch bin, sonst würde ich mich über dich beschweren. Ich habe meine Rechte, verstehst du? Und ich bin keine Niete. Ich habe einiges drauf. Habe ich dir schon erzählt, dass ich Löffel verbiegen kann? Ich muss mich lediglich darauf konzentrieren, das ist alles. Wie viele Menschen können das denn? Ich schaffe es auch, eine Gabel zu verbiegen, nur Wagenheber bereiten mir Schwierigkeiten. Bevor ich einen Wagenheber verbiegen kann, muss ich mich ordentlich ausschlafen.«
    »Das ist Mortimer Sandman«, erklärte Diesel. »Ich bleibe bei ihm, bis sein Sohn ihn heute Abend abholt.«
    »Er behandelt mich wie ein Baby«, beklagte sich Mortimer. »Er lässt mich nicht aus den Augen. Als wäre ich senil oder so. Vorher im Klo dachte ich schon, er wolle mir den Hintern abwischen. Und mich dann mit Suppe füttern, damit ich nicht kleckere. Willst du nicht auch noch ein Sandwich für mich vorkauen?«
    »Du hast zweimal versucht abzuhauen«, erwiderte Diesel.
    »Ja, ich bin eine echte Gefahr für einen Teufelskerl mit all diesen Superkräften wie dich. Habe ich dir schon erzählt, dass ich einmal drei Löffel gleichzeitig verbogen habe? Das war auf einer Party, und ich habe mich einfach nur konzentriert. Plötzlich verbogen sich sämtliche Löffel der Damen, und ich hörte, wie sie alle nach Luft schnappten. Ich habe nichts gesagt, denn das ist unser Kodex. Wir reden nicht über unsere Fähigkeiten. An diesem Abend war ich richtig gut. Ich hätte alles verbiegen können. Junge, das waren noch Zeiten. Ich könnte immer noch Sachen verbiegen, aber ich muss ein wenig vorsichtig sein, weil mein Blutdruck zu hoch ist. Schließlich will ich nicht, dass mir wegen so eines Löffels ein Blutgefäß platzt. Damals, als die Löffel noch aus Silber waren, lief es besser. Sie waren weicher, biegsamer, wenn du verstehst, was ich meine. Heutzutage ist alles aus rostfreiem Stahl. Ich könnte mir an diesen Edelstahldingern einen Bruch zuziehen.«
    »Was ist los mit ihm?«, fragte Glo Diesel.
    »Er versetzt Leute in den Schlaf und klaut dann ihre Sachen«, erwiderte Diesel.
    »Dann sollen sie eben wach bleiben und auf ihr Zeug aufpassen, wenn das so wertvoll ist«, meinte Mortimer. »Woher soll ich wissen, dass sie das alles behalten wollen? Heutzutage kann man sich nicht einmal mehr mit den Leuten unterhalten, ohne dass sie gleich einschlafen. Mir passiert so etwas nicht. Ich passe auf. Ich konnte mich schon immer gut konzentrieren. Muss man auch, wenn man Löffel verbiegen will.« Er wandte sich an Clara. »Wie steht es mit Ihnen? Ich wette, Sie können keine Löffel verbiegen.«
    Clara gab keine Antwort. Ihre Augen waren glasig, und ihre Lippen erschlafften.
    »Hey, Mädchen«, sagte Mortimer zu Clara. »Ich spreche mit dir. Wach auf.«
    Clara riss sich zusammen und versuchte, sich zu konzentrieren. »Tut mir leid, ich glaube, ich bin für eine Minute weggedöst.«
    »Wie macht er das?«, fragte ich Diesel. »Magie?«
    »Langeweile«, erwiderte Diesel. »Er spricht einfach immer weiter, bis sich schließlich dein Gehirn in rieselnden Sand verwandelt. Er lebt mit seinem Sohn in Newton, ist vor drei Wochen aber von zu Hause weggelaufen.«
    »Warum sprichst du über mich, als sei ich nicht hier?«, beschwerte sich Mortimer. »Mache ich den Eindruck, als sei ich taub? Kannst du dir vorstellen, wie es ist, mit meinem Sohn zusammenzuleben? Es ist wie in einem Leichenhaus. Warum erschieße ich mich nicht oder springe von einer Brücke oder trinke

Weitere Kostenlose Bücher