Kleine Suenden zum Dessert
das Seitenfenster hinaus?«, wollte Tom schließlich wissen.
»Auf eine Mauer.«
Alle lachten, und die Anspannung wich. »Nein - es geht wirklich auf eine Mauer hinaus.« Mit freundlicher Miene riss sie den schweren Netzstore zur Seite, was sie Frank bei Androhung von Folter untersagt hatte. Grauer Beton sprang ihnen ins Gesicht.
»Das ist tatsächlich eine Mauer«, konstatierte Tom tonlos, als er sich gefasst hatte.
Alle dachten ein Weilchen schweigend darüber nach. »Wir reißen sie nieder«, entschied Tom dann energisch. »Und pflanzen stattdessen eine Baumreihe. Pappeln.«
»Das wäre eine Möglichkeit«, räumte Grace ein. »Aber es ist eine Grenzmauer, und ich fürchte, das Bauamt wäre nicht leicht zu überzeugen.«
Es hatte schließlich keinen Sinn, falsche Hoffnungen zu wecken. Sie glaubte, ein Grinsen in Gavins Mundwinkeln zucken zu sehen.
»Ich möchte in meinem Wohnzimmer nicht auf eine Grenzmauer schauen«, erregte sich Charlie. »Man sieht sie doch nur von einem Seitenfenster aus«, wandte Tom ein. »Das große Fenster geht ja zur Straße raus.« Aber diesmal ließ Charlie sich nicht besänftigen. »Also habe ich auf einer Seite Beton und auf der anderen Durchgangsverkehr.«
Tom wandte sich Hilfe suchend an Grace. »Es ist nicht viel Verkehr hier, oder? Wir sind schließlich mitten in der Prärie!«
»Nicht mehr lange«, fuhr Grace ihm mitfühlend in die Parade. »Sie bauen eine neue Autobahn nach Dublin.«
»Sie scherzen!«
»Leider nein. Die M3. Oder ist es die M4?«
»Na ja - aber die kann ja nicht direkt bei uns vorbeiführen ...«
»Das nicht - doch an Ihrer Stelle würde ich die Pläne einsehen.« Es war ihr ernst damit.
»Vielen Dank!«, explodierte Charlie. »Tut mir Leid, Tom. Ich weiß, dass du hofftest, dieses Haus wäre okay. Aber das ist es nicht.«
Er hob die Hände. »Was ist los? Ist es dir zu einfach? Dann vergiss bitte nicht, dass ich es bezahle.« Charlies Gesicht rötete sich. »Ich habe nichts gegen einfach - aber ich habe etwas dagegen, mein Kind an der M4 großzuziehen.«
»War die M1 besser, an der du mit Jimmy gewohnt hast? Oder die M6, wo du mit Phil gelebt hast?«
Grace hatte nicht beabsichtigt, mit ihrer Offenheit einen Krach zwischen den Verlobten heraufzubeschwören. »Vielleicht ist das mit der Autobahn doch nicht so tragisch. Wenn Sie möchten, sehe ich mir an, wo sie genau verläuft ...«
»Es geht nicht nur um die Autobahn«, fauchte Charlie Tom an. »Der braune Teppichboden ist grässlich, und die Zimmer sind winzig, und es muffelt!« Sie wandte sich Grace zu: »Sie haben Recht - es ist scheußlich.«
»Vielleicht habe ich ein bisschen übertrieben«, erwiderte Grace verzweifelt. »Es hat doch einen gewissen Charme...«
»Nein, nein - ich weiß Ihre Ehrlichkeit zu schätzen. Ihre Ehrlichkeit hat mich gerettet!«, rief Charlie.
»Na wunderbar.« Tom seufzte und sagte mit einer Grimasse zu Grace: »Zu viele Talkshows im Nachmittagsfernsehen. Seit sie aufgehört hat, in Bars ihren Po zu zeigen, hat sie nicht viel anderes getan als ferngesehen.«
Charlie bedachte ihn mit einem mordlüsternen Blick. »Es waren seriöse Klubs! Darf ich dich daran erinnern, dass wir uns dort kennen gelernt haben?« Und zu Grace sagte sie: »Wenn Sie nicht wären, hätte ich mich beschwatzen lassen, in diese Bruchbude zu ziehen. Mich mit einem solchen Mann hier zu begraben. Einem Mann, der sich nur gut fühlt, wenn er andere niedermachen kann.«
»Ach, wirklich?«, blaffte Tom sie an. »Warum hast du das nicht gesagt, als ich dir letzten Monat diesen Riesenklunker kaufte? Eigentlich solltest du ihn mir unter diesen Umständen zurückgeben.«
Grace bildete sich ein, die Luft knistern zu hören. Mit einer Mischung aus Entsetzen und Faszination beobachtete sie, wie Charlies Gesicht den Ausdruck eines Straßenkämpfers annahm. Gavin rückte verstohlen näher an Grace heran, als Charlies eindrucksvoller Busen noch größer wurde und sie die Fäuste in die Seiten stemmte. Sie war keine Frau, die mit sich spaßen ließ.
»Weißt du was? Das werde ich mit Vergnügen tun«, antwortete sie Tom langsam und akzentuiert, »weil ich es nämlich satt habe, nur für Männer zu leben! Von einem zum anderen zu wechseln und mir einzubilden, dass ich nur mit einem Mann am Arm etwas wert bin, wie jämmerlich und kleinkariert und unsicher er auch sein mag! Mich von Typen wie dir benutzen und missbrauchen und fertig machen zu lassen!«
Sie spuckte ihm die Worte regelrecht ins Gesicht, und
Weitere Kostenlose Bücher