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Kleiner Kummer Großer Kummer

Kleiner Kummer Großer Kummer

Titel: Kleiner Kummer Großer Kummer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Tibber
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Mädchen, aber sie hat schlechten Umgang. Ich habe meiner Tochter nicht die beste Ausbildung gegeben, die man mit Geld kaufen kann, um sie nun immer mit einem Haufen Burschen ohne Geld und ohne Gehirn zusammen zu sehen. Ihre Mutter und ich nehmen sie zu Bällen mit, zu guten Gesellschaften, das können Sie glauben, und es gibt keine, die ihr in bezug auf Aussehen und Kleidung das Wasser reichen kann - finde ich wenigstens; aber sie geht nur mit, weil sie uns eben ’ne Freude machen möchte. Ich sagte Ihnen ja schon, daß sie ein lieber Kerl ist, aber man sieht es ihr an der Nasenspitze an, daß sie lieber mit ihren Freunden zum Rock and Roll möchte. Ich weiß, sie ist jung und braucht Spaß, ich habe leider keine Freude gehabt, als ich jung war, aber ich möchte doch, daß sie sich in der richtigen Richtung bewegt.«
    Seine Hand zeigte rund durch das Schlafzimmer, groß genug für einen kleinen Ballsaal, mit dem perlgrauen Teppich, pfirsichfarbenen Satinvorhängen und vergoldeten Barockengeln, die alles mögliche trugen, von Lampen bis zu Blumenvasen. »Ich bin kein unvernünftiger Kerl, aber ich habe es nicht umsonst so weit gebracht. Sie könnte jeden haben, unsere Tessa könnte das - und ich meine wirklich jeden - ich habe genug Verbindungen. Und sehen Sie, was sie aus sich selbst macht!« Er hatte nun seine Krokodilslipper an und befestigte den Gürtel seines schwarzseidenen Morgenrocks, der mit Drachen bedruckt war und ein scharlachrotes »H. H.« auf der Brusttasche gestickt trug. Er legte ein weißseidenes, fertig gefaltetes Tuch um und wanderte im Schlafzimmer herum, die Hände in den Taschen vergraben.
    »Ich möchte, daß sie jemanden mit Köpfchen heiratet«, sagte er. »Nicht >H. H. Brindley Bicycles< Kopf, aber jemanden, der sich auskennen wird.«
    Er unterbrach seine Wanderung und blieb schwerfällig vor mir stehen. »Ich habe fünfundzwanzigtausend Pfund Werte in Bildern an der Wand hängen«, sagte er, »und ich kann nicht einmal die Namen der Burschen buchstabieren, die sie malten. Zehn Meter Bücher stehen in meinen Bücherregalen, ich habe niemals eins davon gelesen. In meinem Alter kann ich solche Sachen auch nicht mehr lernen, aber ich möchte für Tessa jemanden haben, der die Sachen würdigt. Sie ist in Paris, in der Schweiz und an allen sonst empfohlenen Orten gewesen, und jetzt sitzt sie in Kaffeebars in einem Kreis gehirnloser Idioten!« grollte er bitter. »Was soll ich nur mit ihr machen?« Ich schüttelte meinen Kopf. Ein Ehemann für Tessa Brindley lag außerhalb meiner Kompetenz.
    »Einmal ist sie mit einem Mediziner ausgegangen, und Mutter und ich waren schon ganz aufgeregt, als...« Er erzählte weiter von dem unerfreulichen Ende von Tessas Romanze mit dem Mediziner, aber ich hörte nicht mehr zu. Ich hatte mich plötzlich an Faraday erinnert und an seine Bitte, ihm eine Frau zu suchen.
    »Ich kenne einen Jungen«, rief ich enthusiastisch aus, aber dann fiel mir ein, daß Faraday zwar einen Manet von einem Monet unterscheiden konnte, aber keinen einzigen Pfennig besaß. Was konnte er schon für Tessa Brindley bedeuten?
    »Ja?«
    »Nein«, sagte ich ernüchtert, »das geht nicht.«
    HoraceBrindley sah mir ins Auge. »Wenn es eine Frage des nötigen Kleingelds ist«, erklärte er, »davon habe ich mehr als genug für Tessa. In der Beziehung brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen. Was ist er?«
    »Ein Arzt«, sagte ich, »mein bester Freund. Spezialist für Neurologie. Er ist sehr tüchtig, aber er hat noch keine Praxis. Wenn er soweit ist...«
    H. H. hielt seine Hand hoch. »Das kann ich alles erledigen«, sagte er, »wenn er ein guter Junge ist.«
    »So einfach geht das bei der Medizin nicht«, gab ich zu bedenken, »das ist keine Frage des Geldes.«
    »Ich habe auch genug Freunde«, sagte er, »es gibt immer Stricke, an denen man ziehen kann. Ich bringe ihn in kürzester Zeit in die Harley Street.«
    Es schauderte mir bei dem Gedanken, was Faraday zu dieser leichtfertigen Verfügung über sein akademisches Streben sagen würde, obgleich Tessa mit ihren achtzehn Jahren seine Bedingungen mehr als erfüllen würde, da sie in bezug auf Figur und Gesicht eins der hübschesten Mädchen war, das ich je gesehen hatte. Außerdem war sie auch noch sehr charmant.
    H. H. schlug mir auf den Rücken. »Machen Sie was fest, Junge«, sagte er, »verabreden Sie was, und ich werde mich überzeugen, ob Sie recht haben.« Ich kam mir wie ein Taxifahrer vor, aber ich wußte, daß er es, abgesehen von

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