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Kleines Lexikon christlicher Irrtümer - von Abendmahl bis Zungenreden

Kleines Lexikon christlicher Irrtümer - von Abendmahl bis Zungenreden

Titel: Kleines Lexikon christlicher Irrtümer - von Abendmahl bis Zungenreden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gütersloher Verlagshaus
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sei, meinte Luther. Nachdem dem Brauch aufgrund dieser Einstellung bei den Protestanten lange Zeit keine besondere Bedeutung beigemessen wurde, wird der Sinn des Fastens heute auch in der evangelischen Kirche wieder entdeckt. In Anlehnung an Luther wird das Fasten allerdings nicht allein auf bestimmte Speisevorschriften beschränkt, sondern es geht vor allem darum, sich eingefahrener Gewohnheiten bewusst zu werden. Das Fasten entschlackt nicht nur den Körper, in Zeiten der Reizüberflutung kann es Körper und Seele gut tun, den gewohnten Lauf der Dinge eine Weile zu unterbrechen, zur Ruhe zu kommen und sich und sein Verhältnis zu den Mitmenschen und zu Gott zu überdenken. Durch Verzicht und Zeit zur Besinnung können sich neue Sichtweisen ergeben und man wird sich bewusst, was wirklich wichtig ist. So verstandenes Fasten ist sicher kein Ausdruck von Leibfeindlichkeit. Im Gegenteil – wer verzichtet und Platz schafft für neue Erfahrungen, kann beginnen, sich und seine Rolle in der Welt ganz neu wahrzunehmen. Körper und Seele werden Ballast los, man beginnt, befreit und neu wahrzunehmen, hinzuhören, zu sehen, zu fühlen und zu schmecken. Fasten tut Leib und Seele gut.
    Nach dem Tod müssen die Menschen ins FEGEFEUER
    In unzähligen mittelalterlichen Bildern wird das Fegefeuer in buntesten Farben ausgemalt. Menschen stehen an dunklen Orten inmitten von Flammen und recken in der Hoffnung auf baldige
Erlösung aus diesen Qualen ihre Hände in die Höhe. Manchmal kommt ein Engel herbeigeflogen und trägt einen der Geläuterten in den Himmel. Der Katechismus der katholischen Kirche beschreibt das Fegefeuer als »Zustand jener, die in der Freundschaft Gottes sterben, ihres ewigen Heils sicher sind, aber noch der Läuterung bedürfen, um in die himmlische Seligkeit eintreten zu können«. Dahinter steht die Vorstellung, dass Menschen, die in ihrem Erdenleben für ihre Verfehlungen noch nicht ausreichend gebüßt haben, so nicht vor Gott treten können und daher nach ihrem Tod erst noch einen Läuterungsprozess durchlaufen und sich mit den Verfehlungen ihres Lebens auseinandersetzen müssen. Das Fegefeuer wäre demnach also ein Durchgangsstadium zum Himmel und keinesfalls mit der Hölle zu verwechseln. »Die Gläubigen, die noch auf Erden pilgern«, können »den Seelen im Purgatorium (= Fegefeuer) helfen, indem sie Fürbitten und besonders das eucharistische Opfer, aber auch Almosen, Ablässe und Bußwerke für sie darbringen«, fährt der Katechismus der katholischen Kirche fort. Und spätestens an dieser Stelle setzt von protestantischer Seite lautstarker Protest ein. Durch gute Taten sich und anderen schnell und bequem einen Platz im Himmel sichern? Nein! Schon Luther hat doch erkannt, dass das weder möglich noch nötig ist. Und außerdem: Wenn Gott den Gläubigen die Sünden allein durch seine Gnade vergibt, wozu sollte dann überhaupt noch ein Läuterungsprozess nach dem Tod nötig sein? Vom Fegefeuer ist erstens in der Bibel an keiner Stelle die Rede, stellen Protestanten fest, und zweitens ist es überflüssig. Gott verspricht den Gläubigen seine Gnade schon hier und jetzt, da braucht es nicht noch eine verlängerte Entscheidungsfrist nach dem Tod. Und schon gar keine Feilscherei um die Länge dieser Frist. Wer aus himmlischer Perspektive auf sein Leben zurückblickt, dem wird auch ohne Fegefeuer bewusst, dass er nicht perfekt war.
    Christen beachten das Gebot der FEINDESLIEBE
    »Liebt eure Feinde und bittet für die, die euch verfolgen« (Matthäus 5,44). »Wenn dich jemand auf deine rechte Backe schlägt, dem biete die andere auch dar. Und wenn dich jemand nötigt, eine Meile mitzugehen, so geh mit ihm zwei« (Matthäus 5,39ff), sagt Jesus in der Bergpredigt und stellt damit eine radikale Forderung auf, die unter Christen aller Zeiten zu kontroversen Diskussionen und gegensätzlichen Positionierungen führte. Während der ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche Deutschlands Kurt Scharf die Bergpredigt als »Regierungserklärung Jesu« bezeichnete, erklärte Bundeskanzler Helmut Schmidt zur Zeit des Kalten Krieges in Anlehnung an Otto von Bismarck: »Mit der Bergpredigt kann man keine Politik machen.« Ist die Forderung der Feindesliebe also völlig unrealistisch oder ein realer Anspruch an uns? Gehört sie allein in den privaten Bereich oder soll sie vor allem unser öffentliches Zusammenleben bestimmen? Was sagt uns das Gebot heute angesichts von Terrorwarnungen und militärischen Einsätzen in

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