Kleines Lexikon christlicher Irrtümer - von Abendmahl bis Zungenreden
antwortete er ihnen und sprach: Das Reich Gottes kommt nicht so, dass man’s beobachten kann; man wird auch nicht sagen: Siehe, hier ist es!, oder: Da ist es! Denn siehe, das Reich Gottes ist mitten unter euch« (Lukas 17,20f). Der Same ist also schon in der Erde, vielleicht ist sogar schon ein kleines Pflänzchen zu erkennen. In der Botschaft und im Handeln Jesu lässt sich schon jetzt und hier etwas ahnen vom kommenden Reich Gottes. Damit allerdings sind auch schon jetzt Veränderungen möglich und gefragt. Mit den Vorstellungen vom Gottesreich sind fast immer auch Vorstellungen von einem Gericht verbunden. Wenn Gott uns seine Zuwendung und die Beseitigung aller Ungerechtigkeit hier und jetzt verspricht, sind auch wir selbst gefragt, unser Leben und Handeln dieser Perspektive entsprechend zu überdenken und auszurichten. Jesus wollte nicht auf ein fernes himmlisches Jenseits vertrösten. Mit seiner Botschaft vom anbrechenden Gottesreich forderte er die Menschen dazu heraus, die Wirklichkeit mit neuen Augen zu sehen. Jetzt ist jeder einzelne gefragt, Verantwortung zu übernehmen. Indem der Mensch sich im Vertrauen auf Gottes Zuwendung an seiner Zusage orientiert, beginnt das Reich Gottes schon hier und jetzt. Für Jesus war dies kein Grund zu sauertöpfischer Verbissenheit und Vorsicht, sondern ein Grund zur Freude und zum Feiern.
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SCHEIDUNG ist für Christen perdu
»Bis dass der Tod uns scheidet, bleiben wir zusammen«, versprechen sich Liebende vor dem Traualtar — und glauben daran, obwohl in Deutschland heute etwa jede zweite Ehe wieder geschieden wird. Dennoch, das Idealbild einer lebenslang haltenden glücklichen Ehe blieb erhalten.
Auch die katholische Kirche und viele evangelikale Christen halten, zumindest offiziell, an der Überzeugung fest, eine Ehe könne nicht geschieden werden. Dabei berufen sie sich auf Jesus, der zur Frage der Scheidung sagte: »Was nun Gott zusammengefügt hat, das soll der Mensch nicht scheiden!« (Matthäus 19,6). Für Katholiken ist die Ehe ein von Jesus selbst eingesetztes Sakrament. »Das Sakrament der Ehe schafft zwischen den Ehegatten ein Band, das lebenslang und ausschließlich ist. Gott selbst besiegelt den Konsens der Brautleute. Darum kann die zwischen Getauften geschlossene und vollzogene Ehe nie aufgelöst werden«, heißt es im Katechismus der katholischen Kirche. Faktisch jedoch lässt auch die katholische Kirche immer häufiger »Scheidungen« zu. Ehen können in besonderen Fällen bei Gefährdung des geistlichen Wohls eines Partners aufgelöst oder mit der Feststellung, dass nie eine wirklich gültige Ehe bestanden habe, annulliert werden. Ein katholisches Ehegericht befindet darüber, ob triftige Gründe für eine Eheauflösung oder Annullierung gegeben sind. Martin Luther verstand die Ehe nicht als Sakrament, sondern als »weltlich Ding«.
Obwohl die Ehe auch hier als besondere Gabe Gottes für wichtig gehalten und geschätzt wird, sind in evangelischen Kirchen
Scheidungen als letzter Ausweg aus einer zerbrochenen Gemeinschaft möglich. »Was nun Gott zusammengefügt hat, das soll der Mensch nicht scheiden!« (Matthäus 19,6). Der Satz Jesu klingt so eindeutig, wie kann man ihn da nicht ernst nehmen? Zu Jesu Zeit konnten sich nur die Männer von ihren Frauen scheiden lassen, was die Frauen oft in große existenzielle Nöte brachte. Vor diesem Hintergrund betrachtet kann man den Satz Jesu vor allem so verstehen, dass er die Rechte der Ehefrauen schützen soll. Sie sollen nicht einfach verstoßen werden können. Jesus klagt vor allem einen gleichberechtigten humanen Umgang miteinander ein. Eine Aussage dazu, dass Ehen, auch wenn es unausweichlich wird, grundsätzlich nicht geschieden werden dürfen, gibt es in der Bibel nicht.
Dem Gesetz nach ist eine Ehe dann gescheitert, wenn keine eheliche Lebensgemeinschaft mehr besteht und wenn diese voraussichtlich auch nicht wieder hergestellt werden kann. Auch Christen ist heute klar, dass Ehen scheitern können. Wenn die Gemeinschaft nur noch zu gegenseitigen Verletzungen führt und keine gemeinsame Basis mehr da ist, geht das am eigentlichen Sinn der Ehe vorbei. Dennoch besteht für alle Christen in der Ehe als Schutzraum einer besonderen Gemeinschaft eine gegenseitige Verpflichtung zu Treue und Verlässlichkeit auch in unschönen und schwierigen Situationen. Gerade in der heutigen Zeit, in der alles austauschbar scheint, wenn es nicht mehr so funktioniert, wie man es gerne hätte, sollte man sich bewusst machen,
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