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Klemperer, Viktor

Klemperer, Viktor

Titel: Klemperer, Viktor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Tagebücher
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15/XI: Der Mann mit der Pranke. 10 * Wegner 11 ein guter Schauspieler, das Stück ziemlich schlechtes Kino. Gleich darauf am 16/XI: Vergiß mein nicht! 12 Gigli 13 -Film. Großartig, ein wahrhafter Genuß; packendes Stück, durchweg gutes Spiel. Der dicke * Gigli kann spielen u. prachtvoll singen.
    Am 30/12 endlich: Der Student von Prag 1 . (Wir feierten den Schluß meines Bandes. Hinterher zu Haus tranken wir eine ganze Flasche süßen Graves zum Abendbrod). * H. H. Ewers 2 stiehlt nicht nur schamlos, sondern er combiniert die alten romantischen Motive auch sinnlos , gegen alle psychologische Wahrheit. Aber der Film ist gut u. wird gut gespielt. * Wohlbrück 3 als Balduin, * Loos 4 als Doctor Mirakel. (Er hat schon als stumer Film Aufsehen gemacht. Wir lernten ihn erst jetzt kennen.) – –
    Nach mildem Vorwinter u. wenigen Frosttagen ist jetzt geradezu Frühlingswetter. Es könnte im März nicht anders sein.
    Drei Autorwünsche habe ich noch: Bd II d. 18. Jh s, Die Sprache des dritten Reiches (oder dreier Revolutionen) u. Mein Leben. Was wird in Erfüllung gehen? Das Herz u. die Augen versagen. Aber ich will arbeiten, täglich mein Pensum, come ci de rien n était. Und will nicht nach dem Sinn des Ganzen u. nicht nach den Erfolg-Aussichten fragen.
    Gestern u. vorgestern war en eine Legion Correspondenzschulden zu begleichen, gestern u. heut das Tagebuch.
    Erste Arbeit im neuen Jahr: der * Cacouac-Nachtrag. 5 Es hat Wochen u. Ärger gekostet, bis ich die beiden in Deutschland vorhandenen Exemplare aus Bonn u. Göttingen auftrieb.
    Ich lese jetzt vor * Dickens Zwei Städte. 6 Weihnachtsgeschenk der * * Wieghardts. Sehr merkwürdig nach dem Cronin. * Uralt u. doch verwandt.
     

 
1936
     

24. Januar Freitag Abend .
    Vom 16. XI ist meine erste * Strobachquittung, die Anmeldung zum Fahrunterricht; am 22/XI erstes Fahren. Dann Wochen der Verzweiflung. Am 28/XII Anmeldung zum zweiten Curs. Er begann am 2 Januar u. dauerte 13 Stunden, im Ganzen bin ich 25 x gefahren. Gestern Vormittag habe ich die Prüfung bestanden. Diese Sache ist für mich wirklich beides, ein Sieg über meine Natur, ein sehr schwer er errungener, u. eine allerwichtigste Angelegenheit. Schon sind mit dem Zimmermann * Lange die Vorarbeiten zum Garagebau in Gang, schon sind Fühler zum Autokauf ausgestreckt, schon ist Antrag an die Iduna gestellt: ich will von meiner Police 3 000 M. abheben, daraus a) die Versicherung selber auf ein Jahr sicherstellen (rund 800 M) für den Rest bauen u. kaufen. Desperadopolitik – der Zeit angemessen. Wer bürgt mir für die Sicherheit der Police? Die Garage erhöht den Wert des Grundstücks. Ich möchte das alles epischer erzählen. Aber noch bin ich allzu müde dazu.
    In dieser Autozeit habe ich den * Diderot druckfertig gemacht. Copiert, mit Anmerkungen versehen, collationiert. Vor einer Stunde wurde das letzte I = Pünktchen fertig. Sonntag od. Montag soll nun Maschinencopie (u. an einigen Punkten Umarbeitung der ersten drei Bücher des Bandes beginnen. Das fertige Buch IV 1 ist aber reichlich ein Drittel des Ganzen.
    Alles dies über ein ganz miserables Herz hinweg. Täglich beim Steigen die Schlundschmerzen. Ganz böse waren sie auch gestern beim Prüfungsfahren. Mein * Fahrlehrer erbat ein Anerkennungsschreiben. 2 Es liegt hier in Copie bei.
     

 
    25. Januar Sonnabend.
    Nach Überwindung der schweren Depression, daß der erste Fahrcurs erfolglos geblieben, u. daß mein Gehalt Ruhegehalt so niedrig bemessen worden (480 M), meldete ich mich aus Trotzstimung am 28. 12 zum zweiten Curs an. Er begann am 2. I erfreulich. * Luthe hatte den Pächter des Kamergutes Zauckerode über Freithal auf sein Gut zu bringen, u. so kam ich zu einer Übungsfahrt außerhalb der Stadt (die Straße unterhalb Dölzschen an der Weißeritz). Das ging sehr hübsch. Auch war es draußen interessant. Der Pächter, ein älterer Mann mit dem Zeichen der Partei u. dem Amtswalterzeichen zeigte mir seine Ställe, insbesondere seine Schweinezucht und klagte bitterlich: er hätte bisher 12jährigen Pachtvertrag gehabt, er könne nur mit langen Fristen arbeiten. Jetzt aber sitze ein Herr im Ministerium, der die Pachtverträge nur auf ein Jahr abschließe, er sei allmächtig, man käme weder schriftlich noch gar mündlich an ihn heran. Ich spielte den Dummen: wie sich das mit dem Grundsatz der NSDAP vertrage, die Landwirtschaft, den Bauern sicherzustellen? Erbitterte Antwort: ganz u. gar nicht, es sei gar nicht im Sinne des * Führers – aber

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