Klemperer, Viktor
Bronzewerk, etwa Bokelmann![] 1 ([]Und verprügelt sie vereint 2 ...) Bei näherem Hinsehen ein S.A.-Mann, der zwei Gestalten übers Knie gelegt hat, einen Marxisten[] mit Ballonmütze und einen Juden mit Cylinder im Nacken. Wie wir das Ding noch betrachten, kommt ein uns ganz fremder bebrillter junger Mann auf uns zu: Sie wollen wohl wissen, was das bedeutet? Es soll zeigen, wie der neue Staat die Betrüger austreibt. Das ist in Lauchhamer gegossen, echte Bronze, das hat sechzigtausend Mark gekostet Feixt ausdrucksvoll und geht ... Lange Kaffeerast, dann liess ich den Wagen auf bekannter Strasse ordentlich ausgreifen. Glatteste Fahrt, Spremberg, Hoyerswerda, Königsbrück, pausenlos durchschnittlich im 60 km.-Tempo. In Königsbrück rollte vom Bahnhof her ein neues Kavallerieregiment[], kleine runde schnelle Tanks mit Maschinengewehrtürmen. Um 7 glorreich durch die Stadt nach Hause. Aber nun verlangsamte sich der Bock, den Berg bekam ich ihn mühsam im ersten Gang hinauf – ETWAS versagte, das Klappern liess auf bösen Maschinendefekt schliessen. Frau Lehmann erwartete uns, * Grete wurde in mein Zimmer aufgebettet.
11.) Sonnabend 28. 8. Hic incipit tragoedia, 3 hier beginnt der Kaufpreis. Die Tage [mit] Grete wurden furchtbar schwer und lang. Sie geht nicht die Treppe hinunter, sie isst nichts von dem was wir essen, sie isst nie, wenn wir essen, sie ist der bescheidenste Mensch (le meilleur des hommes), der niemals Umstände macht, für den * Frau Lehmann nie zu kommen brauchte, und der doch uns beide ununterbrochen in Anspruch nimmt, treppauf, treppab scheucht, nie zur Ruhe kommen läßt und bei alledem nie zufrieden [a]ussieht und niemals ahnt, wie sehr sie sich bedienen lässt, und der Laune und Wunsch von Stunde zu Stunde wechselt. Sie sollte nach ursprünglichem Plan am 1. Sept. zum * Vetter Bunzl nach Brünn weiter – das musste leider bis zum 3. 9. verschoben werden. Gott, können Tage lang sein. Sie begannen für mich mit Frühstückbesorgen (EI kochen, oben aufdecken, trepp auf, treppab, Abdecken, dann erst unser Frühstück, immer sah ich * E. ermüdet, nie konnte ich in meinem Zimmer sitzen, immer musste ich Unterhaltung machen, jede Stunde war ein Tag. Am Nachmittag fuhren wir alle zu * Wolf nach Freital. Er befahl dem Bock sofort Bettruhe, bis er ihn Montag aufgemacht haben würde. Bestimmt musste der Cylinderkopf herunter, unter dem die Dichtung entzwei war, vielleicht war auch ein Lager zum Teufel.
12) Sonntag, 29. 8. Also dehnte sich der Sonntag endlos und sorgenvoll ohne den ablenkenden Bock. * Grete mit ihrer Milch, ihrem Ei[,] ihrem Kaffee Hag, ihrer dicken Milch (lieber nicht, vielleicht ist sie nicht einwandfrei, einmal im Sanatorium ...) mit x y z Dingen, die wir heranschaffen, heraufschaffen mussten. * Frau L. sagte: Genau wie meine * Frau Walz, eine verkalkte Siebzigerin, die sie betreut, und über deren Schwierigkeit sie regelmässig bei uns klagt. Ich las Grete ein Capitel aus meinem * Rousseau vor, ich glaube nicht, dass sie es verstanden hat. Der Tag nahm schliesslich ein Ende; es wurde beschlossen, am Dienstag und Mittwoch eine Riesengebirgsfahrt zu machen. (Grete warf 40 M. dafür aus, etwa 50 habe ich gebraucht.)
13.) Montag 30. 8. * Wolf erschien um 7, es war nur die Dichtung, um 12 war der Wagen im Stand (5,50, aber für uns eine Summe), und nun fuhr ich * Grete zum * Augenarzt Best, nach vielem Telephonieren, denn sie wollte nur möglichst wenig Treppen steigen, und bei Best (jetzt in der Goethestr.) war es nur eine. Sie kam deprimiert herunter: das Auge sei gesund, aber das Herz schlecht, und die Treppe sei zu schwer für sie gewesen. Dennoch wollte sie am Nachmittag wieder fahren. Auf die Höhe zu Altenberg mit dem Blick auf den Geising, dann nach Oberbärenburg; ich liess den Wagen auf der grossen Strasse und suchte die tiefergelegene Pension Dorette, traf * Walter F.s * Frau an, die ich nicht wiedererka[n]nt hätte (damals hatte sie ein Baby, jetzt ist das ein * Mädchen von 14 Jahren) holte sie an den Wagen, traf mit ihr eine Verabredung für die nächste[ n ] Woche (sc[h]weren Herzens, aber was tun?)
14) Dienstag 31. 8. Hier begann also in schon recht allseitig abgekämpftem Zustand die zweitägige Riesengebirgsfahrt, zu der uns * Kaufmann Vogel und Zimmermann * Lange vielerlei Ratschläge gaben. Meine Aufmerksamkeit war durchweg darauf gerichtet, das herauszufinden, was das Riesengebirge wirklich vom Erzgebirge unterscheide und ob es, wie alle Welt behauptet, wirklich
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