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Klex in der Landschaft

Klex in der Landschaft

Titel: Klex in der Landschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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Hause kam, fand er Lady Maud auffallend gut gelaunt vor. »Ein merkwürdiger junger Mann hat mich besucht«, teilte sie ihm mit, als er wissen wollte, was denn los sei. »Ach ja?«
    »Er heißt Dundridge. Er kommt vom Ministerium für –«
    »Dundridge? Sagtest du Dundridge?«
    »Ja. Ein sehr interessanter Mann ...«
    »Interessant? Ich hörte, er sei ein Trot... ist ja egal. Was hatte er denn zu erzählen?«
    »Oh, dies und das«, sagte Lady Maud, erfreut, daß ihr Mann so aufgeregt war.
    »Was soll das heißen, ›dies und das‹?«
    »Wir sprachen darüber, wie absurd es ist, eine Autobahn durch die Schlucht zu bauen«, sagte Lady Maud. »Ich nehme an, er favorisiert die Strecke durch Ottertown.« Lady Maud schüttelte den Kopf. »Eigentlich nicht.«
    »Das tut er nicht?« sagte Sir Giles, inzwischen gründlich aufgeschreckt. »Wofür ist er, verdammt noch mal, dann?« Lady Maud genoß seine Besorgnis. »Er dachte an eine dritte Strecke«, sagte sie, »mit der man sowohl Ottertown als auch die Schlucht meidet.«
    Sir Giles erbleichte. »Eine dritte Strecke? Aber es gibt doch gar keine dritte Strecke. Es kann keine geben. Er hat doch wohl nicht vor, durch den Wald zu bauen, oder? Das ist ein Landschaftsschutzgebiet.«
    »Nicht durch den Wald. Drunter durch«, verkündete Lady Maud triumphierend.
    »Drunter durch?«
    »Ein Tunnel. Ein Tunnel unter den Cleene-Bergen durch. Ist das nicht eine wundervolle Idee?«
    Sir Giles ließ sich auf eine Sitzgelegenheit fallen. Er sah elend aus.
    »Ich sagte: ›Ist das nicht eine wundervolle Idee?‹« wiederholte Lady Maud.
    Sir Giles gab sich einen Ruck. »Äh ... was ... oh ja ... ausgezeichnet«, murmelte er. »Ganz ausgezeichnet.«
    »Du klingst nicht sehr begeistert«, meinte Lady Maud.
    »Ich kann mir nur nicht vorstellen, daß so etwas finanziell machbar ist«, sagte Sir Giles. »Es wäre mit enormen Kosten verbunden. Ich kann mir nicht denken, daß sich das Ministerium mit dieser Idee ohne weiteres anfreundet.«
    »Aber ich«, sagte Lady Maud, »wenn man ein wenig nachhilft.« Sie trat auf die Terrasse hinaus und warf einen zärtlichen Blick auf den Park. Mit Dundridges Hilfe hatte sie ein Problem gelöst. Das Haus war gerettet. Was blieb, war die Frage nach einem Erben, und gerade war ihr der Gedanke gekommen, daß Dundridge da ebenfalls von unschätzbarem Wert sein könnte. Beim Essen hatte er recht begeistert und ausdrucksvoll über seine Arbeit geplaudert. Ein- oder zweimal hatte er von Sperrmarkierungen gesprochen. Das Wort hatte sie an etwas erinnert. Als sie sich nun über die Brüstung lehnte und in die Tiefen der Kiefernschonung starrte, fiel es ihr sofort wieder ein. »Sperrmakierung«, murmelte sie, »Sperrmakierung.« Der Begriff war ihr neu und klang merkwürdig theoretisch für einen so intimen Akt, aber Lady Maud war nicht zu Kritteleien aufgelegt.
    *
    Ganz anders Sir Giles. Er watschelte ins Arbeitszimmer und rief Hoskins an. »Was sollte das heißen, dieser Scheißkerl Dundridge ist ein Trottel?« fauchte er. »Wissen Sie, was er sich jetzt ausgedacht hat? Einen Tunnel. Kein Witz. Einen verfluchten Tunnel durch die Cleene-Berge.«
    »Einen Tunnel?« sagte Hoskins. »Das kommt überhaupt nicht in Frage. Sie können unter dem Wald keinen Tunnel bohren.«
    »Wieso nicht? Sie bohren einen unter dem verflixten Ärmelkanal durch. Heutzutage können sie Tunnel bauen, wo immer sie verdammt noch mal wollen.«
    »Das weiß ich, es verbietet sich aber aus Kostengründen«, sagte Hoskins.
    »Verbietet sich aus Kostengründen – am Arsch. Wenn dieser Heini rumläuft und was von Tunnel blökt, unterstützt ihn doch jeder Umweltfreak im Land. Man muß ihn aufhalten.«
    »Ich werde mein Bestes tun«, meinte Hoskins zweifelnd. »Sie werden noch mehr tun«, fuhr ihn Sir Giles an. »Sie machen ihm Ottertown schmackhaft.«
    »Aber was ist mit den fünfundsiebzig Sozialbauten –«
    »Stecken Sie sich ihre fünfundsiebzig Sozialbauten sonstwohin. Bringen Sie ihn bloß von diesem Tunnel ab.« Sir Giles legte den Hörer auf und sah böse aus dem Fenster. Wenn er nicht zu drastischen Mitteln griff, würde er Haus Handyman ewig am Hals haben; und Lady Maud obendrein. Er stand auf und gab dem Papierkorb einen Tritt, daß er in die Ecke flog.

Kapitel 10
    Ohne die Landschaft eines Blickes zu würdigen, fuhr Dundridge nach Worford zurück. Seine Begegnung mit Lady Maud hatte ihn schwer beeindruckt und sein Selbstwertgefühl mächtig gesteigert. Das Essen war wirklich angenehm

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