Klex in der Landschaft
Streitereien über Eigentumsrechte mehr, keine Entschädigungszahlungen, keinen Ärger. Dundridge hatte die ideale Lösung gefunden.
In der Eingangshalle schlich die in ein Prachtgewand gekleidete Lady Maud zwischen den Farngewächsen herum. Das Oberlicht aus Buntglas hoch über ihrem Kopf warf einen rötlichen Schimmer auf die Marmortreppe und verlieh den gesunden Gesichtern ihrer Vorfahren, die grimmig von den Wänden blickten, den Anschein, als stünden die Herrschaften kurz vor einem Schlaganfall. Lady Maud ordnete noch einmal ihr Haar – sie war bereit. Ihr Plan stand fest. Sie würde es bei Mr. Dundridge auf die liebenswürdige Tour versuchen, jedenfalls für den Anfang, und erst einmal abwarten, wie er darauf ansprach. Als sein Wagen draußen auf dem Kies knirschte, rückte sie ihren Schlüpfer zurecht und warf einer Vase mit Löwenmäulchen ein Probelächeln zu. Dann trat sie zur Haustür und öffnete.
*
»Trottel? Trottel? Sagten Sie Trottel?« fragte Sir Giles. Er saß in seinem bequemerweise in der Nähe von Hoskins’ Planungsamt gelegenen Wahlkreisbüro, und das Wort klang in seinen Ohren beruhigend.
»Ein Volltrottel«, sagte Hoskins.
»Sind Sie sicher?«
»Absolut sicher. Ein Trottel erster Güte, Handelsklasse A.«
»Das klingt zu schön, um wahr zu sein«, meinte Sir Giles skeptisch. »Man kann nicht immer nach dem Äußeren gehen. Ich kenne ein paar sehr gerissene Kunden, die wie Idioten aussehen.«
»Ich gehe nicht nach dem Äußeren«, sagte Hoskins. »Er sieht nicht aus wie ein Idiot. Er ist einer. Könnte ein Ende von der Autobahn nicht vom anderen unterscheiden.« Sir Giles dachte über diesen Satz nach. »Ich weiß nicht genau, ob ich das könnte, wenn ich’s mir recht überlege.«
»Sie wissen, was ich meine«, sagte Hoskins. »Er ist genausowenig Autobahnexperte wie ich.«
Sir Giles legte die Stirn in Falten. »Wenn er so ein Blödmann ist, wieso hat ihn der Minister dann hergeschickt? Er hat ihn mit sämtlichen Verhandlungsvollmachten ausgestattet.«
»Ich sag immer: Einem geschenkten Gaul guckt man nicht ins Maul.«
»Da ist allerdings was dran«, meinte Sir Giles. »Sie glauben also, es besteht kein Grund zur Sorge?«
Hoskins lächelte. »Nicht im geringsten. Er wird ein bißchen rumschnüffeln und dann genau das tun, was wir wollen. Ich sage Ihnen, dieser Bursche schießt den Vogel ab. Der könnte kein Wässerchen trüben.«
Sir Giles dachte über diese Kombination blumiger Redewendungen nach und entschied, daß sie ihm zusagte. »Wie ich hörte, hat Lord Leakham immer noch Schaum vor dem Mund.«
»Er kann’s kaum erwarten, die Überprüfung wiederaufzunehmen. Will die Autobahn durch die Schlucht führen, sagt er, und wenn’s das letzte ist, was er tut.«
»Das wird es wohl auch sein, wenn es nach Maud geht«, sagte Sir Giles. »Sie ist äußerst schlechter Laune.«
»Wenn die Entscheidung erst einmal gefallen ist, kann sie nicht mehr viel unternehmen«, sagte Hoskins. »Da wäre ich nicht so sicher.« Sir Giles stand auf, schaute aus dem Fenster und dachte über seinen Ausweichplan nach. »Sie glauben doch nicht, daß dieser Dundridge von der Schluchtroute abraten wird?« fragte er schließlich.
»Und wenn schon, Lord Leakham würde nicht auf ihn hören. Er hat sich in den Kopf gesetzt, daß Sie versucht haben, ihn zu vergiften«, sagte Hoskins, ging in sein Büro und überließ es Sir Giles, gedankliche Variationen über das Thema ›Erstens kommt es anders, zweitens als man denkt‹ anzustellen. Hoskins hatte gut reden und über Trottel vom Ministerium jubilieren. Er hatte schließlich nichts zu verlieren – wie Sir Giles. Seinen Sitz im Parlament beispielsweise. Na, wenn alle Stricke rissen und Maud ihre Drohung wahr machte, konnte er sich immer noch ein neues Mandat zulegen. Es lohnte sich, dieses Risiko einzugehen. Mit dem beruhigenden Gedanken, daß Lord Leakham wild entschlossen sei, die Autobahn durch die Schlucht zu erzwingen, ging Sir Giles essen.
*
Im Haus Handyman hatte Lady Mauds liebenswürdige Tour Wunder gewirkt. Dundridge war aufgeblüht wie eine empfindliche Pflanze, die dringend Wasser brauche. Er war in der Erwartung gekommen, Sir Giles anzutreffen; doch nachdem der erste Schock darüber abgeklungen war, daß er sich in einem großen Haus allein mit einer großen Frau befand, amüsierte Dundridge sich prächtig. Zum erstenmal seit seiner Ankunft in Worfordshire nahm man ihn ernst. Lady Maud behandelte ihn als einflußreiche
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