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Klex in der Landschaft

Klex in der Landschaft

Titel: Klex in der Landschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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von Wilfrid’s Castle. Diese Ecke wurde wenig besucht, und um zwei Uhr morgens würde sich wahrscheinlich sowieso niemand draußen herumtreiben. Ein Bentley hatte unter anderem den großen Vorzug, daß er kein lautes Auto war. Die letzten zehn Kilometer war Sir Giles ohne Licht gefahren, hatte sich im Leerlauf an Bauernhäusern vorbeigedrückt und nur Nebenstraßen benutzt. Er hatte keine anderen Fahrzeuge bemerkt und war seines Wissens von niemandem bemerkt worden. So weit, so gut. Er stieg aus dem Wagen und ging den Fußweg hinunter zur Brücke. Dort unter den Bäumen war es dunkel, und er hatte Schwierigkeiten, sich zurechtzufinden. Nach Überqueren der Brücke kam er an ein Tor aus Maschendraht. Er knipste kurz seine Taschenlampe an, öffnete das Tor und betrat die Schonung. Das Tor überraschte Sir Giles. Er war schon lange nicht mehr auf der anderen Seite der Brücke gewesen, genaugenommen seit seinem Hochzeitstag nicht, war sich aber ganz sicher, daß es früher kein Tor gegeben hatte. Doch jetzt war nicht die Zeit, sich über solchen Kleinkram den Kopf zu zerbrechen. Er mußte sich beeilen. Das war leichter gesagt als getan. Schon bei Tageslicht war es in der Schonung dunkel genug. Nachts war es stockfinster. Sir Giles beleuchtete den Boden mit einer Taschenlampe und ging vorsichtig weiter, dankbar, daß ein Teppich aus Fichtennadeln seine Schritte dämpfte. Er hatte den Wald zur Hälfte durchquert, als er bemerkte, daß er nicht allein war. In der Nähe atmete etwas. Er machte die Taschenlampe aus und horchte. Über ihm ächzten die Fichten in einem leichten Wind, und für einen Augenblick hoffte Sir Giles, er habe sich geirrt. Sekunden später wußte er, daß diese Hoffnung trog. Aus dem Wald drang ein gewaltiges Pfeifen und Schnaufen. »Muß eine Kuh mit Asthma sein«, dachte er, obwohl er sich nicht vorstellen konnte, wie eine asthmatische Kuh in die Schonung gelangt war. Kurz darauf wurde er, was die Kuh betraf, eines Besseren belehrt. Was auch immer es war, es erhob sich mit einem furchtbaren Schnauben, brach dabei etliche Äste ab, den Geräuschen nach zu urteilen große Äste, und trollte sich mit einer solchen Zielstrebigkeit, daß es offenbar zahlreiche Bäume mitnahm. Sir Giles stand zitternd da, teils aus Furcht, teils weil der Boden unter seinen Füßen ebenfalls zitterte, und als das Geschöpf schließlich am Waldesrand mit ebensowenig Rücksicht auf fremdes Eigentum wie auf sein eigenes Wohlergehen durch den Eisenzaun brach, war er sich nicht im klaren, ob er weitergehen sollte. Am Ende zwang er sich, seinen Weg fortzusetzen, wenn auch vorsichtiger als zuvor. Was immer es gewesen war, schließlich war es ja weggelaufen.
    Sir Giles erreichte das Tor und starrte zum Haus hinüber. Es war unbeleuchtet. Rasch überquerte er den Rasen und ging zur Haustür. Dort zog er die Schuhe aus, öffnete die Tür und trat ein. Stille. Er ging durch den Korridor, betrat sein Arbeitszimmer und schloß die Tür. Dann knipste er seine Taschenlampe an und richtete sie auf den Safe – oder besser gesagt auf das Loch in der Wand, wo früher der Safe gewesen war. Sir Giles glotzte es entgeistert an. Kein Wunder, daß Hoskins so nachdrücklich von Verbrennungsöfen, leichtentzündlichem Material und Gesundheitsrisiken gesprochen hatte. Nicht Dundridge hatte damit gedroht, zur Polizei zu gehen, sondern Maud. Aber hatte sie ihre Drohung schon wahrgemacht? Das ließ sich unmöglich sagen. Er schaltete die Taschenlampe aus, stand im Dunkeln und überlegte. Er konnte natürlich dafür sorgen, daß sie auch in Zukunft nicht zur Polizei ging, wenn sie nicht schon dagewesen war. Alle seine Zweifel, und sehr viele waren es nicht, ob es ratsam sei, sich des Hauses Handyman und Mauds zu entledigen, verflüchtigten sich. Er würde das alte Biest endgültig fertigmachen. Er öffnete die Arbeitszimmertür und horchte einen Moment lang, bevor er durch den Gang zur Küche schlich. Wenn Feuer ganz von selbst ausbrachen, dann normalerweise in Küchen, außerdem befanden sich dort die Tanks für den Ölherd. Unterwegs machte er in der Garderobe unter der Treppe halt und zog seine Gummistiefel an.
    Das Klirren des Eisenzauns weckte Lady Maud. Sie setzte sich im Bett auf und überlegte, was das wohl bedeutete. Eisenzäune klirrten nicht von allein, und Nashörner tobten nicht ohne Grund in den frühen Morgenstunden durch Steingärten. Sie knipste die Nachttischlampe an, um nach der Uhrzeit zu sehen, aber dank des Stromausfalls in

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