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Klingenfieber: Roman (German Edition)

Klingenfieber: Roman (German Edition)

Titel: Klingenfieber: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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Male war sie ihm wieder entwischt. Das Biest. Das außerordentliche Weib.
    Wie wenig ihr andere das Wasser reichen konnten. Er sah die Damen und Dirnen der Hochstadt und verspürte nichts als Langeweile. Keine von denen verstand es, sich zu widersetzen, sich zu entziehen, um ihr Leben zu kämpfen und siegreich zu bleiben. Die meisten von denen hängten sich an einen Mann, um sich das Leben annehmlicher zu gestalten. Nicht so Erenis. Seine Erenis. Sie brauchte niemanden. Verachtete jeden. Lehnte alles ab, was anderen Verlockung war.
    Sie war ihm ähnlich. Das Entbehrungsreiche war ihr näher als die Völlerei.
    Und sie war hier . Von der Mitte der Stadt aus gesehen konnte sie nirgendwo weit weg sein. Er saß wie die Spinne im Netz und schickte seine Männer aus, und irgendwo würde sie, die Tänzerin, sich zappelnd verfangen.
    Er beschloss, seine Erregung noch zu bezähmen. Bis zur zweiten Fünfstundenschicht.
    Dann, nach dreieinhalb Stunden, kam ein atemloser Verfechter zu ihm. Seine Gruppe hatte eine aufgegriffen, eine Frau mit Schwert. Vardrenkens Erregung war sofort weg. Zu greifbar, zu ernüchternd erschien ihm das Ganze. Er folgte dem Verfechter bis zur Stätte eines Handgemenges. Blut war geflossen. Eine stämmige Bewaffnete hatte sich gegen die Verfechter zur Wehr gesetzt und einen tiefen Schnitt im Gesicht erhalten. Aber sie war es nicht. Natürlich war sie es nicht, denn sie blutete, während kein einziger der Verfechter verwundet war. Sie war langsam und unansehnlich. Nur für einen Moment dachte Vardrenken darüber nach, diese zu nehmen anstelle von Erenis, in der zweiten Fünfstundenschicht, nur zum Vergnügen. Aber es missfiel ihm, dass die Verfechter wieder alles mitbekommen würden, wie kürzlich in diesem Dorf. Sicherlich plapperten sie alles aus gegenüber ihren hohen Herren. Jede Kleinigkeit konnte gegen ihn verwendet werden. Nein, es durfte nicht unter ihren Augen passieren, sondern abgeschieden und in Ruhe. Seine rasenden Gedanken wurden wieder ruhiger.
    »An deine Frechheit wird dich deine Narbe gemahnen, für den Rest deines Lebens«, tadelte er die Bewaffnete, dann ließ er sie gehen, schickte diese Dreiergruppe weiter und kehrte nach Mitten zurück, wo es noch stärker nach Blut roch, dem Blut blökender Tiere.
    Er wartete.
    Als fünf Stunden um waren, trafen alle zehn Dreiergruppen bei ihm ein. Gute, verlässliche Männer. Ein Jammer, dass man sie ihm schon wieder wegnehmen wollte. Ein Jammer, dass einige von ihnen sterben mussten, damit man ihm endlich Gehör schenkte.
    Alle hatten sich erkundigt. Keiner hatte etwas gefunden.
    Der Rittrichter schärfte ihnen ein, in der zweiten Fünfstundenschicht noch sorgfältiger, noch entschlossener vorzugehen. Dann zerstreuten sie sich wieder in alle Winde.
    Vardrenken war ein neuer Gedanke gekommen: Was war eigentlich, wenn er dem Hohen Rat eine falsche Erenis präsentierte, um die Mission erfolgreich abzuschließen? Wenn er eine fand, die ihr ähnlich sah, sie ausstaffierte, wie er das schon zweimal getan hatte, sie niederrang und als Erenis präsentierte? Sie würde alles abstreiten, natürlich. Das war ja egal, das machte seine Behauptung nicht unglaubwürdiger. Aber man würde ihre Fähigkeiten überprüfen. Und sie würde keine Fähigkeiten besitzen. Also musste er sie tot übergeben. Damit niemand irgendetwas in Erfahrung bringen konnte. Aber was, wenn eines dieser verflucht skeptischen Ratsmitglieder dann auf die Idee kommen würde, Dörfler zu befragen, Dörfler, die Erenis tatsächlich gesehen hatten? Schließlich war sie durch die nahe gelegenen Dörfer gekommen, es war nicht allzu aufwendig, von dort jemanden holen zu lassen. Dann würde es heißen: »Das ist sie gar nicht.« Und der Rittrichter würde als völliger Versager, ja als Hochstapler dastehen.
    Nein, so einfach war es nicht zu Ende zu bringen. Alles musste hieb- und stichfest sein. Die echte Erenis. Gebrochen.
    Er fragte sich auch, was er tun würde, wenn es ihm gelänge, dem Rat eine falsche Erenis zu präsentieren. Er wäre dann, was seinen Ruf anginge, aus dem Schneider – aber würde er selbst die Angelegenheit dann auf sich beruhen lassen können? Selbstverständlich nicht. Er würde Erenis weiter jagen wollen bis ans Ende der Welt, bis er sie endlich bezwungen hätte oder sie ihn, und er würde niemandem verraten können, wem er da eigentlich nachjagte.
    Nein, es gab keine Lösung abseits der Wahrheit. Erenis oder er. Einer von beiden würde dran glauben müssen.
    Die

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