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Klondike

Titel: Klondike Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Michener
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Schlafenden am Boden schweifen ließ. »Was suchen Sie?«
    »Antworten. Antworten. Wie sollen meine Mannschaft und ich von hier an die Goldfelder gelangen und dem sicheren Untergang entgehen, dem diese Stümper geweiht sind?«
    »Da sind Sie genau an den Richtigen gekommen«, meinte der Schotte. »Ich arbeite für die Hudson’s Bay Company, und ich bin der einzige in der Gegend hier, der die Reise hinter sich gebracht hat, und weil ich mich unterwegs voll und ganz auf die gefüllten Proviantlager meiner Gesellschaft verlassen konnte, hatte ich nur leichtes Gepäck. Fast keine Ausrüstung. Außerdem hatte ich für einen Teil der Strecke auch die Hilfe von ein paar Hundsrippen-Indianern.«
    »Wie war der Marsch?«
    »Schrecklich! Es ist ein Verbrechen, unerfahrene Menschen zu dieser Jahreszeit in den Norden zu schicken. Viele werden den Tod finden, nicht Gold.«
    »Was würden Sie raten?«
    »Sie sehen kräftig aus und machen einen ganz vernünftigen Eindruck. Wie steht’s um die anderen aus Ihrer Gruppe?«
    »Alle jung und tüchtig.«
    »An Ihrer Stelle würde ich bis zur Eisschmelze im Juni hier in Edmonton bleiben, dann den Mackenzie-Fluß hinuntersegeln, den majestätischsten Strom, den ich je gesehen habe, und so lange auf dem Fluß treiben, bis er in den arktischen Ozean mündet. Aber halten Sie sich von dem Delta fern, es ist ein einziges Wirrwarr von miteinander verflochtenen Flüssen und kleinen Inseln. An der Stelle, wo das Delta beginnt, fließt vom rechten Ufer her der Peel River in den Mackenzie-Fluß. Den paddeln Sie zehn bis fünfzehn Meilen aufwärts, wo Sie auf den Rat River stoßen, der vom Westen her mündet. Verfolgen Sie den Fluß bis zum Oberlauf, und tragen Sie dann Ihr Boot über die Berge, keine leichte Sache, aber es läßt sich machen. Dort finden Sie den Bell River. Lassen Sie sich hinuntertreiben, leichte Paddelarbeit, und nach einiger Zeit kommen Sie an den Porcupine, einen riesigen Fluß. Hier biegen Sie rechts ab. Fahren Sie weiter flußabwärts, und ohne große Probleme, fast ohne zu paddeln, erreichen Sie Fort Yukon. Und - ›Voila‹, wie die Franzosen sagen - schon sind Sie am Yukon, wo Sie ein Flußboot erwischen, das Sie direkt bis Dawson bringt.«
    Der gute Mann war so darauf erpicht, die Fehler wettzumachen, die die selbsternannten »Experten« begangen hatten, daß er mit dem Finger eine Karte in den Sand zeichnete, auf der alle von ihm empfohlenen Biegungen und Abzweigungen zu erkennen waren. »Er stellt schon seine Anforderungen, dieser Weg, aber er ist noch relativ einfach. Ein paar Flußstellen und Berge, über die das Boot getragen werden muß, ja, und auch flußaufwärts paddeln, aber nicht übermäßig viel.«
    Nachdem sich Lord Luton die Karte genauer angesehen hatte, verfinsterte sich sein Gesichtsausdruck. »Wir legen keinen besonderen Wert darauf, die Flußdampfer auf dem Yukon zu benutzen. Wir haben beschlossen, es auf unsere Weise zu versuchen. Wegen der Herausforderung. Sie verstehen, was ich meine.« Er wies auf den Punkt, der Fort Yukon markieren sollte. »Und die Goldfelder via amerikanisches Territorium zu betreten kommt erst recht nicht in Frage.«
    Der Angestellte der Hudson’s Bay Company ließ die Zurückweisung eine Weile auf sich wirken, zugehe seinen Zorn und entgegnete dann ruhig: »Sir, Sie legen sich da selbst Hindernisse in den Weg, die hier im hohen Norden keinen Sinn ergeben. Ich würde mich auch mit dem Elan einer verkrüppelten alten Frau zufriedengeben, wenn es mir helfen würde, eine anstrengende Reise hinter mich zu bringen.« Er verbeugte sich steif und verschwand in der sternenklaren Nacht.
    Luton wollte sich gerade wieder auf den Heimweg zu seinem Hotel machen, als ein Licht in der Ferne ihn ablenkte. Er ging darauf zu, vernahm ein Gemurmel von leisen Stimmen, es klang, als würden sich Hunderte von Menschen flüsternd unterhalten. Als er näher herantrat, sah er eine Schar Indianer, Männer und Frauen, einen rituellen Tanz aufführen, die Köpfe in den Nacken geworfen, als wollten sie den Mond beschwören, aus seinem Versteck zu kommen. Die Füße zogen sie im formlosen Schleifschritt nach sich, die Arme hingen schlaff an den Seiten herunter, als seien sie vom Körper halb gelöst. Es war kein übermütiger Tanz, kein Tanz, bei dem gesprungen oder geschrien wurde, aber die Anzahl der Beteiligten, ihre gleichmäßigen schlurfenden Bewegungen und ihr leises Geraune übten eine narkotische Wirkung aus, auf die Tänzer selbst wie auch auf

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