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Klondike

Titel: Klondike Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Michener
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verzweigte Mündung des Flusses erkundet hatte, zielte er damit auf die dunklen Ufer des Peel River. Die Indianer hielten das Teleskop für das Feuerrohr des weißen Mannes, dessen todbringende Kraft sie kannten, und sie fürchteten, er würde jeden Augenblick auf sie schießen. Sie wären weiter vor ihm zurückgewichen, wenn nicht Luton zurückgeeilt wäre, das Teleskop an sich genommen und es seitwärts, auf die nach oben gerichteten Handflächen gelegt, über seinen Kopf gehalten hätte.
    Als er sich jetzt den verängstigten Indianern näherte, fing er an zu lachen, nicht laut, nicht spöttisch, eher um seinen Willen zum friedlichen Kontakt zu betonen, und als sich der erste behutsam heranwagte - alle gekleidet in schlichte Gewänder aus Leder -, zeigte er erst diesem einen, dann einem zweiten, wie das Teleskop funktionierte, und schnell hatte er sie beruhigt und aufrichtig freundlich gestimmt.
    Jeder wollte einmal das ferne Ufer sehen, die weißen Vögel in den sumpfigen Niederungen, und bevor man die »Afton« weiter in den Peel vordringen lassen wollte, mußte ein Fest gegeben werden, mit Tanz und Gesang, der ihnen Glück bringen sollte für die Weiterfahrt. Es war ein so freundlicher Empfang, so anders als die Nüchternheit der Zeremonie der Schwarzfußindianer in Edmonton, daß Luton seinem Freund Carpenter sogar zurief: »Harry, haben wir nicht irgendwas, was wir diesen guten Menschen als Geschenk überlassen können?«, worauf ein paar Sachen aus dem Proviant an sie verteilt wurden. Fogarty, mit seiner Bauernschläue, einfache Probleme auf praktische Art und Weise zu lösen, unterhielt sich bald darauf in Zeichensprache mit den Han-Indianern und erfuhr, daß sie tatsächlich über den Yukon oder einen anderen im Westen gelegenen Fluß gekommen waren, der mindestens so mächtig war wie der Mackenzie.
    »Ist er weit entfernt?« wollte Luton wissen, und die kleinwüchsigen Menschen deuteten an, sie hätten ihn in der Zeitspanne eines Halbmondes zurückgelegt, was Harry zu der Vermutung verleitete: »Sie müssen den Porcupine meinen.«
    Die Aussprache des Namens versetzte die Indianer in Aufregung, und mit einem Wirrwarr von Zeichen erklärten sie Fogarty, ja, es sei der Porcupine, aber dahinter sei noch ein riesiger Strom. Alle Teilnehmer der Expedition waren froh und erleichtert zu erfahren, daß sie dem Yukon so nahe waren. Überstürzt bereiteten sie ihre Abfahrt vor, doch als sie den Peel flußaufwärts stakten - ein müheloses Sich-flußabwärts-treiben-Lassen würde es jetzt nicht mehr geben -, fragte Luton seine Mannschaft: »Wie ist das möglich, daß es in einem modernen Land wie Kanada oder den Vereinigten Staaten immer noch unwissende Wilde geben kann? Kaum besser als Tiere?« Doch Harry entgegnete trocken: »Sie wußten, wo sie waren. Wir nicht.«
    Zwei Tage darauf, als sie sich den träge fließenden, unerfreulichen Peel hinauf quälten, sahen sie sich einem jener Augenblicke gegenüber, die menschliche Schicksale bestimmen können, doch kündigte er sich nicht mit schallenden Trompeten oder mit einem in allen Farben schillernden Sonnenuntergang am Ende eines Tages an. Auf der Steuerbordseite der »Afton«, dem linken Ufer des Peel River, erblickten sie zwei Männer mit ungepflegten Bärten und nacktem Oberkörper, damit beschäftigt, ihr kleines Boot in zwei Hälften zu sägen.
    »Was soll das werden?« rief Carpenter ihnen zu, als sein eigenes Schiff Kurs auf das Ufer nahm.
    »Abspecken, damit wir es über den Paß da drüben tragen können.«
    »Welche Route nehmen Sie?«
    »Rat, Bell, Porcupine. Schnellste Verbindung nach Dawson.«
    Lord Luton hörte die Unterhaltung mit an, und da er keine Fortsetzung des Gesprächs wünschte, unterbrach er rechthaberisch: »Da liegen Sie falsch. Über den Peel ist es viel kürzer.«
    »Mag sein. Aber nicht schneller«, sagte der Mann. »Im Gegenteil. Schließen Sie sich uns an. Mehr Hände, weniger Arbeit.«
    Luton starrte sie angewidert an, versetzte Carpenter einen Stoß in die Rippen und sagte: »Los, Harry, schieben wir sie den Peel hoch«, doch Carpenter meinte, schon um dem gesunden Menschenverstand Genüge zu tun, noch einmal eine Lanze für die sicherere Route brechen zu müssen.
    Um einen gelassenen Tonfall bemüht und die offizielle Anrede benutzend, um die Ernsthaftigkeit seiner Aussage zu unterstreichen, meinte er: »Milord, wir werden keine bessere Stelle finden, um in die Rockies vorzustoßen, als den Paß am Oberlauf dieses kleinen

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