Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Klondike

Titel: Klondike Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Michener
Vom Netzwerk:
eingestehen, daß sie auf dieser weglosen Ebene verloren waren. Nebel verhüllte die Höhen auf der anderen Seite, so daß kein Orientierungspunkt herausragte, nach dem sie sich hätten richten können, und die nicht enden wollenden Seen, eigentlich nicht mehr als eine Unzahl kleiner Sümpfe mit morastigen Rändern, verwischten jeden Weg, den es möglicherweise zwischen den beiden Bergketten gab, bis zur Unkenntlichkeit. Sie schliefen nur unregelmäßig in der ersten Nacht, versicherten sich gegenseitig: »Morgen werden wir den Weg schon finden«, doch glauben tat keiner von beiden daran.
    Der nächste Tag, ihr erster in der kahlen Tundra, war ein Alptraum aus falschen Entscheidungen und blindem Herumirren im Dunkeln, während sich der leichte Nebel der letzten Nacht in schwere Wolken und prasselnden Regen verwandelte. Manchmal hatten sie den Eindruck, als liefen sie im Kreis, oder versanken in Sümpfen, die noch tiefer waren und sich noch hartnäckiger an ihre Körper klebten als die vorigen, so daß die Hoffnung auf eine geordnete Durchquerung des Tals dahinschwand. Bei Einbruch der Dämmerung, als der Regen nachließ und sich die Bewölkung im Osten auflockerte, sagte Fogarty, wie immer der Realist von beiden: »Milord, wir sind wieder an den Bergen angelangt, von wo wir gestern aufgebrochen sind. Ich seh’ die Stelle, an der wir rausgekommen sind. Ich weiß auch, wo der Weg verläuft, und wenn wir jetzt gleich losmarschieren, können wir ihn zurückverfolgen, den Peel abwärts und, noch bevor der Winter einsetzt, wieder in Fort Norman sein.«
    Luton, im Morast herumstochernd, einen Platz zum Schlafen suchend, unterbrach sein Tun, kehrte sich zu Fogarty um, starrte ihn an und sagte ganz ruhig: »Ich habe nicht gehört, was Sie da soeben gesagt haben. Morgen, bei Tageslicht, werde ich ein Stück in der Richtung auskundschaften. Sie machen dasselbe in der entgegengesetzten Richtung. Jeder versucht, den anderen immer im Blickfeld zu behalten. Wollen wir doch mal sehen, ob wir den gesuchten Weg nicht schneiden. Er muß hier irgendwo sein. Es geht nicht anders.«
    So zog am nächsten Tag, als sich die Wolkendecke erneut schloß und die Ausweichroute zurück zum Peel River nicht mehr sichtbar war, der kleine Spähtrupp los, wie Luton vorgeschlagen hatte, er selbst übernahm die Nordflanke, Fogarty wandte sich Richtung Süden, bis beide sich fast aus den Augen verloren. Wenn sie nichts gefunden hatten, riefen sie jeweils den Namen des anderen, winkten mit den Armen und trafen wieder in der sumpfigen Mitte zusammen, marschierten ein Stück vorwärts, um dann einen erneuten Versuch seitwärts zu starten. Es war ihnen kein Erfolg beschert, und als der Abend kam, mußten sie sich eingestehen, daß sie sich verirrt hatten.
    Die Hoffnung hatten sie jedoch nicht verloren, denn als sie ihre mageren Rationen aßen, meinte Luton verbissen: »Es muß einen Pfad durch diesen Morast geben. Morgen finden wir ihn, und dann geht es auf dem schnellsten Weg nach Dawson City.«
    Am dritten Tag mit Nebel und Regen waren sie nur noch tiefer in das höllische Tal aus Seen und Eishügeln und knöcheltiefen Sümpfen eingedrungen. Am Abend gab sich auch Luton keiner Täuschung mehr hin: »Fogarty, zum erstenmal fürchte ich, daß wir glatt versagt haben ...«
    »Milord, den Weg zurück zu den Hügeln, wo wir zuerst waren, finde ich bestimmt noch wieder.«
    »Es waren Berge«, entgegnete Luton geziert, »und die werden wir auf keinen Fall noch einmal zu Gesicht bekommen.«
    »Sie wollen also unbedingt weiter vorrücken?«
    »Jawohl.« Es kam so unverfälscht und mit einer solchen Endgültigkeit, daß jeder Gentleman auf der Stelle begriffen hätte, eine gegenteilige Meinung war nicht zugelassen, doch Fogarty blieb unbeirrt: »Sie meinen also .«
    Ehe Fogarty seine Frage formulieren konnte, sagte Luton: »Fogarty, wenn ein Mann sich auf eine Reise begibt, dann beendet er sie auch.«
    »Und wenn er sie nicht beenden kann? Wenn es keinen Weg auf Gottes weiter Welt gibt, keine Chance, die Reise zu beenden?«
    Luton ging nicht darauf ein, und in dieser Nacht schlug er sein Lager nicht neben dem des Iren auf. Bei Morgendämmerung erhoben sie sich mit neuer Hoffnung: Der dichte Nebel hatte sich aufgelöst. Doch noch bevor sie aufbrechen konnten, einigte sie ein gemeinsamer Kampf, aus purer Selbstverteidigung, denn der überfallartige Angriff einer der grausamsten arktischen Feinde sollte ihnen bevorstehen. Es fing mit einem leisen Summen an, das Luton

Weitere Kostenlose Bücher