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Knappheit: Was es mit uns macht, wenn wir zu wenig haben (German Edition)

Knappheit: Was es mit uns macht, wenn wir zu wenig haben (German Edition)

Titel: Knappheit: Was es mit uns macht, wenn wir zu wenig haben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sendhil Mullainathan
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wie Knappheit dieses Verhalten hervorruft und wie Knappheit, wenn sie das Denken bestimmt, sich selbst verstärkt und neue Knappheit erzeugt.
    Wir wollen uns nun zwei Studenten vorstellen, Felix und Oskar. Felix verbringt viel Zeit mit Arbeiten, die am Ende der Woche fällig sind, und widmet sich seinen Aufgaben rechtzeitig. Er hat viel zu tun, ist aber ganz entspannt. Anders Oskar: Er ist genauso talentiert und besucht die gleichen Vorlesungen, hat aber nie Zeit. Er arbeitet mehr, fühlt sich gehetzt und fängt immer erst spät in der Woche an, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Wie kommt es, dass Oskar so viel emsiger ist? Er hat nicht mehr Vorlesungen belegt, und er ist nicht weniger produktiv. Aber Oskar liegt immer einen Schritt zurück. Er arbeitet an seinen Aufgaben von letzter Woche. Anders als Felix, dem der Stoff noch lebendig vor Augen steht, weil er ihn gerade in der Vorlesung gehört hat, braucht Oskar zusätzliche Zeit, um sich zu erinnern, was letzte Woche im Seminar durchgenommen wurde, und es von dem zu trennen, was er am heutigen Morgen gehört hat (aber auch nicht vergessen darf). Oskar arbeitet härter, bekommt aber weniger zustande. Oskar fällt zurück.
    Man kann auch mit dem Geld einen Schritt zurückfallen. Stellen Sie sich nun vor, dass Felix und Oskar Bauern sind und jedes Jahr das gleiche Getreide anpflanzen. Felix kauft mit seinen Ersparnissen das Saatgut und den Dünger und finanziert seinen Lebensunterhalt, bis die Ernte beginnt. Oskar leiht sich für den gleichen Zweck Geld. So, wie Felix in seiner Rolle als Student relaxter aussieht, erscheint er auch als Bauer reicher. Oskar hat wenig zum Ausgeben. Beide haben das gleiche Einkommen, aber ein Teil des Geldes geht bei Oskar für die Zinsen drauf. Wieder ist das Problem, dass Oskar einen Schritt zurückliegt. Felix investiert mit seinem Einkommen in das nächste Jahr, Oskar zahlt mit ihm die Zinsen für den Kredit vom letzten Jahr.
    Die beiden Szenarien illustrieren, dass die Knappheit nicht nur auf den verfügbaren physikalischen Ressourcen beruht. Sowohl Oskar als auch Felix haben die gleichen Ressourcen zur Verfügung, aber Oskar leidet unter Knappheit, Felix nicht. Im ersten Fall haben beide die gleiche Menge Arbeit und Zeit, im zweiten Fall haben sie gleich viel Land und Einkommen. Ihre unterschiedliche Bilanz erklärt sich aus ihrem unterschiedlichen Umgang mit den Ressourcen.
    Der Unterschied zwischen Felix und Oskar macht klar, was wir mit einer Knappheitsfalle meinen. Beide werden von realen Einschränkungen bestimmt, aber Oskar ist durch sein eigenes Verhalten in die Knappheitsfalle geraten. Die Ursache ist seine Art, mit dem, was er hat, umzugehen und es zu benutzen. Er ist immer einen Schritt zurück, er zahlt ständig für die Ausgaben des letzten Monats. Es sieht dann so aus und vermittelt das Gefühl, zu wenig zu haben. Eine anfängliche Knappheit wird durch sein Verhalten verstärkt und verschärft. 4 Noch allgemeiner: Die Knappheitsfalle ist mehr als ein Mangel an physikalischen Ressourcen. Sie basiert auf einem falschen Gebrauch dieser Ressourcen, sodass effektive Knappheit entsteht.
    Wir sehen in der Welt zwar oft Knappheit, übersehen aber gern ihre selbst verschuldete Verstärkung. Wir sehen, wie Oskar, der Bauer, sich ständig Geld leiht, und denken: »Er gibt zu viel aus. Er kann nicht sparen.« Wir sehen, wie Oskar, der Student, lange arbeitet und Deadlines verpasst, und denken: »Er arbeitet zu viel, er sollte kürzer treten.« Wenn wir aber einmal die Logik der Knappheitsfalle verstanden haben, sieht es so aus: »Oskar gibt zu wenig aus (wir erinnern uns, dass er weniger ausgibt als Felix, der gleich viel Land bewirtschaftet)«, oder: »Oskar bekommt nicht genügend Arbeit zustande (er arbeitet zwar mehr als Felix, bekommt aber weniger fertig)«. Das Problem ist also nicht, wie viel jemand ausgibt, sondern wie er das macht. Wer sich ständig Geld leiht, gibt weniger für seine eigentlichen Bedürfnisse aus, da ein Anteil seines Einkommens für die Kredite draufgeht. Wer ständig mit seinen Arbeiten hinterherhinkt, verwendet weniger Zeit auf die Dinge, die getan werden müssen, weil er ständig einen Rückstand aufholenmuss. Noch konkreter: Wir sehen unsere Straßenhändlerin und merken, dass sie zu wenig Geld hat, um zu sparen. Wir denken nun zunächst, dass sie zu wenig verdient. Das ist natürlich richtig. Aber die Knappheitsfalle schnappt auch noch aus einem anderen Grund zu.
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