Knast oder Kühlfach: Roman (German Edition)
im Erdgeschoss und fand nichts Ungewöhnliches. Wenn man davon absah, dass die Kabelschächte in diesem Bunkerso breit waren, dass Birgit in ihrem Zustand noch durchgepasst hätte. Also weiter, zum Aufzug.
Ich benötigte keinen Türcode und keine auf- und abfahrende Kabine, sondern flog einfach durch den Schacht nach unten in Karpis Reich. Den Gang entlang und in Karpis Büro, wo er an seinem Schreibtisch hockte und telefonierte. Auf Russisch. Oder einer dieser Pelzmützensprachen, die für mich alle gleich klangen. Okay, das war wenig aufschlussreich, also würde ich mich weiter umsehen.
Von dem Flur, über den auch Martin und Birgit vor gut vierundzwanzig Stunden gewatschelt waren, gingen drei weitere Türen ab. Die eine war die Hintertür, durch die Karpi die beiden hinausgeschickt hatte, weil die Kripo Düsseldorf ihm auf die Bude rückte. Diese Tür führte eine feuchte Treppe hinauf und auf die Straße, auf der damals Gregors Nichte gefunden worden war. Diese Tür interessierte mich nicht.
Die beiden anderen Türen waren ebenfalls aus Eisen. Vermutlich waren Brandschutztüren in einem Bunker der Normalfall und eine zierliche Holztür in weißem Schleiflack hätte sicher auch ein bisschen tuntig gewirkt. Ich visierte die erste Tür an und … bums. Anders kann ich es nicht beschreiben. Natürlich gab es keinen echten Knall, wie wenn ein Vollpfosten seine Denkschüssel gegen das Stahlschott semmelt, aber für mich fühlte es sich wie ein fetter Bums an. Ich prallte ab.
Nicht, dass ich dieses Gefühl nicht kennen würde. Ich kannte es gut, denn Martins Elektrosmogschutznetz hatte denselben Effekt. Nur war das Netz eben kein Stahl. Hier jedenfalls musste ich erst mal meine Elektronen sortieren, um einen klaren Gedanken fassen zu können: Diese Tür war gegen elektromagnetische Wellen geschützt und sie war, wie ich schnell feststellte, absolut undurchlässig. Es gab kein Schlüsselloch, durch das ich hätte zischen können,sondern eine elektronische Türsicherung wie oben an der Fahrstuhltür. Und der Schlitz zwischen Tür und Rahmen, der mir eigentlich hätte reichen müssen, um reinzukommen, war mit einem elektromagnetischen Feld gesichert.
Was, zum Teufel, war hier los? Was war hinter der Tür? Wohnte Karpi da? Hatte ihn jemals jemand außerhalb seines Bunkers gesehen? Nicht, dass ich wüsste. Also war dies hier vielleicht seine Batman-Höhle. Und diese Höhle war so lückenlos abgeschirmt wie das geheime Kommandozentrum einer Atommacht. Hatte Karpi etwa Angst vor Elektrosmog? In einem ehemaligen Bunker mit einem Meter dicken Betonwänden? Der Kerl war nicht nur völlig durchgeknallt, er war offenbar auch noch paranoid. Aber bitte, wenn er seinen Schönheitsschlaf ohne die Bespitzelung durch außerirdische Mächte halten wollte, war ich der Letzte, der darüber lästern würde. Immerhin wusste ich selbst nur zu gut, dass die elektromagnetische Überwachung mehr Facetten hatte, als die meisten Irdischen sich je würden träumen lassen, denn eine dieser Facetten war ich.
DREIZEHN
1. Juli, Tag 4 nach Gregors Festnahme
Ich hatte in der Nacht nichts Neues über den Bunker in Erfahrung bringen können und stattdessen einfach mal im Nachtclub herumgehangen, bis der Laden Feierabend machte. Die restlichen Stunden der Nacht gondelte ich so herum, fuhr ein paar Rettungseinsätze mit den Jungs vom Nachtdienst und schaute bei den vier Bonsais vorbei, die mir im vergangenen November einige Zeit lang Gesellschaft geleistet hatten. Alle vier waren gesund und munter und ratzten um diese Zeit logischerweise wie die Weltmeister. So gehörte sich das ja auch. Als es endlich Zeit wurde, schaltete ich mich nach Hause, bekam gerade noch mit, wie Martin sich verabschiedete und Birgit ihm vom Fenster aus nachwinkte. Dann griff Birgit zu ihrem Handy, und ich düste in meinen Schrank.
Wsup , fragte Birgit an.
Okay, das kannte ich. What’s up, also auf gut Deutsch: Was geht?
Sie war unternehmungslustig. Gut!
Heute Haus Sonnenschein, simste ich .
Wer bist du?, schrieb Birgit zurück .
Gab diese Frau denn nie auf? Ich hätte mir die Haare gerauft, wenn ich noch welche gehabt hätte.
Gregors bester Freund, simste ich.
Katrin?, schrieb Birgit zurück .
Katrin ist übergelaufen.
??????????
Hilfst du Gregor oder nicht?
Ich musste ziemlich lang auf eine Antwort warten, aber dann kam sie: Ok. Was soll ich tun?
Ich hätte sie gern gleich als Erstes auf Vater Hauschild angesetzt, denn er war ein Bulle gewesen und lebte in dem
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