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Knecht – Die Schattenherren II

Knecht – Die Schattenherren II

Titel: Knecht – Die Schattenherren II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Corvus
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Schatten zu führen.«
    »Er würde es nicht wollen.«
    »Das schert mich nicht.«
    »Ich verbiete es. Er wäre unglücklich.«
    Schwindel ergriff Bren. Was war die größere Ungeheuerlichkeit? Dass Lisanne wagte, dem SCHATTENKÖNIG , dem Herrn der Welt, etwas zu verbieten? Oder dass dieser Paladin offensichtlich gering schätzte, wonach sich jeder in Ondrien sehnte? Wonach sich Bren sehnte? Worauf er kaum noch zu hoffen wagte? Nun, da die Kluft zwischen Lisanne und ELIEN so offen vor ihm klaffte, musste er, der Schildritter der Rebellin, sich wohl endgültig damit abfinden, zu sterben. Nicht jetzt, aber irgendwann. Die Schattenherzogin riss alle in ihrer Nähe in Ungnade. Dennoch war seine Verehrung in ihrer Gegenwartungebrochen. Besser verdammt mit ihr als erwählt mit einer anderen.
    War ihr Unglück nicht allein Helions Schuld? Diese Impertinenz, diese Frechheit, gegen die Schatten aufzubegehren, ihre größte Gabe auszuschlagen! Hatte er nicht sogar einst versucht, Lisanne selbst zu töten? War nur mit knapper Not daran gehindert worden? Und dieser Nichtswürdige zog sie nun in die Ungnade wie ein Steinblock am Fuß eines Verurteilten, den man in einen See stieß!
    »Was, wenn ich dieser Scharade ein Ende machte?«, fragte ELIEN .
    »Das liegt in EURER Macht und EUREM Ermessen. Ich habe mich mit allem in EURE Hand gegeben. Nur eines könnt IHR nicht erzwingen. Meine Ergebenheit. Ich habe mich einmal verweigert, ich könnte es wieder tun. Wollt IHR mich wirklich in Fesseln schlagen, um mich zur Burg der Alten zu bringen?«
    Lange sahen sie sich an. Erinnerungen aus Jahrtausenden wanderten über die Brücke dieses Blicks.
    ELIEN trat einen Schritt zurück. »Mich dauert, dass du den Trotz gegen mich in deiner Umgebung duldest. Selbst hier, in meinem eigenen Palast.«
    Mit einer Geschwindigkeit, die die Bewegung vor Brens Augen verwischte, fetzten Lisannes Krallen durch Rüstung und Bauch des Gardisten, der nicht vor dem SCHATTENKÖNIG gekniet hatte. Seine Gedärme klatschten gegen die Wand, hinterließen beim Herunterrutschen einen hässlichen Fleck, während ihr Besitzer zuckend zusammenbrach, offenbar noch nicht gänzlich verstehend, dass er tot war. Sein Blut färbte Lisannes ehemals weiße Hand dunkel und sprenkelte ihr Gesicht.
    ELIEN wandte sich ab. In der Tür blieb ER stehen, drehte sich halb um. »Du lässt dich von Gefühlen leiten wie eine Sterbliche. Erinnere dich, dass ich weiß, wo dein Herz schlägt, auch wenn du es vergessen hast.«

    Die Kathedrale von Orgait kauerte sich auf einen Hügel südlich des Palastbergs. Der Kultbau bedeckte den gesamten Südhang, kroch ihn wie eine schwarze, schleimige Schnecke hinauf, bildete gleich Fühlern mehrere Türme aus, von denen jedoch keiner die Höhe des Palasts erreichte, und fiel dann architektonisch mit immer kleiner werdenden Gebäudeflügeln ab. Wenn man sich aus dem Westen näherte, war es leicht, sich in dem schwarzen Schattenriss unter dem bewölkten Himmel einen Verehrer vorzustellen, der sich vor dem Palast des Meisters der tiefsten Schatten zu Boden warf.
    Es tat Bren gut, der vor Gerüchten schwirrenden Residenz für einige Stunden zu entkommen. ELIEN hatte Lisanne getötet. Nicht in zornigem Rausch, sondern ganz kalt, hatte sie zerstückelt, jedes ihrer perfekten Körperteile in magischen Nebel eingeschlossen, damit es nicht zerfiele, und die Sammlung als Gaben für besonders Verdiente zurückgelegt. Während der Zeremonie SEINER Bettung wollte ER diese Zeichen der Anerkennung verteilen.
    Nein, im Gegenteil, ER hatte Lisanne erwählt. Sie war auf SEINEN Befehl gegangen, damals, um ungestört von allen Überlegungen, die Ondrien beunruhigten, einen besonderen Auftrag auszuführen. Sie hatte wahlweise die Unterwerfung verschiedener Götterkulte oder gleich der gesamten freien Welt ausgehandelt.
    Oder sie war ganz woanders gewesen. Hatten ihre Begleiter nicht berichtet, sie hätten Lisanne im Seelennebel gefunden? Sie war in das Nebelland gereist, das auf mystische Weise auch mit der Burg der Alten verbunden sei. Dort hatte sie die SCHATTENKÖNIGE in IHREM langen Traum gefunden, IHNEN einen undenkbaren Dienst erwiesen. Nun trug Lisanne Splitter IHRER Wesenskerne in sich. ELIEN VITAN würde sich zur Ruhe betten, aber kein anderer SCHATTENKÖNIG erhöbe sich an SEINER statt. Lisanne würde von nun an IHREN Willen verkünden.
    Letzteres Gerücht ging zu weit. Man hatte den Osadro gerügt, der es verbreitet hatte, und seinem gesamten menschlichen

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