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Knigge fuer Individualisten

Knigge fuer Individualisten

Titel: Knigge fuer Individualisten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Bonneau
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Ihnen zwar am Herzen, doch wenn Sie Ihre
     Wertschätzung zeigen wollen, sind Ihnen steife Rituale bei weitem zu
     formell und unpersönlich. Sie finden, dass so etwas schnell in
     »Förmelei« ausartet. Soll etwa ein Mann einer Frau aus dem
     Mantel helfen, die einen Kopf größer und 40 Jahre jünger ist als er? Auch
     über die Frage, wie eine promovierte Gräfin anzusprechen ist, lachen Sie
     nur. Da geht es nicht um Manieren, das ist nur manieriert. Sie halten das
     für die Pflege einer Fassade als leerer Hülle. Ihre Großmutter hätte dazu
     gesagt: »Außen hui, innen pfui.« Sie putzen sich nicht einmal für ein Fest
     heraus. Smoking? Abendkleid? Nein, danke. Sie verkleiden sich
     nicht.
    »Etikette« kommt von »Etikett«, und schon das macht Ihnen
     die Sache suspekt. Vielleicht wussten Sie bereits, dass am französischen
     Königshof der Rang der Besucher auf Notizzetteln (»Etiketten«) festgehalten
     wurde –, damit sichtbar war, wer sich vor wem zu verbeugen hatte und wer
     dies von wem erwarten durfte. Unterwerfungsgesten? Ja, wo leben wir denn!
     Kleidung, Frisur, Schmuck, Körpersprache, Hochsprache: Sie lehnen es ab,
     dass diese Attribute auch heute noch als Marker einer sozialen Zugehörigkeit
     – als Etikettierung – dienen. Sie verabscheuen es, dass aufgrund dieser
     »Labels« Menschen der Zugang zu einer Gruppe verwehrt oder dass das
     berufliche Fortkommen wegen solcher »Äußerlichkeiten« behindert
     wird.
    Das ist das Gegenteil dessen, was Sie als natürlich und
     anständig empfinden. Anstand ist für Sie eine moralische Verpflichtung, die
     auf wahren Werten basiert: Echtheit, Natürlichkeit, Humanität,
     Einfühlungsvermögen, tätige Hilfe. Zu Ihren
     Erfolgsgeheimnissen zählt die Fähigkeit, den Standpunkt der anderen zu
     verstehen und die Dinge mit deren Augen zu sehen. Achtsam durch
     die Welt gehen, Menschen die Hand reichen, das ist Ihr Streben. Und so
     wollen Sie gesehen, geschätzt und verstanden werden. Sie wollen an Ihrer
     authentischen Natur und Ihren guten Taten gemessen werden. Schamgefühle
     entwickeln Sie nicht, wenn Sie mit Rolli, Cordhose und Sportschuhen zwischen
     gestylten Schlipsträgern sitzen, sondern wenn Sie einen Menschen verletzt
     haben.
    Wenn Sie zu sehr auf Ethik und Moral pochen, kann das in
     gemütlichlockerer Runde oder im Business befremdlich wirken. Überfordern Sie
     Ihre Mitmenschen nicht mit Ihrer Ehrlichkeit und Natürlichkeit. Nicht jeder
     ist so moralisch und empathisch wie Sie, nicht jeder möchte sich an Ihren
     Busen drücken lassen.
T wie TRADITIONELL nach alter
     Schule
    Sie haben nichts gegen Regeln – wenn deren Gültigkeit
     erprobt ist. Für neuere Konventionen der Etikette gilt das Ihrer Meinung
     nach noch lange nicht. Die Gleichberechtigung der Geschlechter betrachten
     Sie unter juristischen Gesichtspunkten als selbstverständlich. Doch warum sollte sich das Allgemeine
     Gleichbehandlungsgesetz (AGG) in den kleinen Ritualen des Umgangs
     niederschlagen, die seit Jahrhunderten als Erfolgsmodell gelten? Das Zusammenspiel von Dame und Herr in der Tradition der
     Ritterlichkeit soll ein alter Zopf sein? Mit Verlaub! Der Sockel ist für
     eine Dame doch ein hervorragender Platz.
    Als Herr halten Sie die ritterlichen Tugenden hoch: Niemand
     wird Sie daran hindern, einer Dame Ihre Aufwartung zu machen. Und als Dame
     haben Sie klare Ansprüche an einen Herrn. Möge er Ihnen bitteschön die
     Reverenz erweisen und Ihre Erwartungen erfüllen: vorausschauend führen,
     nicht nur beim Tanz, und immer den gebührenden Abstand halten. Sie haben
     Vorbilder in der Geschichte, die die Bezeichnungen Lady und Gentleman verdienen.
    Sie achten das Alter, Sie
     respektieren Hierarchien. Haltung zu bewahren ist das A und O. Sie
     lieben es, sich korrekt und vernünftig zu verhalten; Gefühlsausbrüche
     – eigene wie die anderer Leute – sind Ihnen ein Gräuel. Unflätige Ausdrücke, eine saloppe Sprechweise, unbedachte Gesten,
     Verstöße gegen die Kleiderordnung, Regelbrüche jeder Art sind in Ihren Augen
     nicht Zeichen einer persönlichen Note, sondern schlechten Benehmens. Ein
     Graus.
    Risiken vermeiden und beseitigen, das ist Ihnen wichtig;
     daher schätzen Sie Sitten und Gebräuche als ein festes und damit sicheres
     Gewebe. Das ist der Stoff, der die – gehobene – Gesellschaft zusammenhält.
     Sie wissen im Gegensatz zu den Vertretern des Etikette- Mainstreams die Vorzüge von
     Ritualen zu schätzen. Sie entsprechen

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